Der Mann, der's wert ist
hat, ich muß nur
die Summe eintragen. Eine Verkäuferin glaubt tatsächlich, ich sei eine der aus
Film-Funk-Fernsehen bekannten Luxusfrauen, die von ihren Männern mit
Blankoschecks überschüttet werden. Als ich ihr sage, daß ich als
Innenarchitektin für ein Hotel einkaufe, merkt sie, daß ich eine berufstätige
Frau bin, wie sie selbst auch, und die Bewunderung in ihren Augen erlischt.
83. Kapitel
Ich rufe Elisabeth an, was
empfiehlt sie für die langen Hotelflure? Sie empfiehlt dringend, mit ihr
gemeinsam das Angebot bei Hagen und von Müller zu prüfen. Rufus meint, wenn ich
bei Elisabeths Edel-Wohnausstatter günstig einkaufen könne, dann nichts wie
hin. Davon abgesehen war es die ideale Gelegenheit, meine Eltern wiederzusehen:
Nun kam ich als selbständige Innenarchitektin auf Großeinkaufstour, nicht als
abgestoßene Geliebte von Benedikt.
Ich wollte am Mittwoch in der
Mittagszeit fahren, aber weil der Installateur in einer Dusche eine Armatur
eingebaut hatte, bei der es eine halbe Stunde dauert, bis man herausgefunden
hat, wie man anderes als kochendheißes oder eiskaltes Wasser bekommt, und weil
ich dem Installateur beibringen mußte, daß diese Armatur für ein Hotel mit täglich
wechselnden Gästen, die sich verbrühen und Unmengen Wasser verschwenden, bis
sie kapiert haben, wie dieses Ding funktioniert, absolut untragbar und sofort
wieder zu entfernen und gegen die von mir gewünschten einfachen Armaturen
auszutauschen sei, verpaßte ich zwei Züge und kam erst ziemlich spät in München
bei meinen Eltern an.
Meine Mutter drückte mir an der
Tür ein in Geschenkpapier verpacktes Päckchen in die Hand und sagte: »Du wirst
schon ungeduldig erwartet, Viola, hier ist dein Geschenk für Solveig.« Schon
kam Solveig angerast, schrie: »Ich will mein Geschenk!« entriß mir das
Päckchen, raste davon, meine Mutter hinterher. Vater saß mit Annabell im
Wohnzimmer. Kaum saß ich auch, sagte Annabell: »Ich hab mit Angela telefoniert,
ihre Schwangerschaft scheint ihr blendend zu bekommen.«
»Nichts interessiert mich
weniger«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Und Benedikt ist überglücklich«, sagte
Annabell, »er hat sich so nach einem Kind gesehnt!«
»Das ist mir neu«, sagte ich
auch wahrheitsgemäß.
»Ich hatte bei Herrn Benedikt
eher den Eindruck, daß er sich nach einem noch größeren Wagen sehnt«, sagte
mein Vater. »Bei manchen Männern geht die Liebe durch den Magen, und bei
manchen geht sie durch den Wagen.«
Annabell ignorierte meinen
Vater: »Angela hat mir gesagt, daß es ein Mädchen wird, es soll Amanda heißen,
weil es ein Kind der Liebe ist.«
»Ein Kind der Liebe! Lachhaft!«
rief mein Vater.
Und ich sagte völlig cool: »Ich
finde, ein Kind von Benedikt sollte auch so einen Autonamen wie Mercedes
bekommen, zum Beispiel Opelia.«
Mein Vater lachte sich fast
kaputt. Annabell sah mich nur verachtungsvoll an: »Wenn du dich weigerst,
Benedikt ein Kind zu schenken, mußt du die Konsequenzen tragen.«
»Ich trage die Konsequenzen
gerne«, sagte unser Vater, »soll Georg die Karriere seines
Möchtegern-Schwiegersohns finanzieren, der hat mehr Geld als ich.«
Das Kind, das Annabell dem
unbekannten Schweden geschenkt hatte, kam angerannt und plärrte: »Ich will Eis,
die blöde Oma gibt mir kein Eis.«
»Es ist kein Eis mehr im
Kühlschrank«, sagte meine Mutter verzweifelt.
»Ich hab’s gegessen«, sagte
mein Vater.
»Der böse Opa!« rief meine
Mutter kindgemäß.
Annabell küßte Solveig die
Tränen vom Gesicht und fragte sanft: »Mein armes Kind, hat du Lust, für den
bösen Opa später Rente zu bezahlen?«
Nein, dazu hatte Solveig keine
Lust. Meinem Vater war’s egal, er zahle seine Rente sowieso selbst, sagte er.
Als sie endlich weg waren,
holte sich mein Vater einen Whisky, trank ihn in einem Zug leer. Angewidert
verzog er das Gesicht: »Jeden Abend muß ich Opa sein, ich langweile mich zu
Tode. Jetzt weiß ich, warum Männer in meinem Alter hinter jungen Frauen her
sind, die müssen sie nicht als Omas erleben. Unsere Ehe ist in der
Enkel-Krise.«
Um ihn auf andere Gedanken zu
bringen, gab ich ihm meine nächste Schuldenrückzahlung, er freute sich, aber
nur kurz. Er trank noch einen Whisky, dann sagte er: »Jetzt muß Opa ins
Heia-Bett.«
Er tat mir leid. Er war ein
alter Mann geworden. Dabei steht in jeder Illustrierten, daß Kinder jung
halten! Was war denn los?
84. Kapitel
Um am vielleicht größten
Einkaufstag meines Lebens keine Zeit zu verlieren,
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