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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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treffe ich Elisabeth direkt
vor Hagen und von Müller. Sie erscheint im supereleganten, schwarzweißen,
chanelmäßigen Sommerkostüm: »Hab ich mir für meine Geschäftskontakte zugelegt.
So was brauchst du demnächst auch.«
    Ich doch nicht. Ich lebe auf
einer Baustelle zwischen grauen Chrysanthemen. Und seit Benedikt aus meinem
Leben verschwunden ist, ist es sowieso egal, wie ich aussehe.
    Aber Elisabeth sagt: »Wenn dein
Hotelprojekt fertig ist, brauchst du einen neuen Job. Vielleicht können wir
dich dann einstellen. Aber ich werde zur Bedingung machen, daß du ein gutes
Kostüm hast. Denk daran, wenn du dich bei mir bewirbst.« So weit will ich nicht
in die Zukunft denken, aber zugegeben, die Aussicht ist erfreulich.
    Am Eingang von Hagen und von
Müllers dreistöckigem Edel-Wohnimperium ist eine Ansammlung idiotischer Stühle
zu besichtigen: Stühle mit sieben Beinen, mit drei Beinen, Stühle mit
meterhoher Lehne, bei einem Stuhl tragen die Beine Stöckelschuhe, einer ist aus
Plexiglas mit weißem Lederpolster, einer bunt getupft wie ein pointillistisches
Gemälde, einer gefleckt wie ein Leopard mit einem fünften Bein als Schwanz,
daneben ein Drahtgeflechtstuhl, gemütlich wie eine Mausefalle. Ich sage gerade
zu Elisabeth: »Solchen Quatsch will ich nicht«, da steht schon ihr Ex-Chef,
Herr von Müller, neben uns. »Schönen Tag, Fräulein Leibnitz, schön, Sie wieder
bei uns begrüßen zu dürfen, wie gehen Ihre Geschäfte?«
    »Ausgezeichnet. Und da ich nun
nicht mehr bei Ihnen angestellt bin, dürfen Sie mich als Frau Leibnitz
begrüßen«, sagt Elisabeth hoheitsvoll. »Ich begleite heute Frau Faber, sie ist
ebenfalls selbständige Innenarchitektin und richtet derzeit ein Hotel in
Frankfurt ein.«
    Ich ziehe meine Einkaufsliste
aus meiner Tiffany-Tüte und teile Herrn von Müller mit, daß mir Teppiche für
den Flur in drei Etagen fehlen und Teppiche für achtzehn Hotelzimmer, ingesamt
fast vierhundert Quadratmeter. Außerdem Tapeten und Möbel.
    »Sehr erfreut, Sie
kennenzulernen, Frau Faber«, sagt der Ex-Chef.
    »Wir sehen zuerst die
Endlos-Läufer für den Flur an«, entscheidet Elisabeth.
    »Sehr gerne.«
    Wir gehen ins Untergeschoß.
Sogar hier unten ist es sehr nobel. Herr von Müller entrollt persönlich die
Teppichmuster. Es sind Webteppiche mit den schönsten Mustern, die ich je auf
Teppichen gesehen habe: ein roter mit einem gelben Damastmuster, wie auf einem
mittelalterlichen Gemälde, dann einer mit japanischen Motiven an den Rändern,
dann ein graublauer, von Jugendstil-Ranken überzogen — selbstverständlich ist
jedes Muster in vielen Farben erhältlich — , dann ein beigerosagrundiger mit
schwarzem Art-Deco-Muster und dann einer in leuchtendem Blau mit
goldgelb-weiß-schwarzen Rankenornamenten, an den Rändern ein Fries schreitender
Löwen — ich steh nicht auf Löwen, ich weiß nicht warum, aber dieser Teppich
würde grandios in den Hotelfluren aussehen, dieses Königsblau, und das
Rankenmuster so üppig, daß Schmutzflecke untergehen... »Was kostet der Meter?«
frage ich gierig. Ein Webteppich kann doch nicht so teuer sein.
    »Das ist französischer
Klassizismus, zeitlose Eleganz in Perfektion«, sagt Herr von Müller, »dieser
Hersteller macht ausschließlich Kopien alter Muster. Das Original stammt aus
einem Schloß bei Fontainebleau, eine liebestolle Gräfin hat es ihrem Liebhaber
geschenkt, hundertundneunundfünfzig Mark. Pro Meter.« Ungefähr dreimal soviel,
wie ich ausgeben will. »Leider ist er nicht breit genug für den Flur.«
    Mein Ausrede wird
abgeschmettert: »Gnädige Frau, dieser Teppich ist ein Läufer, der wird niemals
von Wand zu Wand verlegt, nur in der Mitte eines Flurs oder einer Treppe
verspannt. Nach alter Art wird an den Enden ein Saum genäht und eine Stange
durchgeschoben, die am Boden verschraubt wird. Bedenken Sie, wie praktisch das
ist: Sie können den Teppich zur Reinigung vom Boden nehmen oder ihn in die
andere Richtung legen, wenn, er ungleichmäßig abgenutzt wird. Und da Sie nicht
die gesamte Bodenfläche mit Teppich auslegen, sparen Sie bares Geld.«
    Der Anblick des Teppichs allein
überzeugt mich. Diese Farben! Aber zu teuer. »An den Rändern, wo kein Teppich
ist, müßte der Holzboden abgeschliffen und versiegelt werden«, sage ich und
hole meinen Taschenrechner aus der Tiffany-Tüte.
    »Eigentlich sind wir nur wegen
reduzierter Ware gekommen«, sagt Elisabeth völlig ungeniert.
    Herr von Müller winkt eine
Verkäuferin herbei und bittet, ihn zu

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