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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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Geschichte viel eher zu meinem Problem gemacht hätte, was auch meine Aufgabe als Pastor immer gewesen wäre, statt mir zu denken, diese Leute sind schließlich verschuldet in Not geraten, ich helfe lieber nur denen, die ohne eigene Schuld in Not sind, den gebrechlichen alten Menschen und Waisenkindern, ist auch viel ehrenvoller und auch einfacher für den Helfer. Freilich hast du recht, lieber Pirmin, dein Problem ist das alles wirklich nicht.“
    Petrowna schnaubte verächtlich. Er schwieg, und wir ließen ihm Zeit zum Nachdenken.
    „Also gut“, sagte er schließlich. „Wir machen es so, wie er vorgeschlagen hat. Allerdings fährt er hinten auf einer Ladefläche mit, nicht in der Koje. Und über die Grenzen muss er sich selbst bringen, wir nehmen ihn dann danach wieder auf. Wenn er erwischt wird, sage ich, dass er sich eingeschlichen hat, was ja nicht einmal gelogen wäre. Und wenn er stirbt unterwegs, dann lade ich ihn im Straßengraben ab und fahre weiter.“
    „Du machst das Richtige“, sagte Pastor Näb, lächelte seinen Ko llegen an und bot ihm die Hand. Petrowna schlug ein.
    „Denke bitte nicht, ich sei herzlos. Du weißt, was auf dem Spiel steht. So viele Kinder und alte Menschen, denen wir vie lleicht nicht mehr helfen können, weil wir einmal dem falschen geholfen haben.“
    Er drehte sich zu mir um.
    „Fahren Sie jetzt gleich los. Auf den nächsten 50 Kilometern kommen zwei Dörfer. Im ersten Dorf vereinigen wir uns mit dem Rest des Konvois, der gerade woanders Station macht. Wir sind dann für die Rückfahrt über 20 Fahrzeuge und damit insgesamt ein besseres Versteck. Hinter dem zweiten Dorf, etwa zehn Kilometer danach, ist eine alte Scheune neben der Straße. In der können Sie sich und das Elselchen verstecken und einigermaßen geschützt auf uns warten.“
    „Danke“, war alles, was ich sagen konnte. Wir stiegen aus, und Pastor Näb begleitete mich auf Schleichwegen zu seinem A uto. Er gab mir den Schlüssel, erklärte mir die Eigenwilligkeiten seines kleinen Schrotthaufens und verabschiedete mich mit einer Umarmung. Was mich unbewusst an ihm abgestoßen hatte, sein Geheimnis, durch das er sich mir gegenüber zur Hilfe verpflichtet sah und das ich gespürt hatte, ohne es doch zu erraten, wo es doch so nahe lag, dieses Geheimnis war nun ausgesprochen.
    Und obwohl ich ihm seine Ehrlichkeit anrechnete und die Schuld, die er selbst sich gab, nicht sah, blieb doch bei a ller Herzlichkeit eine Distanz. Zuweilen begegnet man Menschen, die kann man weder vorbehaltlos annehmen noch ablehnen. Man möchte ihnen aus dem Weg gehen, aber kann nicht. Sie sind wichtig, obwohl man das gar nicht will. Und so schied ich doppelt erleichtert und auch etwas wehmütig von dem Mann, der meinte, dass ich ohne ihn nie hier gelandet wäre, und von dem ich wusste, dass ich ohne ihn nie hier weggekommen wäre. Er rangierte mir das „Elselchen“ auf einen Feldweg, der parallel zur Hauptstraße verlief und sich einen Kilometer hinter der Kirche mit ihr vereinigen würde.
    „Grüßen Sie die Lina sehr herzlich. Ich habe ihr Unrecht g etan in Gedanken, und das tut mir leid.“
    „Ich sage besonders herzliche Grüße.“
    Ich nickte ihm noch einmal zu, legte mit der linken Hand den Gang ein, gab die Kupplung frei und ruckelte die ersten Meter der Heimat entgegen.

Kapitel 12
     
    Ich mochte zehn Kilometer gefahren sein, das erste der beiden Dörfer lag vor mir, da fiel mir auf, dass der Zeiger der Be nzinuhr am roten Reserve-Strich stand. Etwa 60 Kilometer waren es laut Petrowna bis zu der Scheune, an der ich umsteigen würde. Gut möglich, dass ich diese Strecke noch schaffen würde, aber käme der Pastor danach auch wieder zurück in sein Dorf? Ich war kurz davor umzukehren, da fiel mir ein, dass wir Sprit von einem der Laster zapfen und in den Tank füllen könnten. Also blieb ich auf Kurs.
    Das Dorf unterschied sich kaum von Kronsweide, außer dass d avor eine Straße von rechts her einmündete. Die vereinigte Route verlief als lange, gerade Dorfstraße entlang einfacher, aber sauberer Häuser mit Gartenzäunen. Es gab sogar einen kleinen Park mit einem Teich, aber keine Kirche. Zwei alte Frauen mit Kopftüchern standen schwatzend vor dem Teich, eine dritte gesellte sich gerade dazu. Sie unterbrachen ihren Plausch, als sie mich heran fahren sahen, und starrten mir lange nach. Sachte Panik meldete sich zurück. Was, wenn diese Frauen Pastor Näb und sein Elselchen kannten und mich für einen Autodieb hielten?
    Mach

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