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Der Mann der nicht zu hängen war

Der Mann der nicht zu hängen war

Titel: Der Mann der nicht zu hängen war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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aber wie? Allein schaffen sie es nie! Ob Gunnar und Ingrid vielleicht...?
    Das schwedische Ehepaar stand vor einem ungewöhnlichen Problem. Fluchthilfe ist in Stockholm ein Fremdwort. Mit einem solchen Problem wurden sie noch nie konfrontiert. Was sollen sie tun? Was können sie tun? Ratlosigkeit. Die Johnsonns haben lange gezögert. Erst nach zwei Jahren waren sie schließlich einverstanden und bereit, etwas zu tun, um das ungarische Paar aus dem Land zu schmuggeln. In Stockholm ließen sie eine Art Doppelboden unter den Rücksitz ihres Wagens einbauen und fuhren damit Weihnachten 79 nach Budapest.
    Heute, am 3. Januar 1980, wollen sie nach Stockholm zurückfahren — mit Mathias Horvath, der jetzt zusammengefaltet in dem Versteck liegt. Gunnar nickt seinem Freund noch einmal zu: »Nur Mut! Halte durch. Es wird schon klappen.«
    Dann drückt er die Sitzfläche herunter, steigt mit seiner Frau in den Wagen und startet den Motor.
    Marta steht jetzt allein in der Garage. Sie weint und winkt. »Viel Glück! Und vielen, vielen Dank, was auch immer passiert!« Gleich darauf verschwindet das Auto im dichten Schneetreiben.
     
    3. Juli 1980. Auf dem Hauptstandesamt von Stockholm findet eine unauffällige Trauung statt. Die Hochzeitsgesellschaft besteht lediglich aus den Jungvermählten und den beiden Trauzeugen. Die Trauung sollte ganz diskret abgehalten werden, doch vor dem Ausgang warten völlig unerwartet etwa zwanzig Journalisten. Das Hochzeitspaar weicht erschrocken zurück. Aber da ist nichts zu machen. Mathias Horvath, der gerade Ingrid Johnsonn geheiratet hat, kommt nicht darum herum, die Fragen der Journalisten zu beantworten.
    Ja, Sie haben richtig gelesen!
    Mathias Horvath, der Mann, der aus Ungarn geflohen war, hat soeben die Frau seines Fluchthelfers geheiratet. An der Grenze war alles programmgemäß und ohne Schwierigkeiten abgelaufen. In Schweden wurde Mathias sofort als politischer Flüchtling anerkannt. Und noch im Januar haben Ingrid Johnsonn und Mathias Horvath die Scheidung eingereicht, was dann auch reibungslos über die Bühne ging. Wenige Monate später also diese Eheschließung. Und die beiden stellten sich auch noch völlig ungeniert der Öffentlichkeit zur Schau.
    Eine junge Journalistin nähert sich den beiden Frischvermählten und hält ihnen, offensichtlich angewidert von der ganzen Geschichte, ein Mikrophon vor die Nase. Ingrid Horvath schmiegt sich an ihren neuen Ehemann, der seinerseits eine entschlossene Miene aufsetzt.
    »Nun, Herr Horvath, sind Sie jetzt zufrieden?«
    »Aber sicher. Wer wäre es nicht an meiner Stelle — am Hochzeitstag!«
    »Und Ihre Frau? Ist sie auch zufrieden?«
    »Meine Frau? Nun, sieht sie nicht glücklich aus?«
    »Sie wissen genau, wen ich meine! Ihre Frau, die andere, die Frau, die Sie allein in Ungarn zurückgelassen haben.«
    »Ach die...«
    »Ja, die! Sie muß sich wohl eben damit abfinden, das meinen Sie doch.«
    Mathias Horvath zuckt mit den Schultern.
    »Und Gunnar Johnsonn, der Sie gerettet hat, den Sie betrogen haben? Der ist Ihnen sicher auch gleichgültig, nehme ich an.«
    Herr Horvath schweigt.
    »Und das Ansehen Schwedens, das Ihnen großzügig sofort politisches Asyl gewährt hat, ist Ihnen wohl auch egal, oder? Wissen Sie, was Sie sind? Sie sind ein Verräter!«
    Jetzt, da es um Schweden geht, greift Ingrid in das Gespräch ein: »Wir... wir lieben uns. Können Sie das nicht verstehen? Manchmal ist die Liebe eben stärker als alles andere. Um zusammen zu sein, zusammen zu leben, waren wir zu allem bereit.«
    »Und wie lange hatten Sie diesen märchenhaften Plan schon?«
    »Schon von Anfang an. Mathias und ich, wir haben uns sofort ineinander verliebt.«
    Noch am selben Abend erscheint die skandalöse Liebesgeschichte in allen Stockholmer Zeitungen. Etwa zur gleichen Zeit interviewt ein ungarischer Journalist Marta Horvath in ihrem Haus in der Nähe von Budapest. Die verzweifelte Frau ist tränenüberströmt und bringt kaum ein Wort heraus: »Als... als Mathias... die... Scheidung einreichte, konnte ich es... kaum glauben. Ich wußte nicht, worum es ging. Ich dachte, es wäre nur... eine Formalität für die Einbürgerung in Schweden. Und nun... so etwas! Mit Ingrid. Noch dazu am 3. Juli!«
    »Was meinen Sie damit, Frau Horvath?«
    »Nun, heute ist für uns ein ganz besonderer Tag. Es ist nämlich auf den Tag genau ein halbes Jahr her, daß Mathias geflüchtet ist.«
    »Und waren Sie damals gar nicht mißtrauisch?«
    »Warum hätte ich es sein

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