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Der Mann, der wirklich liebte

Der Mann, der wirklich liebte

Titel: Der Mann, der wirklich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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der Sonne. Ja, sie liebte ihn, da war er sich sicher. Sie liebte Röhrdanz, der sie drei Jahre lang durch alle Höhen und Tiefen ihrer Ausbildung gescheucht hatte, der sie gefordert und gefördert, aber manchmal auch getriezt hatte. Sie liebte ihn nicht wie einen Vater. Sie liebte ihn als Mann.
    Das Telefon in Röhrdanz’ Büro klingelte, aber keiner von ihnen machte Anstalten, ranzugehen. Im hellen Neonlicht, das alles andere als romantisch war, schauten sie sich an. Röhrdanz sah, wie sich Angelas Brust hob und senkte.
    Schließlich stieß sie hervor: »Ich hab viel nachgedacht …«
    »Und worüber?«
    »Ich hab mich von Holger getrennt.«
    »Oh.« Röhrdanz musste sich an der Schreibtischkante festhalten, um nicht in frenetischen Jubel auszubrechen. »Das tut mir aber leid.« Er senkte den Blick.
    »Ich kann nicht falschspielen«, sagte Angela, während sie ihm den Kaffee einschenkte.
    In diesem Moment kamen zwei Mitarbeiterinnen herein und machten sich am Kopierer in der Ecke zu schaffen.
    »Ich weiß nicht, ob Sie das können«, wechselte Angela sofort den Tonfall. »Aber ich kann es nicht.«

    Röhrdanz schämte sich. Da hatte sich dieses herzensgute Mädchen von ihrem Kerl getrennt, weil sie ihn nicht betrügen wollte. Aber war das denn schon Betrug gewesen? Einmal Händchen halten, sich tief in die Augen sehen. Der Ausflug nach Venlo … Sie waren ganz anständig wieder nach Hause gefahren. Und die bergische Kaffeetafel gestern hätte sie auch als süßen Sonntagsflirt abtun und heute wieder mit ihrem Holger um die Häuser ziehen können. Wie viele Mädchen in ihrem Alter, die einfach mal was ausprobieren wollen. Aber sie war so ehrlich und aufrichtig, gleich reinen Tisch zu machen. Als sie die Kaffeekanne wieder auf die Warmhalteplatte stellte, streifte sie wie zufällig seinen Arm. Die beiden Kolleginnen unterhielten sich, so viel konnte Röhrdanz aus dem Augenwinkel erkennen.
    »Wann sehen wir uns wieder?«, fragte er heiser.
    »Ich gehe am Samstag schwimmen«, sagte Angela wie nebenbei. »Ins Hallenbad. In Ihrer Nähe.«
    Oh, dachte Röhrdanz liebestrunken. Verlockendes Angebot. Er sah sie schon im Badeanzug vor sich. Ein dunkler Einteiler, der ihre langen schlanken Beine noch besser zur Geltung brachte. Ihr nasses blondes Haar.
    Dann sah er sich selbst in seiner unvorteilhaften Badehose, mit den behaarten weißen Beinen und dem Bauch, der eher ein Wohlstands- als ein Waschbrettbauch war, auf dem Sprungturm stehen und …
    »Spring! Na, was ist! Spring doch!«
    »Ähm … Wie? Also, äh, nein danke. Ich bin im … feuchten Element nicht mehr so …
    »Na los! Spring! Ich fang dich!«

    »Ach nein, ich warte lieber, bis du mit dem Schwimmen fertig bist!«
    »Wie bitte? Was haben Sie gesagt?«
    Röhrdanz wurde plötzlich klar, dass er laut gesprochen hatte. Die beiden Kolleginnen hatten längst aufgehört, sich zu unterhalten. Mit offenem Mund starrten sie zu ihnen herüber.
    »Ich glaube, ich gehe dann mal wieder zu den anderen …« Angela lief zur Schiebetür und trat hinaus in den Flur.
    Röhrdanz fragte sich, ob er ihr folgen sollte. Aber das würde den anderen Angestellten nicht verborgen bleiben, was ihr und auch ihm immens geschadet hätte. Aber trotz seiner Angst vor beruflichen Konsequenzen wollte er bei ihr sein. Mehr denn je. Er trat nach draußen, tat so, als wollte er eine rauchen, und beugte sich neben ihr über das Treppenhausgeländer.
    »Es tut mir leid«, sagte er.
    »Was tut dir leid?«
    »Dass ich so ein elender Nichtschwimmer bin.«
    Angela schien zu spüren, wie sehr er sich danach sehnte, sie zu berühren. Doch was, wenn sie beobachtet wurden?
    »Hast du das ernst gemeint, was du vorhin gesagt hast?«, fragte sie schließlich. Die Kolleginnen Julia und Elli gingen auffällig dicht an ihnen vorbei.
    »Sie können ja die Filialen in Köln und Aachen auch davon unterrichten«, sagte Röhrdanz laut. Als sie außer Hörweite waren, raunte er: »Ja, sehr ernst sogar. Ich möchte endlich eine richtige Familie haben.«

    Julia und Elli schienen hinter irgendeiner Tür zu lauschen.
    »Das freut mich«, sagte sie plötzlich mit aufgesetzter Heiterkeit. »Ich glaube nämlich, dass du ein wunderbarer Ehemann und Vater bist. Du wirst noch die Richtige finden.«
    Er rauchte nervös. »Du weißt wirklich, wie du mich fertigmachen kannst.«
    Trotz der Anspannung musste Angela lachen. Sie ging einen halben Schritt auf ihn zu, und als sie sein Jackett an ihrem Körper spürte, merkte sie, dass es

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