Der Mann, der wirklich liebte
versonnen auf das Fach, das Gelächter seiner Enkelsöhne verebbt.
Müde gehen die drei nach Hause.
E s ist drei Uhr nachts. Röhrdanz weckt seine beiden Söhne Philip und Patrick, schiebt jedem von ihnen ein dickes Lunchpaket zu und schleicht dann mit ihnen zur Haustür hinaus.
Schweigend werfen die verschlafenen jungen Männer sich auf die Rückbank.
Röhrdanz lässt den Wagen aus der Garage gleiten. Dann fährt er seine Söhne zu ihrem Ausbildungsbetrieb, eine Bäckerei.
Der Geselle und der Praktikant steigen schweigend in der Dunkelheit aus, werfen die Türen zu, klopfen einmal dankend aufs Autodach und verschwinden in ihrem Betrieb. Es ist drei Uhr dreißig.
E s ist sechs Uhr fünfzehn. Röhrdanz steht fröstelnd in seinem Mantel an einer S-Bahn-Station.
Die Bahn rollt ein, die Tür des letzten Wagens geht auf, und eine junge Frau, vermummt in Mantel und Kapuze, streckt ihre behandschuhten Hände aus.
Röhrdanz reicht ihr ein Lunch-Paket, Obst und Getränke. Die junge Frau drückt dem Mann einen Kuss auf die unrasierte Wange und zieht sich schnell wieder in das Innere des Waggons zurück. Automatisch schließen sich die Türen. Röhrdanz geht zum Ausgang. Es ist sechs Uhr sechzehn.
E s ist sieben Uhr dreißig. Röhrdanz sitzt mit seinen Enkeln Maurice und Leon am Frühstückstisch. Er streicht ihnen Honigbrote, sie trinken warmen Kakao. Er wischt dem Siebenjährigen den Kakaobart ab, nimmt den
Fünfjährigen an die Hand und führt ihn ins Bad. Die Klospülung rauscht. Röhrdanz zieht die beiden kleinen Jungen an und verlässt Hand in Hand mit ihnen das Haus. Die drei marschieren in der Morgendämmerung in Richtung Kindergarten.
E s ist acht Uhr fünfundvierzig. Röhrdanz betritt sein Büro. Er legt den Mantel ab, hängt ihn an den Haken, setzt sich an seinen Schreibtisch und betrachtet lange das Foto seiner Frau. Nebenan klingelt das Telefon. Die Vorzimmerdame steckt ihren Kopf zur Tür herein. Ein kalter Windzug streift seinen Nacken.
NACHWORT DER AUTORIN
Michael Röhrdanz schrieb mir im Sommer 2008 einen Brief, in dem er mich bat, seine Geschichte aufzuschreiben. Er erwähnte darin, dass seine Frau Angela Röhrdanz ein großer Fan von Udo Jürgens war. Sie hat auch meine Bücher gemocht und sich in ihren dunkelsten Stunden daraus vorlesen lassen. Angela Röhrdanz hat ihrem Mann kurz vor ihrem Tod zwei Karten für das Musical »Ich war noch niemals in New York« geschenkt, in das die beiden nicht mehr zusammen gegangen sind.
I ch danke Michael Röhrdanz für sein Vertrauen. Ich habe alle Informationen gewissenhaft verarbeitet, die er mir gegeben hat. Wir beide erheben keinen Anspruch auf medizinische Richtigkeit. Wir haben die Namen aller Personen geändert, die in dieser Geschichte eine Rolle spielen - nur die Namen der Kinder und die von Angela und Michael Röhrdanz nicht. Sämtliche Szenen und Dialoge sind frei erfunden.
A ußerdem danke ich Ulrich Genzler und Britta Hansen vom Diana Verlag, dass sie an dieses Projekt geglaubt haben.
Originalausgabe 04/2010
Copyright © 2010 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH Umschlaggestaltung | Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, München - Zürich, Teresa Mutzenbach
Umschlagmotiv | © Neil Emmerson/Robert Harding
World Imagery/Corbis
Herstellung | Helga Schörnig
978-3-453-35445-6
eISBN : 978-3-641-04328-5
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