Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
Vom Netzwerk:
Jüdisches ist.«
    Ferris betrachtete noch einmal das Foto seines Großvaters. »Ich sehe ihm ein bisschen ähnlich, findest du nicht?«
    »Stimmt. Nur, dass du viel hübscher bist.«
    Ferris stellte das Album zurück ins Regal. Bevor er am nächsten Tag in aller Frühe zurück nach Washington fuhr, musste er seiner Mutter noch etwas mitteilen.
    »Ich habe Christina gesagt, dass ich mich von ihr scheiden lasse«, sagte er. »Wir leben schon lange nicht mehr richtig zusammen und waren auch vorher nie wirklich glücklich miteinander. Deshalb glaube ich, es ist an der Zeit, ehrlich zu sein und einen Schlussstrich zu ziehen, bevor wir ein Kind bekommen und alles noch komplizierter wird.«
    »Verstehe. Und was sagt Christina dazu?«
    Ferris dachte daran zurück, wie vehement Christina seinen Vorschlag zurückgewiesen hatte. Er schämte sich immer noch dafür, dass er ihren Verführungskünsten so wenig Widerstand entgegengebracht hatte. In ihren Augen hatte das seinem Entschluss, die Ehe zu beenden, garantiert einiges an Überzeugungskraft genommen.
    »Glücklich war sie nicht darüber. Sie findet, wir passen gut zusammen, aber ich vermute, dass sie sich nur die Mühe ersparen will, sich einen neuen Ehemann zu suchen. Christina hat immer furchtbar viel zu tun.«
    »Stimmt, das war schon immer so. Schon als ich sie am Tag deiner Abschlussfeier zum ersten Mal gesehen habe, hat sie diesen Eindruck auf mich gemacht.«
    »Also, Mom, was hältst du von der Sache?«
    »Christina ist eine sehr erfolgreiche Frau. Ich wünschte, ich hätte so viel Energie wie sie. Aber ich war nie ganz überzeugt davon, dass sie dich glücklich machen wird. Wenn du dich also für eine Veränderung entschieden hast und bereit bist, die damit verbundenen Schmerzen auszuhalten, dann solltest du tun, was du für richtig hältst. Und weil ich deine Mutter bin, stelle ich dir jetzt die naheliegende Frage: Gibt es eine andere Frau?«
    »Das weiß ich noch nicht. Vielleicht. Aber die Scheidung würde ich so oder so wollen. Ich habe in Amman eine Frau kennengelernt, die ich sehr mag. Ich hoffe, es klappt mit ihr. Wir werden sehen.«
    Ferris gab seiner Mutter einen Kuss und sagte, er werde jetzt ins Bett gehen. Seine Mutter erwiderte, sie wolle noch die Küche aufräumen, blieb aber am Tisch sitzen. Auf ihrem Gesicht lag jener Ausdruck von Sorge und Hilflosigkeit, den sie immer hatte, wenn ihr Sohn sich von ihr verabschiedete.
     
    Christina hatte Ferris von zu Hause, vom Büro und von ihrem Handy aus zu erreichen versucht, aber er hatte sämtliche Anrufe ignoriert und auch nicht auf diverse Nachrichten reagiert, die sie auf seiner Mailbox hinterlassen hatte. Als er am nächsten Morgen zurück nach Washington fuhr, klingelte das Handy wieder, und weil er keine ihrer Nummern auf dem Display sah, ging er ran. Er erkannte ihre Stimme sofort. Offenbar benutzte sie ein fremdes Telefon, und sie sprach so laut, dass sie fast schrie.
    »Wo bist du, Roger? Verdammt noch mal! Warum gehst du nicht ran, wenn ich dich anrufe? So kannst du mich nicht behandeln. So nicht! Ich bin deine Frau. Das wissen alle.«
    »Ich war bei meiner Mutter und fahre gerade zurück nach Washington. Ich habe ihr erzählt, dass ich mich scheiden lassen will.«
    »Aus der Scheidung wird nichts. Du liebst mich. Das weißt du genau.«
    »Mach doch bitte kein solches Theater, Christina. Ich liebe dich nicht mehr, und ich lasse mich scheiden.«
    »Mach dich nicht lächerlich. Wenn du mich nicht mehr liebst, wieso hast du dann neulich mit mir geschlafen? Dazu hat dich niemand gezwungen. Wie meinst du wohl, dass ein Richter darauf reagiert?«
    »Auch ein Richter kann mich nicht dazu zwingen, mit dir verheiratet zu bleiben. So ein Gesetz gibt es nicht, das weiß sogar ich. Außerdem ist eine Scheidung keine gemeinsame Entscheidung, sondern das Ende aller gemeinsamen Entscheidungen.«
    »Du bist in mir gekommen. Dreimal.«
    »Jetzt pass mal auf, Christina. Es tut mir wirklich leid, dass ich neulich schwach geworden bin. Du bist sehr sexy. Das warst du immer. Und wenn guter Sex zwangsläufig auch eine gute Ehe bedeuten würde, dann wäre alles in Ordnung zwischen uns. Aber das ist nun mal nicht so.«
    »Jetzt behandelst du mich wie eine Hure. Aber wenn du meinst, du kannst mich ficken und dann einfach die Fliege machen, dann hast du dich getäuscht. Wenn du das tust, wirst du es bitter bereuen, das sage ich dir. Ich werde es dir verdammt schwer machen.«
    »Du kannst mir keine Angst machen, Christina.

Weitere Kostenlose Bücher