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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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ersten Blick, dass der Mann Araber war – vermutlich Nordafrikaner, nach dem honigbraunen Hautton zu schließen. Er warf ihnen nur einen raschen Blick über den Rand seiner Brille hinweg zu und schaute dann wieder auf den Bildschirm. Seine Finger flogen für weitere fünfzehn Sekunden über die Tastatur, dann hielt er inne, drückte die »Enter«-Taste und schaute auf.
    »Tut mir leid, dass Sie warten mussten«, sagte er. »Aber ich musste gerade noch rasch das Konto eines Salafisten-Führers in Riad leer räumen. Jetzt wird er glauben, jemand aus seinem Gebetskreis habe ihm sein Geld gestohlen, und wenn wir Glück haben, versucht er, den Mann dafür umzubringen.« Er lächelte bei dem Gedanken daran, was für positive Folgen so ein bisschen Tippen auf der Computertastatur doch zeitigen konnte.
    »Das ist Sami Azhar«, sagte Hoffman. »Er koordiniert die Abläufe hier unten in unserer Höhle. Und er ist viel zu schlau für Leute wie Sie und mich.«
    »Zumindest zu schlau für Sie, Ed«, sagte Azhar mit einem weiteren Blick über den Brillenrand. »Sie tun immer so aufgeweckt, dabei ist das alles nur eine Überdosis Koffein. Wenn es nicht gerade eine Überdosis Alkohol ist. Wie sich das bei unserem Gast hier verhält, kann ich noch nicht sagen. Das müssen wir erst sehen.« Er gab Ferris die Hand zur Begrüßung.
    »Früher hat Sami als Finanzexperte an der Wall Street gearbeitet. Er stammt aus Ägypten, ist aber für sein Promotionsstudium in die USA gekommen. Er hat einen Doktortitel in Mathematik und einen weiteren in Wirtschaftswissenschaft, und durch die Arbeit für einen Hedgefonds ist er richtig reich geworden. So reich, dass er sich entschlossen hat, seiner neuen Heimat ein bisschen was davon zurückzugeben. Habe ich das in etwa richtig wiedergegeben, Sami?«
    »Sagen wir mal so, Ed: Ich habe eine hübsche Abfindung bekommen, aber ich habe auch vernünftig investiert.«
    »Sami hat schon in den Neunzigern ein paar abgefahrene Freelance-Aufträge für die CIA und die NSA erledigt und uns außerdem dabei geholfen, diese Irren, die mit seiner Religion Schindluder treiben, besser zu verstehen. Nach dem 11. September ist er dann zu der Überzeugung gekommen, dass die ganze Welt den Verstand verloren hat und nur der letzte Idiot noch weiter für einen Hedgefonds arbeiten kann, als wäre nichts geschehen. Gerade als Muslim empfand er es als seine besondere Verantwortung, den durchgeknallten Fanatikern das Handwerk zu legen. Stimmt’s?«
    »In der Tat. Oder wie Sie es vielleicht formulieren würden, Ed: ‹Worauf Sie einen lassen können!«)
    »Eben. Eines Tages kam Sami zu mir und fragte mich, ob er nicht etwas wirklich Wichtiges für mich machen kann, etwas Inoffizielles. Und weil ich Sami schon ein bisschen kannte, war mir klar, dass er verrückt genug für das Projekt ist, das ich hier plante. Ich hatte mich ein bisschen über ihn kundig gemacht: ein Mathegenie als Schuljunge in Ägypten, dann ein Stipendium fürs Studium in den USA, und schließlich scheffelt er so viel Geld an der Wall Street, dass er die Nullen schon nicht mehr zählen kann. Anders ausgedrückt: ein genialer Spinner, ein Unikum. Schlau und skrupellos und dabei extrem engagiert. Was Besonderes eben.«
    »Da irren Sie sich, Ed«, unterbrach ihn Sami. »Ich bin gar nichts Besonderes. An der Wall Street sind die meisten erfolgreichen Leute schlau und skrupellos. Der einzige Unterschied liegt darin, dass ich nicht ganz so egoistisch bin wie die anderen. Und für einen Mathematiker bin ich gar nicht übermäßig durchgeknallt. Nur etwas zorniger als die meisten. Aber das ist ein anderes Thema.«
    Azhar sah Ferris an. »Ich kabbele mich ständig mit Ed, aber wenn ich ganz ehrlich bin, arbeite ich ausgesprochen gern hier. Wir versuchen hier etwas, wovon andere nur träumen, ohne es je zu schaffen: Wir denken über den Tellerrand hinaus. Inzwischen bezweifle ich schon, ob irgendeiner von uns den Tellerrand überhaupt noch sieht.«
    »Genug geplaudert«, sagte Hoffman. »Jetzt müssen wir mal Tacheles reden.« Er schloss die Bürotür, setzte sich an den Besprechungstisch und winkte Ferris und Azhar zu sich. An der Wand gegenüber von Azhars Schreibtisch war eine große Leinwand angebracht.
    »Folgendes liegt an: Wir wollen etwas völlig Neues entwickeln, und zwar von der Pike auf. Damit wir das tun können, Roger, muss ich Sie in ein paar Dinge einweihen, die sogar hier unten streng geheim sind. Vorher muss ich aber sicher sein, dass Sie wissen, was

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