Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
hatte.
    Rodraeg sah die Klingenspitze auf sich zurasen und erwachte.
    Und stand genau dort, in dem
fremden Zimmer mit den Vorhängen und dem Bett, die Mördernadel noch in der
Hand. Der Stadtgardekommandant Gauden Endreasis, ebenfalls nächtlich leicht
bekleidet, hielt ihm die Spitze des Säbels entgegen und wirkte ebenso albern
und verwirrt wie Rodraeg.
    Â»Ich muss zugeben, Delbane – für ganz
so plump habe ich Euch nicht gehalten.«
    In Rodraegs Kopf tanzten sein gesamtes Leben, die ganze Stadt, der
ganze Kontinent einen irrsinnigen Ringelreihen um ein bodenlos schwarzes
Zentrum herum. Dennoch gelang es ihm, aufrecht stehen zu bleiben und sogar noch
zu denken.
    Er ließ die Nadel fallen und hob beide Hände zur Decke. Die
Säbelspitze näherte sich jetzt langsamer bis auf wenige Fingerbreit seinem
Kehlkopf.
    Â»Ich … weiß jetzt, wie der Mörder vorgeht«, sagte Rodraeg
eindringlich. »Mir ist jetzt alles klar geworden. Es gibt nicht nur einen
Mörder, sondern mehrere. Deshalb war es bei Eimenhard eine Frau, und deshalb
war der Mörder der Äbtissin Baacla zu schwach und zu ängstlich, um die Nadel
richtig anzubringen. All diese Mörder werden gegen ihren Willen gelenkt und
wissen gar nicht, dass sie Mörder sind. So wie ich gerade. Ich habe geglaubt zu
träumen. Und jetzt erwache ich hier, bei Euch, in Eurem Privathaus, wie ich
vermute, und hätte Euch eben beinahe getötet. Es tut mir sehr leid, aber ich
konnte nichts dagegen machen.«
    Â»Ein interessanter Versuch, als unzurechnungsfähig durchzukommen,
Delbane. Aber Ihr scheint mir doch sonst ein Mann von klarem Verstand zu sein.«
Endreasis’ Stimme klang etwas gepresst, da der Metallschutz auf seinen Hals
drückte. »Das Einzige, was ich nicht verstehe, ist: Warum habt Ihr mich vorher
gewarnt und mir diese Chance gegeben? Wenn Ihr mir nicht diese Sache mit DMDNGW erzählt hättet, wäre ich nie auf die Idee gekommen,
mir von Ulric dem Schmied einen metallischen Kinn-Halsschutz anfertigen zu
lassen, nachdem ich den Brief erhalten habe.« Mit der Linken nahm Endreasis
einen Zettel von einem Beistelltisch und hielt ihn Rodraeg vor Augen. Es
standen nur wenige Worte darauf, und die krakelige Handschrift kam Rodraeg sehr
bekannt vor:
    Du musst dich nicht geschont wähnen
    Rodraeg verspürte einen
Hoffnungsschauder. Endreasis redete immer noch mit ihm, zeigte ihm Dinge,
tötete ihn nicht einfach nur oder ließ ihn wegsperren und hinrichten.
    Â»Der Einbrecher«, sagte Rodraeg mit
rauer Stimme. »Der Einbrecher im Haus des Mammuts . Die Garde hat eine Personenbeschreibung von ihm,
angefertigt durch den Vordertürwachtposten. Dieser Einbrecher hat nicht nur die
Nadel in unser Haus gebracht, sondern er hat sich auch in meinem Schlafzimmer
aufgehalten und muss dort irgendeinen Zauber oder Fluch gewirkt haben, der mich
im Schlaf unter seine Kontrolle zwang. Bin ich in den Nächten davor ebenfalls
im Lendenschurz aus dem Haus geschlichen?«
    Endreasis ließ Rodraeg keinen Moment aus den Augen. »Nichts
dergleichen wurde vermerkt.«
    Â»Dann bin ich beruhigt, denn dann war dies heute mein erster und
auch einziger Mordversuch im Sinne DMDNGW s. Und ich
bin Euch wirklich sehr zu Dank verpflichtet, dass Ihr diesen Mordversuch
vereitelt habt. Ich bin froh, dass ich Euch gewarnt habe, denn natürlich ist es
völlig widersinnig, dass ich Euch töte.« Da Rodraeg nun nicht mehr viel zu
verlieren hatte, konnte er genauso gut alles auf eine Karte setzen. »Ihr seid
einer der wenigen Oberen in dieser Stadt, denen wir vom Mammut noch trauen können – jetzt, wo wir wissen, dass der Magister Carmaron
Siusan sich eine Vertuschung seines Kellergewölbes erkauft haben muss.«
    Â»Wie bitte? Was ist das jetzt wieder für eine Geschichte?«
    Rodraeg erzählte dem Kommandanten in knappen Worten von dem heutigen
Fund unter der Brandruine. »Der Vermieter Slessing muss von diesem Keller
wissen, hat aber nichts darüber verlauten lassen. Er ist wahrscheinlich sehr
gut bezahlt worden. Aber man braucht noch jemanden, um so einen Keller während
der Löscharbeiten geheim halten zu können. Ich verdächtige die Hauptfrau, Larza
Durbas.«
    Â»Ihr seid erstaunlich unverschämt für jemanden, der gerade auf
frischer Tat ertappt worden ist.«
    Â»Mir ist klar, dass alles gegen mich spricht, aber denkt doch bitte
einmal gründlich nach. Es

Weitere Kostenlose Bücher