Der Mann, der kein Mörder war
fanden keine Pornographie, keine verbotenen Stoffe, keine versteckten Liebesbriefe, keine suspekten Links im Computer, nichts, das eine sexuelle Beziehung zu Frank Clevén oder anderen Männern bestätigte, und die SMS an Roger Eriksson waren nicht von seinem Handy aus verschickt worden. Nicht einmal eine Mahnung hatten sie gefunden. Ragnar Groth war unmenschlich perfekt.
Billy teilte Ursulas Frustration und hatte den Computer abgebaut, um ihn mit ins Büro zu nehmen und zum dritten Mal zu durchsuchen, mit besseren Programmen.
Doch es fehlte nicht nur an Verbotenem, es gab einfach überhaupt keine persönlichen Dinge bei Groths Sachen. Keine Hinweise auf irgendwelche Verbindungen, weder intime noch andere. Keine Bilder von ihm oder jemandem, den er mochte, keine Eltern, keine Verwandten, keine Freunde, keine Briefe, keine beiseitegelegten Weihnachts-, Dankes-, oder Einladungskarten. Das Persönlichste, was sie finden konnten, waren seine Zeugnisse: natürlich perfekt. Billy und Ursula waren immer mehr davon überzeugt, dass sich das Innenleben des Rektors – falls er eines hatte – an einem anderen Ort befinden musste.
Sie beschlossen, dass Billy das Auto nehmen sollte, um Torkel Bericht zu erstatten. Ursula blieb, um sich vor allem das Obergeschoss noch einmal vorzunehmen. Sie wollte sich unbedingt vergewissern, dass sie nichts übersehen hatte, nur weil Mikael aufgetaucht war. Sie fand nichts, absolut nichts.
Sie nahm ein Taxi zum Hotel und ging direkt aufs Zimmer.
Mikael saß vor dem Fernseher und guckte Eurosport. Bereits in dem Moment, als sie das spartanische Zimmer betrat, merkte Ursula, dass etwas nicht stimmte. Mikael stand etwas zu schnell auf und lächelte sie etwas zu fröhlich an. Wortlos ging Ursula zur Minibar und öffnete sie. Leer, bis auf zwei Flaschen Mineralwasser und ein Saftpäckchen. Im Papierkorb erkannte sie die verbotenen, kleinen Plastikflaschen. Er hatte nicht einmal versucht, sie zu verstecken. Es war zu wenig, um ihn betrunken zu machen. Doch für ihn war sogar zu wenig zu viel. Viel zu viel.
Ursula sah ihn an und wollte wütend werden. Aber was hatte sie sich auch dabei gedacht? Es gab einen Grund dafür, dass sich der Plus- und der Minuspol an entgegengesetzten Enden der Batterie befanden.
Sie durften sich nicht zu nahe kommen …
Haraldsson war betrunken, und das geschah nicht oft. Normalerweise war er im Umgang mit Alkohol sehr zurückhaltend, aber zu Jennys Verwunderung hatte er beim Abendessen eine Flasche Wein geöffnet und sie eigenmächtig im Laufe von zwei Stunden geleert. Jenny hatte sich erkundigt, was passiert sei, aber Haraldsson hatte nur vage irgendetwas über die Arbeit gemurmelt. Was hätte er auch sagen sollen? Jenny wusste nichts von den Lügen, die er an seinem Arbeitsplatz verbreitet hatte. Und auch nichts von seiner eigenmächtigen Überwachung von Axel Johansson und deren Folgen. Sie wusste nichts und sollte es auch nie erfahren.
Sie würde glauben, dass er ein Idiot sei, und das stimmte ja auch. In diesem Moment ein betrunkener Idiot. Er saß auf dem Sofa und zappte zwischen den TV -Kanälen hin und her. Ohne Ton, um Jenny nicht zu wecken. Natürlich hatten sie Sex gehabt. Er war mit den Gedanken woanders gewesen. Und natürlich hatte das keine Rolle gespielt. Jetzt schlief sie.
Er brauchte einen Plan. Hanser hatte ihm heute einen schweren Schlag versetzt, aber er würde sich wieder aufrappeln. Er würde ihnen zeigen, dass man Thomas Haraldsson nicht einfach so außer Gefecht setzen konnte. Wenn er morgen zur Arbeit käme, würde er sich revanchieren und es ihnen allen zeigen. Es Hanser zeigen. Das Einzige, was ihm noch fehlte, war ein Plan.
Dass er derjenige sein würde, der Roger Erikssons Mörder festnahm, schien immer unwahrscheinlicher. Momentan war die Chance größer, eine Million mit einem Rubbellos zu gewinnen. Ohne ein Los gekauft zu haben. Er würde nie wieder in die Nähe der Ermittlungen kommen, dafür hatte Hanser gesorgt. Aber Axel Johansson war noch immer eine Möglichkeit. Die Reichsmordkommission hatte nach Haraldssons Informationen inzwischen einen anderen Verdächtigen in Gewahrsam genommen. Den Rektor des Jungen. Soweit Haraldsson wusste, war Axel Johansson keinesfalls abgeschrieben, aber er hatte nicht mehr die höchste Priorität.
Haraldsson ärgerte sich, dass er das zugängliche Material über Johansson nicht mit nach Hause genommen hatte. Er verfluchte auch, dass er nicht nüchtern war, denn sonst hätte er jetzt
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