Der Mann, der nicht geboren wurde
Zielscheibe gewesen für Fallen und Hinterlist , geiÃelte sich Bestar. Aber mit
meiner Flucht kann ich vielleicht noch so viel Schmutz hinter mir herziehen,
dass Rodraeg und die anderen noch eine Chance bekommen.
Aber was für eine Chance, angesichts
eines Gegners, der in der Lage war, über Leben und Tod zu bestimmen, ohne
jemals ins Licht zu treten?
Bestar glaubte an Rodraeg Delbane,
stärker, als er jemals an die Götter Senchak und Kjeer geglaubt hatte. Vor
denen hatte man sich höchstens fürchten müssen. Rodraeg dagegen hatte man
wahrhaftig berühren können.
Ringsherum verlor sich düster
der Fluss.
13
Die Zerbrochenen
Die ganze Nacht über konnten
Cajin und Naenn kein Auge mehr zutun.
Cajin hatte die Jagd auf Bestar noch
mitbekommen, bis es zu einem Gefecht mit mehreren berittenen Gardisten gekommen
war und Bestar glücklicherweise die Flucht hatte ergreifen können. Danach war
nichts Zusammenhängendes mehr erinnerbar.
Eine Gruppe aufgebrachter Bürger hatte Cajin ergriffen und als »eins
von diesen Mammutschweinen« beschimpft. Andere waren dazwischengegangen und
hatten mit verzerrten Gesichtern geschrien: »Der Junge hat doch keiner
Menschenseele was getan.« Irgendwie war Cajin dem Hexenkessel entkommen und in
die verhältnismäÃige Sicherheit des Mammut hauses
zurückgetaucht.
Dort hatte es dann aber auch Krawall gegeben. Steinwürfe. Ein neuerlich
zerschmissenes Fenster. Eine weitere â war es schon die dritte? â
Hausdurchsuchung der Gardisten. »Einer von uns ist tot, und einer von euch ist
es gewesen!«, schäumte eine uniformierte Frau im einfachsten Rang. Hauptfrau
Durbas tauchte auch irgendwann auf und erzählte ihnen, dass der
Schmetterlingsmann Estéron ebenfalls erstochen worden war. »Dieser
Klippenwälder muss ja vollkommen wahnsinnig sein, vollkommen wahnsinnig! Uns so
unverfroren herauszufordern!« Bestar war wohl fürs Erste entkommen, aber die
Hauptfrau wollte höchstpersönlich dafür sorgen, dass »der ganze Kontinent mit
seinen Steckbriefen gepflastert werde«. Dann wollte sie Cajin, Naenn und sogar
das Neugeborene mitnehmen und in den tiefsten Kerker schmeiÃen lassen, damit
sie dort »verrotten«, doch plötzlich stand Gardekommandant Gauden Endreasis
höchstpersönlich im Hausflur und glättete einige Wogen. »Im Licht neuester
Ereignisse«, sagte er, »muss das alles noch viel genauer und eindringlicher
untersucht werden.« Er nannte den fremden Namen Scela und überlegte laut:
»Warum hätte Bestar Meckin den Schmetterlingsmann töten sollen? Noch dazu auf
offener StraÃe. Da passt mir einiges noch nicht zusammen.« SchlieÃlich wurde
Cajin, Naenn und dem schreienden Kind noch eine Frist im Mammut haus
gewährt. »Wir haben Delbane«, sagte Endreasis drohend zum Abschied. »Vergesst
das nicht.«
Naenn gelang es nicht, das Kind ruhig zu bekommen. Nemialé schrie
und zappelte, als würde sie am dritten Tage ihres Lebens bereits zahnen. Naenn
war allerdings eigentümlich gefasst, ganz im Gegensatz zu Cajin, der schier die
Wände hochging vor Furcht und Zerrissenheit.
Es kam aber noch viel schlimmer.
Schon vor der Morgendämmerung entstand Tumult unter den beiden
Gardisten, die das Haus des Mammuts von vorne und
hinten bewachten. Mit übernächtigtem Gesicht öffnete Cajin das Küchenfenster
und bekam Fetzen eines erregten Gespräches mit. Ein dritter Gardist war als
Bote zu den beiden Wachtposten gestoÃen, die sich drüben vor der Fassade von
Heydens versammelt hatten.
»â¦Â Das ist ja fürchterlich! â¦
â¦Â Was wird denn jetzt aus uns? â¦
â¦Â Wir haben ihn doch heute Nacht noch gesehen! â¦
â¦Â Er war hier, hier im Haus des Mammuts  â¦
â¦Â Wo ist das denn passiert? â¦
â¦Â Zu Hause? â¦
â¦Â Im Bett? â¦
â¦Â Seine eigene Frau? â¦
â¦Â Das kann doch gar nicht sein! â¦
⦠ So etwas gibt es doch gar nicht! ⦠«
Das Gespräch dauerte noch ein bisschen an, verlagerte sich aber
weiter weg, weil die Gardisten unruhig auf und ab gingen. Vielleicht hatten sie
ihn auch bemerkt. Am Ende hörte er noch: »Wir hatten den doch schon, derâs
versucht hat, wir hatten ihn doch schon, verflucht noch mal, und alles schien
sicher zu sein. Aber der sitzt immer noch in seiner Zelle
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