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Der Mann, der wirklich liebte

Der Mann, der wirklich liebte

Titel: Der Mann, der wirklich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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gemütlichen Dreizimmerwohnung, tauchten sie ein in einen harmonischen Alltag. Morgens schliefen sie immer noch einmal miteinander, bevor sie in ihre verschiedenen Firmen fuhren, und freuten sich auf das abendliche Wiedersehen.
    Wenn er nach Hause kam, hatte sie schon eingekauft. Dann kochten sie zusammen, aßen gemeinsam, kuschelten sich auf das Sofa und sahen fern. Manchmal las sie auch, und er hörte Musik, und gegen zehn Uhr hatten sie beide schon wieder so sehr das Bedürfnis nach Nähe, dass sie sich in ihre gemütliche Höhle verzogen, wo sie sich liebten, bis sie eng aneinandergekuschelt einschliefen.
    Es sollten noch fast fünf Jahre vergehen, bis sich ihr
Kinderwunsch endlich erfüllte. Für Angela war es nicht immer einfach, mit den vielen fehlgeschlagenen Versuchen zurechtzukommen, aber Röhrdanz’ Liebe trug sie über jede Krise. Doch bereits drei Jahre nach ihrer Hochzeit passierten gleich zwei Ereignisse, die ihre harmonische Zweisamkeit für immer durcheinanderwirbelten.

18
    Es war morgens um neun, Röhrdanz saß bereits in seinem Kölner Büro und war in seine Akten vertieft, als Angela ihn weinend anrief. »Kannst du schnell zu meinen Eltern kommen, Papa ist etwas zugestoßen!«
    Röhrdanz traf Angela und Helga vor dem Haus an, in dem er damals seinen Antrittsbesuch gemacht hatte. Beide lagen sich schluchzend in den Armen.
    »Papa ist tot«, rief Angela fassungslos, und Helga schlug die Hände vors Gesicht.
    »Sie haben ihn im Vorgarten gefunden …«
    »Um Gottes willen!« Röhrdanz begriff kaum, wovon die Rede war.
    »Aber wir haben doch gestern noch zusammen Karten gespielt!«
    »Ja, er wollte nur schnell Brötchen holen gehen, und ich habe in der Zwischenzeit die Betten gemacht, als ich Leute rufen hörte …« Helga verstummte, weil sie von einem Weinkrampf geschüttelt wurde.
    Röhrdanz hielt gleich zwei schluchzende Frauen im Arm. »Hier hat er gelegen, mit dem Gesicht nach unten!« Angela zeigte ihm die Stelle.
    »Er ist aus der Haustür gekommen und einfach tot zusammengebrochen!«

    »Das ist ja entsetzlich!« Röhrdanz hatte keine Ahnung, wie er die beiden Frauen trösten sollte.
    »Wo ist Dagmar?«, fragte er fürsorglich.
    »In der Berufsschule! Sie weiß es noch gar nicht …«
    »Dann werde ich mich jetzt erst mal um euch beide kümmern. Kommt, wir gehen ins Haus.«
    Röhrdanz schob sie liebevoll in den Hausflur.
    Da kam ja jetzt einiges auf ihn zu.
    Er begriff, dass er nun der einzige Mann in der Familie war.
    Er durfte jetzt nicht den Kopf verlieren. Er musste stark sein.
     
    E in paar Wochen nach der Beerdigung wurde ihr Leben ein zweites Mal durcheinandergewirbelt, und diesmal würden sich die Wogen des Sturms überhaupt nicht mehr legen.
    Christian, der achtzehnjährige Sohn von Röhrdanz, rief an und berichtete, seine Mutter sei nun seit Wochen nicht mehr nach Hause gekommen. Er und sein zwölfjähriger Bruder Oliver hätten kein Geld mehr und könnten sich nichts mehr zu essen kaufen.
    Sofort machte Röhrdanz sich auf den Weg nach Mannheim. Diesmal wurde ihm sofort geöffnet, als er mit zwei prallvollen Tüten aus dem Supermarkt vor der Tür stand. Die Jungen sahen verwahrlost aus. Besonders Oliver wirkte so, als hätte er seit Monaten kein Badezimmer mehr von innen gesehen.
    »Meine Güte! Kinder! Was ist denn hier los?«
    Kopfschüttelnd ging Röhrdanz durch das Haus. Überall
standen Essensreste herum und leere Flaschen. Röhrdanz riss erst mal die Fenster auf.
    Das ist also von unserem Sechser im Lotto übrig geblieben, ging es Röhrdanz durch den Kopf. Die armen Kinder!
    »Sie trinkt«, sagte Christian. »Sie kommt immer betrunken mit irgendwelchen Kerlen nach Hause, und dann schläft sie den ganzen Tag.«
    »Aber jetzt ist sie schon seit ein paar Wochen völlig verschwunden«, fügte Oliver hinzu.
    Hungrig machten sich die beiden über das Essen her, das ihr Vater mitgebracht hatte.
    Sie stopften Wurst, Käse und Brot direkt aus der Verpackung in sich hinein.
    »Moment mal, Jungs, ich hole euch Teller und Besteck …« Röhrdanz wischte mit einem stinkenden Lappen über den klebrigen Tisch, erkannte aber, dass seine Bemühungen keinen großen Erfolg hatten. Dieses Haus war so heruntergekommen, dass es renoviert werden musste.
    »Was hat eure Mutter denn für … Männerbekanntschaften?«
    »Manchmal bin ich morgens im Bad mit einem wildfremden Kerl zusammengestoßen«, meinte Christian achselzuckend. »Es sind immer wieder andere.«
    Um Gottes willen, dachte Röhrdanz.

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