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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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Bonzenschule.»
    «Auf welche Weise haben sie Ihnen Roger weggenommen?»
    Lena antwortete nicht sofort. Sie schloss die Augen und atmete die sauerstoffreiche Luft ein. Sebastian und Vanja spürten, wie ein willkommener Windstoß mit frischer, kühler Luft durch die Balkontür hereinwehte. In der Stille hörten sie, wie Ursula im Zimmer des Jungen umherging. Sie hatte darauf bestanden, mitzukommen. Teils, weil sie nicht mit dem nörgelnden Torkel allein sein wollte, auf den sie zudem noch immer wütend war, und teils, weil das Zimmer des Jungen bisher nur von der Västeråser Polizei durchsucht worden war. Und Ursulas Vertrauen in die hiesigen Kollegen war minimal. Immerhin hatten die sich zwei Tage lang nicht um das Verschwinden des Jungen gekümmert. Wenn sie sichergehen wollte, dass die Sache ordentlich erledigt wurde, musste sie es selber tun. Und das tat sie jetzt auch.
    Lena hörte, wie der Kleiderschrank geöffnet wurde, Schubladen herausgezogen und Bilder und Poster von den Wänden genommen wurden, während sie mit leeren Augen auf den Baum neben dem Parkplatz starrte. Das einzig Grüne, was man vom Fenster aus sah. Davon abgesehen wurde das Blickfeld von der grauen Fassade des nächsten Hauses ausgefüllt.
    Auf welche Weise hatten sie ihr Roger weggenommen? Wie sollte sie das überhaupt erklären?
    «Plötzlich war es wichtig, in den Weihnachtsferien auf die Malediven zu fahren, über Ostern in die Alpen und im Sommer an die Riviera. Er wollte keine Zeit mehr zu Hause verbringen. Die Wohnung war ihm nicht mehr gut genug. Nichts, was ich tat oder besaß, war gut genug. Ich hatte keine Chance.»
    «Aber Roger ging es anscheinend besser auf der Palmlövska?»
    Ja, natürlich. Er wurde nicht mehr gemobbt. Nicht mehr verprügelt. Doch in ihren dunkelsten Momenten hatte Lena gedacht, dass diese Zeit trotzdem besser war. Damals war er bei ihr gewesen. Wenn er nicht beim Sport war oder bei Johan, war er zu Hause gewesen. Damals hatte er sie genauso gebraucht wie sie ihn. Jetzt lautete die bittere Wahrheit, dass niemand sie brauchte. Im letzten Jahr war sie nicht nur allein gewesen, sondern auch einsam. Und das war schlimmer.
    Plötzlich wurde sich Lena der Stille im Raum bewusst. Die anderen erwarteten eine Antwort.
    «Ich vermute es.» Lena nickte vor sich hin. «Ich vermute, dass es ihm besserging.»
    «Arbeiten Sie?», fragte Vanja, die begriffen hatte, dass sie keine zufriedenstellenderen Antworten über Rogers neue Schule erhalten würde.
    «Ja, stundenweise. Im Lidl. Warum?»
    «Ich überlege, ob er Ihnen vielleicht Geld gestohlen haben könnte. Ohne, dass Sie es gemerkt haben.»
    «Das hätte er vielleicht getan, wenn etwas zum Stehlen da gewesen wäre.»
    «Hat er jemals darüber gesprochen? Dass es wichtig für ihn war, Geld zu haben? Wirkte er verzweifelt? Könnte er sich irgendwo Geld geliehen haben?»
    Lena zog die Balkontür zu, ohne sie ganz zu schließen. Sie ging zum Sessel zurück. Widerstand dem Impuls, eine weitere Zigarette anzustecken. Sie fühlte sich mit einem Mal so müde. In ihrem Kopf drehte sich alles. Konnten sie sie nicht einfach in Ruhe lassen?
    «Ich weiß es nicht. Warum ist es so wichtig, wo er das Geld herhatte?»
    «Wenn er es sich geliehen oder der falschen Person gestohlen hat, könnte das ein Motiv sein.»
    Lena zuckte mit den Schultern. Sie wusste nicht, wo Roger sein Geld herhatte. Sollte sie es wissen?
    «Hat er jemals von einem Axel Johansson gesprochen?» Vanja versuchte es mit einer neuen Spur. Man konnte nicht behaupten, dass die Mutter sonderlich kooperativ war. Jede Antwort mussten sie ihr mühsam aus der Nase ziehen.
    «Nein, wer ist das?»
    «Der Hausmeister der Palmlövska. Der ehemalige.»
    Lena schüttelte den Kopf.
    «Als die anderen Polizisten hier waren, haben Sie gesagt …», Vanja blätterte einige Seiten in ihrem Notizblock zurück und las vor, «… dass Roger sich nicht bedroht fühlte und mit niemandem Streit hatte. Würden Sie dem immer noch zustimmen?»
    Lena nickte.
    «Meinen Sie denn, Sie hätten überhaupt davon erfahren, wenn er bedroht worden wäre oder Ärger gehabt hätte?»
    Die Frage kam von dem Mann. Bisher hatte er nichts gesagt. Hatte sich nur vorgestellt, als sie hereingekommen waren, und seither geschwiegen, oder nein, nicht einmal das. Die Frau hatte sie beide vorgestellt, als sie ihren Dienstausweis vorgezeigt hatte. Der Mann hatte nichts gezeigt. Sebastian hieß er, soweit Lena sich erinnern konnte. Sebastian und Anja. Lena blickte in

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