Der Mann, der nicht geboren wurde
und grinst sich eins,
und die eigene Frau, ihr Götter, seine herzensliebe kleine Frau â¦Â«
Mehr war nicht zu hören. Die Gardisten trennten sich in drei
Richtungen. Einer von ihnen weinte.
Auch Cajin spürte, dass ihm Tränen die Wangen hinunterliefen. Er
konnte gar nicht genau sagen, weshalb.
»Was ist los?«, fragte Naenn.
»Ich glaube, Endreasis ist tot.«
Zwei Stunden später brachte ein
königlicher Eilkurier das kleine Paket.
Das kleine Paket, eine in schmutzigem
Pergament eingeschlagene, fein vernagelte Holzkiste von der GröÃe eines
einzelnen Schuhs, die an Rodraeg und an das Haus des
Mammuts, Warchaim, adressiert war,
enthielt eine abgehackte menschliche Hand und einen krakeligen Brief in genau
derselben Handschrift wie der ursprüngliche DMDNGW- Drohbrief:
Der Magier duldet. Nun gewinnen wir .
Die bleiche Hand lag wie Halt suchend auf den
Bretterdielen. Daneben übergab sich Cajin lautstark auf den FuÃboden, den er
mondelang stets sauber gehalten hatte.
Naenn stand daneben, im Arm ihr
schreiendes Kind. Ihr Gesicht war nicht vollkommen ausdruckslos, sondern hart
um Augen und Mund.
»Er ist tot.«
»Wer?«, würgte Cajin hervor. Nie würde er es über sich bringen
können, diese furchtbare Hand aufzuheben. Naenn jedoch bückte sich und nahm sie
ganz einfach an sich, zärtlich geradezu.
»Eljazokad.«
»Woher ⦠woher willst du das ⦠wissen? Er kann ⦠doch ⦠noch am
Leben sein ⦠auch mit nur einer Hand â¦Â«
»Er lebte noch, als sie ihm die Hand abnahmen. Aber nun ist er tot.
Das ist die Hand eines toten Menschen, Cajin. Sie wollten nicht, dass er
stirbt. Er hat das für uns getan. Um uns den Rücken freizuhalten.«
Cajins klagend aufgerissener Mund zog Fäden aus Erbrochenem und
Tränen. »Was ist hier nur los?«, flennte er. »Was haben wir denn verbrochen,
dass wir so schrecklich, schrecklich, schrecklich bestraft werden?«
»Wir haben in den Ablauf der Dinge eingegriffen. Und der Ablauf der
Dinge sieht solches nicht gern, selbst wenn es der langsame Untergang eines
Kontinents ist, der da durch uns gestört wurde.«
Naenn drückte dem verdutzten
Cajin ihre Tochter in die Hand und versuchte, einen Besuch bei Rodraeg zu
erhalten, aber sie ahnte die ganze Zeit über, dass daraus nichts mehr werden
würde. Im Stadtgardegebäude erfuhr sie es endlich offiziell: Kommandant Gauden
Endreasis war letzte Nacht erstochen worden, augenscheinlich von seiner eigenen
Frau, die sich daraufhin schluchzend aus dem Fenster gestürzt hatte und nun mit
zerschmettertem Rückgrat und sinnloses Zeug brabbelnd im Helelehaus lag.
Naenn gab es auf, den Uniformierten
noch länger auf die ohnehin schon überstrapazierten Nerven zu gehen. Sie fasste
den Entschluss, Warchaim zu verlassen, ohne sich mit Rodraeg oder Cajin vorher
abzusprechen.
Zu diesem Zweck suchte sie Tjarka Winnfess im Würfelbecher auf.
»Hör zu, Tjarka. Du bist jetzt die einzige Person in Warchaim, der
wir noch trauen können. Bestar ist geflohen. Estéron ist tot. Eljazokad ist ebenfalls
tot, man hat uns heute Morgen seine abgehackte Hand geschickt. Man versucht,
Bestar Estérons Tod und wahrscheinlich auch noch andere Schandtaten in die
Schuhe zu schieben, er hatte gar keine andere Wahl, als zu fliehen. Cajin und
ich sind letzte Nacht nur knapp einer Verhaftung entgangen, aber unser einziger
Fürsprecher, Gauden Endreasis, wurde ebenfalls ermordet. An Rodraeg komme ich,
ohne mich ebenfalls einsperren zu lassen, nicht mehr heran, und das kann ich
nicht tun, man würde mir das Kind wegnehmen. Es hat keinen Sinn, darum
herumzureden: Das Mammut in Warchaim ist erledigt.«
Tjarka war ehrlich erschüttert von dem Gehörten. »Eljazokad«, sagte
sie mit niedergeschlagenem Blick. »Ich fand ihn ziemlich gut. Er hat uns da
rausgeholt ⦠aus dieser Folterkammer. Den Schmetterlingsmann kannte ich nicht
so, aber er hatte ebenfalls eine so gute Ausstrahlung. Und Bestar auf der
Flucht? Was für eine ScheiÃe.«
»Ich weiÃ. Es tut mir sehr leid. Für dich, für mich, für die Toten,
für Bestar und für den ganzen Kontinent.«
Tjarka seufzte. »Mit euch vom Mammut zusammenzuhängen
bedeutet nicht gerade Spaà und gute Laune, habe ich recht?«
Naenn lächelte kein bisschen.
»Wisst ihr denn wenigstens, wer das alles getan hat?«, fragte Tjarka
nach
Weitere Kostenlose Bücher