Der Mann, der kein Mörder war
abgegriffenes Buch mit festem roten Einband auf den Tisch.
«Ich habe auch ein Fahrtenbuch gefunden. Interessanterweise ist eine Fahrt an dem Donnerstag vor Rogers Verschwinden verzeichnet, die nächste jedoch erst wieder am darauffolgenden Montag. Aber dazwischen fehlen siebzehn Kilometer.»
«Also hat jemand das Auto irgendwann zwischen Freitag und Montagvormittag benutzt und ist siebzehn Kilometer damit gefahren?», fragte Torkel und machte gleichzeitig fieberhaft Notizen auf dem Whiteboard.
«Laut Fahrtenbuch ja. Dabei wäre es doch kein Problem, die genaue Fahrdistanz nachzutragen. Trotzdem sind die siebzehn Kilometer nicht verzeichnet.»
Sebastian warf einen Blick auf die Karte, die neben Torkel an der Wand hing.
«Aber von der Schule zum Motel, dann zum Fußballplatz nach Listakärr und wieder zurück zur Schule müssen es doch mehr als siebzehn Kilometer sein?»
Billy nickte.
«Ja, das stimmt natürlich, aber wie gesagt, es ist ein Fahrtenbuch, das man leicht manipulieren kann. Auf jeden Fall ist der Wagen benutzt worden.» Billy setzte sich wieder.
«Gut», schaltete sich Torkel wieder ein. «Ursula sieht sich das Auto nachher noch einmal an. Aber eine Sache dürfen wir unter keinen Umständen vergessen: den Tod von Peter Westin, dem Schulpsychologen.»
Torkel schrieb den Namen an die Tafel.
«Wir wissen, dass Roger im Laufe dieses Jahres mehrmals bei ihm war. Wenn überhaupt jemand von einer eventuellen Beziehung mit Groth erfahren hat, dann doch wahrscheinlich Westin. Vielleicht hat er Groth sogar mit seinem Wissen konfrontiert. Das würde auch erklären, warum sein Kalender mit den Aufzeichnungen verschwunden ist. Oder worüber spricht man sonst mit Psychologen?»
«Das wird Sebastian dir sagen können», antwortete Vanja scherzhaft. Alle außer Sebastian lachten. Stattdessen fixierte er sie eine Weile.
«Ja, allerdings hast du ja mein Buch gelesen, also müsstest du es auch wissen.»
Torkel betrachtete die beiden kopfschüttelnd.
«Könnten wir bitte beim Thema bleiben? Gut, wir dürfen also annehmen, dass Roger seinem Psychologen von einer heimlichen sexuellen Beziehung mit dem Rektor erzählt hat, falls es eine solche gab.»
«Nein, nicht unbedingt», sagte Sebastian. «Es tut mir leid, aber Roger wollte dazugehören, mit den anderen mithalten. Und dafür brauchte er Geld. Möglicherweise hat er Groth seine sexuellen Dienste verkauft. Aber das hätte er Westin nie erzählt. Das wäre ja einer Schlachtung des Goldesels gleichgekommen.»
«Vielleicht wurde er unter Druck gesetzt?», fragte Ursula.
«Das glaube ich nicht. Er ist bei Lisa aufgebrochen, um sich mit jemandem zu treffen.»
«Wie man es auch dreht und wendet, jedenfalls fällt es mir schwer zu glauben, dass Westin nicht aus dem Grund starb, dass er etwas über Roger wusste», fuhr Ursula fort. «Es gibt einfach keinen anderen Grund, insbesondere, weil sein Kalender das Einzige ist, was fehlt.»
Es klopfte an der Tür, und Hanser kam herein. Sie trug ein elegantes Kostüm in Dunkellila, das nagelneu aussah. Torkel wurde den Gedanken nicht los, dass sie dieses Outfit eigens für den Tag gekauft hatte, an dem der Fall gelöst wurde. Um ein gutes Bild auf der nächsten Pressekonferenz abzugeben, bei der sie garantiert noch schwieriger zu bremsen sein würde.
«Ich wollte nicht stören», sagte sie, «ich habe nur überlegt, ob ich mich dazusetzen und zuhören darf?»
Torkel nickte und zeigte auf den freien Stuhl am Kopfende des Tischs. Hanser setzte sich vorsichtig, um ihr Kostüm nicht zu zerknittern.
«Wir sprechen gerade mögliche Szenarien durch», fuhr Torkel fort und deutete auf sein nicht zu entzifferndes Gekritzel an der Tafel.
«Wir wissen jetzt, dass Ragnar Groth heimlich Geld an Lena Eriksson zahlte. Vermutlich Erpressung. Vermutlich weil Roger – freiwillig oder gezwungenermaßen – Groths Liebhaber war.»
Hanser kniff die Augen zusammen und beugte sich interessiert vor.
«Der Dienstwagen der Schule hat die passenden Reifen, und wir haben Fingerabdrücke sowohl von Roger als auch dem Rektor darin gefunden. Außerdem wissen wir, dass das Fahrzeug an jenem Abend auf dem Weg zum Motel war. Bisher haben wir keine Blutspuren finden können und müssen den Volvo daher noch einmal genauer untersuchen. Wir glauben jedoch immer noch nicht, dass der Mord geplant war, sondern dass Groth und Roger gemeinsam zum Fußballplatz fuhren. Dort ging etwas schief. Groth erschoss Roger, anschließend begriff er, dass er die
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