Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
Vom Netzwerk:
aber der andere, größere Teil war vor allem neugierig. Er wollte unbedingt wissen, wie Hoffman und Azhar seine Idee der taqiyya in die Tat umsetzen wollten.
    »Wir wissen zwar nicht, wo Süleyman sich im Moment aufhält«, fuhr Azhar fort, »aber dafür wissen wir, wo er herstammt. Er ist ein Syrer aus Hama, sein richtiger Name ist Karim al-Shams. Die männlichen Mitglieder seiner Familie – sein Vater sowie seine Onkel und Brüder – wurden allesamt 1982 von Hafiz al-Assads Soldaten umgebracht, weil sie wichtige Köpfe in der Ikhwan Muslimeen, der Muslimbruderschaft, waren. Nach dem Massaker in Hama wurde der junge Süleyman von der saudi-arabischen Abteilung der Bruderschaft unter die Fittiche genommen. Er studierte Elektrotechnik und später Physik in Riad und auch ein paar Semester Biologie. Unglücklicherweise ist er äußerst intelligent, sein IQ, der während seines Studiums getestet wurde, ist phänomenal hoch. Und aus Dokumenten, die wir in Afghanistan gefunden haben, geht hervor, dass er umfangreiche Experimente mit nuklearen und biologischen Kampfstoffen durchgeführt hat.«
    »Erzählen Sie ihm von Mailand und Frankfurt«, warf Hoffman ein. »Und von den Autobomben.«
    Azhar klickte wieder mit der Maus, und ein neues Bild erschien. Es zeigte die Überbleibsel der Autobombe, die in Frankfurt gegenüber der Citibank hochgegangen war. »Wir wissen, dass Süleyman eine Vorliebe für Autobomben hat. Nachdem es mit den Autobomben in Bagdad wirklich schlimm wurde, haben wir eine Nachricht abgefangen, der zufolge von einem hohen al-Qaida-Führer – wir wissen nicht genau, wer – gefordert wird, dass die Selbstmordattentäter nach Europa und Amerika gehen, um dort Christen und Juden zu töten anstatt Muslime, wie in Bagdad. Süleyman wollte den Terror in den Westen bringen. Die Nachricht stammte zwar nicht von ihm, aber von jemandem aus seinem Netzwerk, der ihm vermutlich recht nahesteht. Das war die erste Verbindung. Und dann ist da noch der Zünder aus Mailand.«
    Ein weiterer Mausklick brachte ein paar winzige Metallsplitter auf den Bildschirm. »Ich erspare Ihnen die forensischen Details, von denen ich sowieso nicht viel verstehe. Aber das FBI glaubt, dass die Bombe von Mailand dieselben Merkmale aufweist wie die Bomben aus Bagdad, die unsere dortigen Agenten schon vor ein paar Jahren mit Süleymans Netzwerk in Verbindung gebracht haben. Die ersten Laborbefunde aus Frankfurt weisen in dieselbe Richtung, stimmt’s, Ed?«
    »Ja«, sagte Hoffman. »Sieht ganz danach aus. Süleyman scheint große Pläne zu haben, und er verfügt über ein ganzes Netzwerk von Schläfern, das sich komplett unserer Beobachtung entzieht. Die sind in der Lage, einfach so Autobomben zu bauen, hochgehen zu lassen und zu entkommen. Und diese Burschen verstehen ihr Handwerk: Sie verwenden gestohlene Fahrzeuge und maskieren sich, wenn sie damit herumfahren. Wir haben Aufnahmen von Überwachungskameras aus Mailand und Frankfurt, die diese Autos zeigen, und in beiden Fällen ist das Gesicht des Fahrers deutlich zu sehen. Die Polizei in Europa hat wie verrückt nach den Männern gesucht, aber sie hat bisher keinen Erfolg damit gehabt, weil die Fahrer sich so geschickt getarnt haben. Wir vermuten, dass Süleyman als Nächstes Amerika im Visier hat und dort möglicherweise einen biologischen oder nuklearen Sprengsatz zünden will. Erinnern Sie sich noch an Karla, den KG B-Boss aus den Romanen von John Le Carré? Nun, nach unserer Einschätzung ist Süleyman der Karla der al-Qaida. Er hat alle Fäden in der Hand, und irgendwann in naher Zukunft wird er sie auch ziehen.«
    »Ist das Weiße Haus über das alles informiert?«
    »Natürlich nicht. Wie auch, wo es uns doch offiziell gar nicht gibt? Und das ist auch gut so, sonst würden sie dort noch mehr durchdrehen als ohnehin schon. Nein, das Weiße Haus weiß nur von dem Mist, den die Jungs von der Terrorabwehr liefern.«
    Ferris betrachtete das Bild auf der Projektionsleinwand. Sie wussten schon so viel und doch noch viel zu wenig.
    »Ich muss jetzt mal eine ganz dumme Frage stellen«, sagte er. »Warum haben wir – und damit meine ich Sie, Hani und mich – ihn bisher noch nicht zu fassen gekriegt? Warum ist es so verdammt schwer, an ihn ranzukommen?«
    Das betretene Schweigen, das auf diese Frage folgte, gab Ferris das Gefühl, dass die beiden anderen ihm etwas vorenthielten. Er schaute zu Hoffman hinüber und signalisierte ihm mit einer Handbewegung: Na los, spucken Sie’s

Weitere Kostenlose Bücher