Der Mann, der wirklich liebte
kichernd zwischen die Rippen.
Die Pfarrer ließen sich nun lang und breit aus über
die Treue, die guten und die schlechten Zeiten, den zweiten Korintherbrief und das Hohelied der Liebe im Alten Testament.
»Ich kann es in dieser Position kaum noch aushalten«, zischte Röhrdanz. »Kommen Sie jetzt endlich zur Sache!«
Die Pfarrer räusperten sich.
»Angela Röhrdanz. Willst du diesen … ähm … Mann ehren und achten …«, der Pfarrer konnte sich wohl gerade noch das kleine Wörtchen »etwa« verkneifen, »ihm treu sein und ihn lieben, in guten und schlechten Zeiten, bis dass der Tod euch scheidet?«
Röhrdanz versuchte, sein Taumeln unter Kontrolle zu behalten, schaute seiner Angela ganz tief in die Augen und sah, wie ihr Gesicht vor Freude und Glück strahlte: »Ja, ich will!«
Mann, die hat Mut, dachte Röhrdanz. Womit hab ich das nur verdient. »Danke«, flüsterte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Michael Röhrdanz. Willst du diese Frau ehren und achten, ihr treu sein und sie lieben, in guten und schlechten Zeiten, bis dass der Tod euch scheidet?«
Das alles fühlte sich wie Folter an. Tod durch die Streckbank.
»Ja.«
Röhrdanz fürchtete, jede Sekunde ohnmächtig von seinem Bänkchen zu sacken. Ihm war noch nie im Leben so übel gewesen.
»Dann erkläre ich euch hiermit …«
Röhrdanz entfuhr ein ziemlich übler Weißweinrülpser.
Eine Portion Schnaps und ein paar Cocktails waren auch noch dabei. Angela kicherte.
»zu … Mann und Frau.«
Der Pfarrer half Röhrdanz auf die Beine, gratulierte ihm, indem er ihm übertrieben heftig die Hand schüttelte, und drehte ihn dann so herum, dass er über den Mittelgang wieder hinausschreiten konnte. Ach ja. Da war doch noch was. Seine ähm … Frau. Die Schöne mit dem riesigen Strauß weiß-roter Rosen. Mann, stand ihr das gut, dieses … Ensemble. Das Kleid war der Hammer! Wenn er wieder nüchtern war, würde er es genauer begutachten.
Röhrdanz fühlte sich plötzlich gestützt von seiner Frau, die nun hoch erhobenen Hauptes neben ihm herschritt, zu brausenden Orgelklängen, die er schrecklich überflüssig fand und die in seinem Kopf dröhnten wie ein Hubschrauber, der gerade zur Landung ansetzt. So liefen sie über den langen roten Teppich hinaus ins Freie … O ja, das war gut, frische Luft, genau das brauchte er jetzt … Plötzlich tauchte seine … ähm … Schwiegermutter neben ihm auf.
Helga hatte ebenfalls ein langes weißes Kleid an, mit einem weißen Gürtel und V-Ausschnitt und ein paar dünnen Schleifen auf den Schultern. War das nicht irgendwie gegen die Spielregeln? »Brautmutter war die Eule« hieß es doch irgendwo, und nicht Brautmutter war die Schneegans? Und sein … hicks … Schwiegervater - ja, hallo! Na? Gestern spät geworden, wie? - hatte den exakt gleichen Anzug an wie er. Sogar die Krawatte hatte denselben Farbton, weinrot sagte man wohl dazu …
Egal, er hatte Angela jedenfalls geheiratet. Er drehte sich um und sah, wie seine Schwägerin missmutig neben dem Weihwasserbecken stand. Was hast du nur gegen mich?, dachte Röhrdanz. Ich habe dir doch nichts getan … Er wandte sich ab. Auch gut, wenn seine Schwägerin ihm jetzt nicht um den Hals fallen wollte.
Röhrdanz sah seine eigene alte Mutter, die ganz in Schwarz gekleidet war. Ihr Gesicht drückte Resignation aus, aber auch Liebe. Sie gönnte ihm sein Glück. Sie spürte, dass es sein ganz großes Glück war. Und wenn er wieder nüchtern war, würde er sie ganz fest in den Arm nehmen. Aber heute wollte er nur noch schlafen.
E ine wunderschöne Zeit begann. Kaum war Röhrdanz offiziell Angelas Mann, nahmen ihre Eltern ihn sehr herzlich in die Familie auf. Nie wieder hatte er das Gefühl, in ihrem Haus nicht erwünscht zu sein. Gerd und Helga wurden tatsächlich so etwas wie Freunde für ihn. Sie unternahmen oft etwas miteinander, saßen zusammen im Garten, grillten, spielten Tischtennis. Er fand sie alle prima … bis auf Dagmar. Ungerecht oder nicht, richtig sympathisch fand er sie nicht.
Hoffentlich gibt sich das im Laufe der Zeit, dachte Röhrdanz, als Angela und er gerade ins Auto gestiegen waren und sich von ihren Eltern verabschiedet hatten.
Sie waren auf einer etwas verspäteten, aber lang ersehnten Hochzeitsreise. Sie hatten sich in paar Tage freinehmen können und brausten nun nach Baden-Baden.
»Hoffentlich werden wir nicht irgendwann mal auf
Dagmar angewiesen sein«, sagte Röhrdanz, als Angela und er mit dem Winken aufgehört
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