Der Mann, der nicht geboren wurde
weiterlief, kam dem Klippenwälder
sehr gelegen. So würde es mögliche Verfolger hinter sich herlocken, von Bestar
weg.
Er schlug sich ins Gebüsch. Schon nach wenigen Sandstrichbruchteilen
nahte tatsächlich ein neuerliches Hufgetrappel. Bestar kauerte sich in die
Schatten wie ein Stein. Es waren die beiden Gardisten, die er schon in der
Stadt aus dem Sattel geholt hatte. Sie endgültig aufzuhalten war offensichtlich
schwieriger, als ihnen kurzzeitig das Reiten zu versagen. Sie waren noch
deutlich schneller als Bestar während seines ungelenken Ritts und würden das
herrenlose Pferd bald eingeholt haben. Dennoch konnte Bestar nicht umhin, dem
Tier zu danken. Das stolze und wunderschöne Ross hatte bislang verhindert, dass
er sich gezwungen sah, Gardisten zu töten. Niemand würde ihn jemals wieder
gefangen nehmen. Wenn die Verfolger nicht aufgaben, würde Bestar sie eher
erschlagen, als sich ergreifen zu lassen.
Er entfernte sich vom Weg und erreichte nach wenigen Sandstrichen
das Ufer des träge flieÃenden Larnus. Beinahe wäre er ins Wasser gefallen, so
plötzlich brach das Ufer zum Fluss hin ab. Bestar konnte hier schwimmend den
Fluss queren und Hunde abschütteln â falls irgendjemand überhaupt auf die wohl
in der Festungsstadt Galliko gebräuchliche Idee kam, Hunde zur Suche
einzusetzen.
Dann jedoch sah er etwas, das ihn auf eine noch bessere Idee
brachte. Zuerst hielt er es für eine Sinnestäuschung: ein auf dem Wasser
gleitendes Licht, verdoppelt durch das wellige Zerrbild der Spiegelung. Ein
riesiger Schattenleib, wie ein Ungetüm aus einem der südlichen Urwälder. Es war
ein groÃer Lastenkahn, von einer am Bug angebrachten Positionslaterne
angekündigt. Der Kahn hatte keine Segelmasten aufgestellt, sondern trieb ganz
gemächlich mit der Flussströmung nach Osten, also Richtung Warchaim.
Bestar brauchte nicht lange nachzudenken. Man wusste, dass er nach
Norden geflohen und dann nach Westen abgebogen war â niemand würde damit
rechnen, dass er im Süden der Stadt in den Hafen einlief, dort den Larnus
querte und sich nach Osten davonmachte. Zu den Riesen, dem einzigen Ziel, das
ihm ohnehin einfiel.
Bestar glitt ins blättermondkalte Wasser und schwamm mit kräftigen
Zügen zu dem Kahn hinüber. Schwächere Menschen als er hätten sich niemals mit
Segmentrüstung, Kleidung, Schuhen und Erzschwert über Wasser halten können,
aber für Bestar war das kein allzu groÃes Problem, zumindest nicht über eine
Distanz von lediglich dreiÃig, vierzig Schritten. Er erreichte das ebenfalls
von einer Laterne beschienene Heck des Kahns und hielt sich einfach an einem
Tau fest, ohne sich an Deck zu ziehen. So blieb er eine Welle unter bewegtem
Wasser, ein Lichtschimmer unter schwimmendem Licht, unsichtbar für jeden, der
nicht gezielt das Heck absuchte.
Warchaim kam schon nach wenigen Sandstrichen in Sicht, fremdartig
von dieser Seite, nächtlich und vom eigenen Hafen überlagert. Bestar wollte
sich schon nach steuerbord abstoÃen, um ans Südufer zu gelangen, bevor der Kahn
in den Hafen einbog, als er bemerkte, dass das Schiff seine Fahrt weder
verlangsamte noch die Richtung änderte. Linkerhand glitt das schlummernde, vom
Mond beschienene Warchaim vorüber, rechterhand die kleine Insel mit der
sogenannten Hütte der Liebenden, herbstlich verwaist. Dann kam die steinerne
Brücke nach Endailon in Sicht, und der Kahn glitt einfach darunter hinweg und
lieà Warchaim hinter sich. Als nächster Halt kam eigentlich erst Uderun
infrage, vielleicht sogar Brissen.
Es war perfekt. Der Kahn hatte Brennholz aus dem Larnwald geladen
und fuhr womöglich von Kuellen bis zur Ostküste. Von dort aus konnte Bestar
schnell zu den Riesen gelangen.
Natürlich konnte er nicht die ganzen Tage über im Wasser bleiben. Er
hatte auch heute auÃer einem Frühstück und den paar Honignüssen gar nichts
gegessen und einen dementsprechenden Kohldampf. Aber er hatte noch den
Bernstein der Riesen bei sich, den er eigentlich nie hatte hergeben wollen.
Wenn es nicht anders ging, würde er den eben nun verwenden müssen, um einen
argwöhnischen Flussschifferkapitän milde zu stimmen. Bei den Riesen würde er
jahrelang Zeit haben, sich einen neuen Bernstein zu verdienen.
Das Mammut war Vergangenheit, so traurig das auch
war.
Mit meiner Dummheit und meinem kindischen Eifer
bin ich die perfekte
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