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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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entschuldigen, ein bedeutendes
Telefongespräch erwartet ihn. Die Verkäuferin winkt einen jungen Ausländer aus
dem Lager herbei, um die Restpostenteppiche aufzurollen. Ja, das ist eine
andere Qualität als alles, was ich in Billigläden gesehen habe. Ich nehme
sofort einen tiefblauen Teppichrest mit sehr dezentem japanischen Muster, 5 X
2,75 Meter, er reicht für ein mittelgroßes Zimmer, zum Beispiel Zimmer 6 oder
15 oder 23. Zum kalten Teppichblau fehlt eine Tapete in wärmerer Farbe. In der
Tapetenabteilung im 2. Stock finden wir eine leuchtendgelbe mit glänzender
Moiréstruktur. Die Tapete ist teuer. Zum Trost zeigt die Verkäuferin einen
gelben Vorhangstoff, ebenfalls Moiré, hundert Prozent feuerfest, und der edle
Stoff hat, wo er gefaltet war, eine Staubkante — geht in der Reinigung
problemlos raus — , vierzig Prozent reduziert. Gekauft.
    Weil der Vorhangstoff für zwei
Fenster reicht, beginnen wir die Einrichtung des nächsten Zimmers bei den
Vorhängen. Jetzt dazu einen fast schwarzen Teppichrest mit dünnen gelben
Streifen, ausreichend für ein kleines Zimmer. Da die Zimmer ab Fußleiste nur
2,50 Meter hoch tapeziert werden, genügen sechs Rollen einer gelbweißen Tapete.
Als Tapetenabschluß wird für dieses Zimmer eine Kunststoffstuckleiste
vorgesehen, aber die kaufe ich nicht bei Hagen und von Müller, hier gibt’s nur
echten Stuck zu horrendem Preis.
    Der nächste Teppichrest ist
beige mit unregelmäßigen Ovalen wie Kieselsteine. Dazu ein Sonderangebot aus
der Möbelabteilung: ein Tisch mit einer beigen Granitplatte — eigentlich sind
solche Tische nicht mein Fall, aber wenn er auf dem Kieselteppich steht und die
Wände seidenmatt beige gestrichen sind, wird das Zimmer so ruhig wirken wie ein
japanischer Steingarten. Ideal für Gäste, die zu einer Beerdigung kommen.
Außerdem kaufe ich gleich noch vier Bistrotische mit weißer Marmorplatte. Einer
ist dramatisch reduziert, weil eine Kante angeschlagen ist — die kann der Installateur
rundschleifen. Für ein Einzelzimmer wähle ich einen englischen Schreibtisch,
selbstverständlich wird er auf einem grünen Teppich stehen.
    Ich hatte für jeden Posten
einen Durchschnittspreis kalkuliert und notiere nun bei jedem Kauf die
Differenz zu meiner Kalkulation, so behalte ich Posten für Posten den
Überblick.
    Da steht ein gemütliches
Doppelbett aus massivem Holz im Landhausstil, das Kopfende oval geschwungen.
Nicht reduziert, aber günstig. Eigentlich wollte ich alle Betten bei uns in
einem Bettencenter kaufen, wo Rufus die Matratzen bestellen will. Getreu seinem
Motto, daß jedes Hotel nur so gut ist wie die Betten, hatte er — gar nicht
sparsam — nicht nur mittelharte und mittelweiche Matratzen ausgesucht, sondern
auch einige ganz weiche und einige ganz harte, für Leute, die es eben so
gewohnt sind, und ich hatte dort bereits schlichte Betten ohne Kopf- und
Fußende ausgesucht, aber dieses Angebot hier muß ich mir nicht entgehen lassen.
Weil dieses Bett am schönsten auf einem Holzfußboden aussieht, notiere ich es
für Zimmer 8 im ersten Stock, darunter ist der Frühstücksraum, da braucht man
keine Teppichschalldämpfung. Und weil Teppich oder Bodenversiegeln etwa gleich
viel kostet, stört es meine Kalkulation nicht.
    Man kann auch bei einem
Bettüberwurf beginnen, ein Zimmer einzurichten. Man muß es sogar, wenn ein
Bettüberwurf mit einem indianischen Blumenmuster wegen eines Webfehlers, den
man nur sieht, wenn man links vor dem Bett auf dem Boden liegt, reduziert ist.
»Wer, aus welchem Grund auch immer, links vor dem Bett auf dem Boden liegt,
sieht keine Webfehler mehr«, sagt Elisabeth völlig zu Recht. Dazu gibt es, zum
Normalpreis, die Tapete im gleichen Muster. Paßt hervorragend zu dem rostroten
Teppich, den ich aus dem Kaufhaus habe.
    Irgendwann kommt das teuerste
Problem. Die Sitzgruppe fürs Foyer. Es hat keinen Sinn, mehrere kleine Sofas
aufzustellen, da setzt sich auf jedes Sofa immer nur einer, das ist zu teuer.
Ich will eine Polstersitzreihe. Mit hoher Rückenlehne — jeder Sessel wirkt um
so gemütlicher, je höher die Lehne ist. Und Sessel und Sofas müssen kompakt auf
dem Boden stehen, Sitzmöbel mit dünnen Beinen wirken immer unbequem. Nachdem
wir wirklich alles angesehen haben, fällt die Entscheidung für eine halboval
geschwungene Sitzgruppe aus zehn Polstersitzen am Stück. Die Sitzgruppe soll
vor dem linken Fenster stehen, anstelle von Herrn Hedderichs Verschlag. Da hat
jeder gute Sicht auf den Fernseher, der an

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