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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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einem Verkäufer ein Ticket nach Marokko.
    »Erst finden wir raus, wer das ist«, sagte Adrienne. »Dann verkaufen wir ihm sein Ticket und schauen, wo er hinfliegt. Vielleicht klauen wir ihm irgendwann noch kurz sein Handy, wenn er gerade nicht aufpasst, und kopieren den Inhalt der SIM-Karte, damit wir wissen, mit wem er telefoniert hat. Wir sind ja so was von gemein …«
    Hanif und die anderen fingen an zu lachen, und Ferris lachte mit. Diese Art, das Spiel zu spielen, hatte er sich bei der CIA immer gewünscht.
    Azhar führte ihn weiter zu einer anderen Gruppe von Arbeitstischen, die er ihm als seine »Finanzabteilung« vorstellte. Auch hier ging es im Wesentlichen darum, Terroristen Dienste anzubieten, die sie sonst nirgendwo bekamen. Die Mitglieder des Untergrunds hatten ständig das Problem, dass sie unbemerkt große Summen Geldes um den halben Erdball transferieren mussten. Amerika und seine Verbündeten hatten ihnen alle einfachen Möglichkeiten verbaut, indem sie den Banken, den islamischen Wohltätigkeitsorganisationen und sogar den Geldwechslern in den arabischen Souks strenge Vorschriften auferlegten. Um überhaupt noch Geld zwischen ihren Terrorzellen hin und her schieben zu können, brauchten die Dschihadisten geschulte Helfer, und aus diesem Grund hatte Azhar mit seiner abgefahrenen Truppe eine ganze Kette von Leuten aufgebaut, die auch größere Beträge unter der Hand verschieben konnten. Viele von ihnen wussten nicht einmal, dass sie in Wahrheit für die CIA arbeiteten und dass sämtliche Informationen, die das transferierte Geld betrafen, letztendlich in Mincemeat Park landeten.
    »Man muss sich in die Leute hineinversetzen«, erklärte Azhar. »Ich kann das, weil ich unter Arabern aufgewachsen bin, das ist mein großer Trumpf. Ich weiß, wie sie funktionieren, was sie brauchen und wie sie sich von Ort zu Ort bewegen. Und weil ich ihre Bedürfnisse kenne, kann ich auch nach Wegen suchen, um sie zu befriedigen. Ich beschaffe ihnen Flugtickets, Pässe, Möglichkeiten zum Geldtransfer, Geheimverstecke in fremden Städten, Handys und Computer. Niemand von ihnen weiß, wie ich aussehe, aber ich stehe ihnen jahrein, jahraus zu Diensten, und zwar vierundzwanzig Stunden am Tag. Das ist meine Geschäftsphilosophie.«
    Der Ägypter deutete auf die langen Reihen von Computern, hinter denen lauter hoffnungsfrohe junge Menschen saßen. Sie alle versuchten ständig, den Gegner noch besser zu verstehen, um ihn noch besser hinters Licht führen zu können. Ferris hatte viel über Bletchley Park gelesen, jene kunterbunte Mischung aus verrückten Wissenschaftlern, Schwulen und anderen gesellschaftlichen Außenseitern, denen es gelungen war, im Zweiten Weltkrieg den Geheimcode der Nazis zu knacken.
    Hoffman und Azhar hatten hier eine moderne Entsprechung geschaffen: ein System, das den einzelnen Blutkörperchen der al-Qaida eine genetische Markierung verpasste, bevor es sie wieder in den Blutkreislauf des Netzwerks entließ. Die Idee war genial. Sie hatte nur einen Fehler: Bisher war es trotz aller Anstrengungen nicht gelungen, Süleyman zum Auftauchen zu bringen. Ferris fiel nun die Aufgabe zu, ihn aus seinem Versteck herauszulocken.

Langley  
    Als sie von ihrer Besichtigungstour zurückkamen, saß Hoffman bereits wieder in Sami Azhars Büro und rieb sich müde die Augen. »Am schlimmsten sind die Leute, wenn sie das Gefühl haben, gerade einen Krieg zu verlieren«, sagte er kopfschüttelnd. »Plötzlich schreien sie alle nach deinem Kopf.« Er führte das nicht weiter aus, aber Ferris konnte es sich in etwa vorstellen: Vermutlich hatte der Direktor ihn gerade wegen Frankfurt in die Mangel genommen, was wiederum daran lag, dass der Präsident, dem seinerseits die Medien im Nacken saßen, zuvor den Direktor in die Mangel genommen hatte. Die Leute hielten es nun mal nicht lange aus, in einem ständigen Zustand der Angst zu leben. Sie wollten, dass zurückgeschlagen wurde, und fühlten sich völlig machtlos, wenn nicht einmal ihr Geheimdienst in der Lage war, den Feind zu finden. Am Schluss blieb alles an Hoffman hängen, aus dem einfachen Grund, weil er offenbar der einzige Mensch im ganzen Regierungsapparat war, der in etwa wusste, was getan werden musste. Manche Menschen verkrampfen sich unter derartigem Druck – Hoffman dagegen schien eher lockerer zu werden.
    »Der Direktor flippt völlig aus«, sagte er. »Das Weiße Haus hat ihm gerade mitgeteilt, dass er morgen vor dem Geheimdienstausschuss des Senats wegen

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