Der Mann, der's wert ist
»Blümchentapeten sind wirklich wie Männer: Die meisten sind
bescheuert und viel zu dominant.«
Darauf sagt die Verkäuferin
nichts mehr. Aber wir finden eine umwerfend prächtige Tapete, die auch
Elisabeth überzeugt: mit großen Blumenbouquets in Pink und Rosa, die Bouquets mit
himmelblauen Schleifen gebunden. Eine Tapete, schön wie der ganze Frühling auf
einen Schlag. Und eine Bordüre wie himmelblaues Schleifenband als Abschluß. Für
ein so großes Muster braucht man ein großes Zimmer. Und weil ein schlichter
Holzboden am besten zu dieser Tapete paßt, gegen die jede optische Konkurrenz
zwecklos ist, wird sie ebenfalls für Zimmer 8 vorgesehen. Dazu ein Schrank im
Landhausstil, himmelblau lackiert. Es wird entzückend aussehen.
Noch drei kleinere Zimmer mit
kleineren Blümchenmustern. Und rasengrünem Teppich. Außerdem brauche ich
Spiegel. Die in der Wohnaccessoires-Abteilung sind schön, ich kaufe sie
trotzdem nicht, weil ich beim Glaser viel billiger Spiegelglas in goldene
Leisten rahmen lassen kann. Aber ich entdecke Nachttischlampen mit
Porzellanfuß: es gibt kugelrunde Lampenfüße, würfeleckige, amphorengleiche, und
das in allen Farben, mit glänzenden Lampenschirmen in allen Farben. Und sie
kosten weniger als alle, die ich bisher in Betracht gezogen hatte.
»Das ist so ein Lockvogelangebot
für Männer, die ein Geschenk suchen«, sagt Elisabeth, »diese Lampen kosten
wenig, sind aber aus einem Nobelladen, die werden gern gekauft. Und wenn die
Männer schon mal hier sind, kaufen sie gleich für sich selbst eine
Büroeinrichtung.«
Ich kaufe die Lampen auch sehr
gern. Und zwar achtundvierzig Stück. Wir fangen an, festzulegen, wie viele
weiße mit weißem Schirm, blaue mit weißem Schirm, blaue mit blauem Schirm,
grüne mit weißem Schirm, grüne mit grünem Schirm, indianischrote, beige,
schwarze, gelbe wir brauchen. Die Verkäuferin bringt uns Kaffee und Edel-Kekse.
Nach einer Stunde haben wir jedes Zimmer mit der optimalen Lampe ausgestattet.
Und die Lampen haben meine Kalkulation um über tausend Mark reduziert. Jetzt
ist es möglich: Ich kann den Löwenläufer kaufen! »Ehe wir mit Edel-Müller
verhandeln, besichtigen wir zum Abschluß die Schreckenskammer«, sagt Elisabeth.
Wieder eine andere Verkäuferin begleitet uns. Die Schreckenskammer ist im
Keller. Hier lagert alles, was bestellt und nicht abgeholt und an keinen
anderen Menschen zu verkaufen war. Eine komplette Einrichtung für eine
Jagdhütte — alle Sitzlehnen aus Hirschgeweihen; lilaorange gezackte
Boutiquenmöbel; pseudobarocke lebensgroße Madonnen, die eine Glühbirne
hochhalten; aber auch ein Teppich mit langstieligen roten Rosen auf schwarzem
Grund, ziemlich verrückt, aber sehr witzig. Ich nehme ihn sofort. Der hat mir
gerade noch gefehlt! Mit einem knallroten Bettüberwurf wird das ein super
Zimmer.
»Ist der Teppich von Frau
Futura noch da?« fragt Elisabeth. »Natürlich«, flüstert die Verkäuferin.
»Zeigen Sie ihn mal meiner
Freundin.«
Die Verkäuferin rollt
widerwillig einen runden Teppich aus, zwei Meter Durchmesser, als erstes fällt
ein großes Monogramm im Mittelfeld ins Auge, gelb auf azurblauem Grund steht
da: FH. Drumherum Sterne. Dann Sternkreis-Figuren, plastisch und klassisch
wirken sie, außen wieder Sterne. »Es ist ein ähnlicher Stil wie der
Löwenläufer«, sage ich bewundernd.
»Er ist von der gleichen Firma,
eine Einzelanfertigung.«
»Was bedeutet das FH?«
»Es bedeutet: Frau Futura,
Hellseherin. Die Dame war Spezialistin für Fernheilungen und starb an Krebs,
ehe sie den Teppich bezahlt hat. Und weil sie nur Schulden hinterließ, brachte
ihn der Gerichtsvollzieher zurück.«
»Wenn man auf Fernheilungen
spezialisiert ist und wird selbst krank, nützt das nichts, weil man sich selbst
immer nah ist«, sagt die Verkäuferin. Man merkt ihr an, daß sie über das
Problem heftig nachgedacht hat. »Wir haben sämtliche Kunden angeschrieben, die
FH als Monogramm haben, aber sobald ich den Leuten sage, wo der Teppich
herkommt, will ihn keiner. Ich bin sicher, daß ein Fluch darauf lastet.«
»Er hat über viertausend
gekostet und jetzt neunhundertfünfzig«, sagt Elisabeth.
»Der Chef würde ihn auch für
weniger weggeben, er glaubt inzwischen selbst, daß ein Fluch drauf lastet«,
tuschelt uns die Verkäuferin zu. »Das Ding bringt uns noch die Motten ins Haus,
oder Schlimmeres.« Sie wirft einen argwöhnischen Blick auf den wunderbaren
Teppich.
Ich bin nicht abergläubisch,
jedenfalls habe
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