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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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Kunst?!«
    »Außerdem hat Harald geschrien,
es sei eine lebensrettende Maßnahme, und wenn Richard mir die Haare nicht
schneidet, sei es unterlassene Hilfeleistung«, erzählte Rufus. »Am
erfolgreichsten war Haralds Strategie, Cliff ständig Richard zu nennen. Das
gefiel ihm überhaupt nicht.«
    »Dieser Richard ist ein Idiot«,
sagte Harald, »Richard turnt auf allen Vernissagen rum und macht sich als
Künstlermäzen wichtig. Er glaubt, Mäzen hätte was zu tun mit Mätzchen machen.
Dabei hat er nur mal ein Bild von einem Maler gekauft, der mit ihm ins Bett
ging. Sein Kunstgefühl paßt in einen Tangaslip.«
    »Nach Haralds Auftritt bekamen
wir sofort einen Termin. Seine Assistenten haben mich in den Stuhl gesetzt, als
wäre ich eine Puppe, an der geprüft wird, was sie bei einem Auffahrunfall
aushält. Niemand hat mich gefragt, was ich will. Dann haben sie experimentell
herausgefunden, daß ich eine Naturwelle hätte und die Stützkraft meiner Haare
ausreiche, um Locken zu tragen.«
    »Sie haben die Naturwelle zur
Kunstwelle erhoben«, rief Harald.
    »Mindestens die Hälfte meiner
Augenbrauen wurden von einer Augenbrauen-Ausrupf-Spezialistin ausgerupft, die
restlichen hat sie Stück für Stück gestutzt. Sie haben mich mit Champagner
narkotisiert, und Harald hat die ganze Zeit geschrien: Schwester, mehr
Champagner, die Narkose läßt nach!«
    »Was hab ich gelitten, als die
an deiner Nase die Mitesser rausquetschte, du hättest ihr Gesicht sehen sollen«,
rief Harald. »Vier Stunden haben sie an mir herumgewerkelt. Und in sechs Wochen
muß ich wiederkommen. Cliff hat erklärt, wenn man Augenbrauen ständig zupft,
hören sie auf nachzuwachsen, und wenn man Mitesser ständig ausquetscht...«
    »Ich kann es nicht ertragen«,
schrie Harald, »schaff mir frisches Narkosemittel her.«
    Rufus ging in die Küche, ich
starrte ihm hinterher, ich konnte es nicht fassen, daß aus dem Glöckner von
Notre-Dame ein Mann wie... ja, wie Rufus geworden war. Mit einemmal sah er
besser aus als die meisten Schauspieler, die je für einen Oscar nominiert
wurden!
    Rufus brachte das
Narkosemittel: die Sekt-Hausmarke. »Woher ist der Smoking? Hast du den von
Harald?«
    »Nein, den haben wir gekauft«,
sagte Harald, »ich hab mir auch einen neuen gekauft. Waltraud meinte unlängst,
ich sei nicht Picasso, ich könnte ab und zu was anderes tragen als
Anstreicherlumpen. Ich tu ihr den Gefallen, ich kann auch im Smoking malen.«
    »Wir haben noch was im Auto«,
rief Rufus. »Und gleich regnet es, es hat schon geblitzt.«
    »Aber nur ganz in der Ferne.«
Harald trank erst sein Glas aus, ehe er hinausging.
    Er kam zurück mit einem Karton,
groß genug, um darin eine dicke Leiche zu transportieren. Er legte ihn vor
meine Füße. »Was ist das?«
    »Das mußt du erklären«, sagte Harald
zu Rufus.
    »Das ist ein Kleid«, erklärte
Rufus.
    Verblüfft wickelte ich das
Packpapier ab, darunter war ein nachtblauer Karton, auf dem mit Goldbuchstaben
»solo donna« stand und noch was Italienisches oder Französisches, staunend
öffnete ich den Karton:...es war Rot. Rot mit leuchtendem Blaustich, der das
Rot bewahrte, grell und ordinär zu sein. Ich nahm es aus dem nachtblauen
Seidenpapier, es war bodenlang, mit weitem Rock. Und von oben bis in Hüfthöhe
über und über mit Rosen besetzt! Auch auf den langen Ärmeln Rosen aus Seide,
aus Samt, aus Tüll, total witzig durcheinander kombiniert. Ich fühlte mich wie
der große Gewinner in einem Fernsehquiz, ich konnte nur noch »Super! Super!
Super!« sagen.
    »Wir sahen es an einer
Schaufensterpuppe, und Harald sagte, das sei das Kleid für dich, deshalb wollte
ich es dir schenken.«
    »Das schenkst du mir? Rufus! Es
ist unglaublich schön... ich weiß nur nicht, wann ich es anziehen soll... ich
hatte noch nie so ein Kleid... ich glaube, es ist ein Ballkleid!«
    »Das ist Berufskleidung«, sagte
Harald.
    »Berufskleidung?« Der
Ausschnitt war taillentief, über dem Busen nur ein schmaler Streifen, ein
seidenüberrüschter getarnter Gummizug, mit einer Rose in der Mitte. Ich hielt
es vor mich. »Unmöglich!«, sagte Harald, »das ist der Rückenausschnitt.
Dachtest du, wir wollen dich auf den Strich schicken?«
    »Ach so.« Vorn war es bedeutend
hochgeschlossener.
    »Harald möchte, daß das Hotel
mit einem Ball eröffnet wird«, sagte Rufus.
    »Warum denn das?«
    »Aus Spaß«, sagte Harald. »Und
jetzt will ich aus Spaß auf das gute Ende trinken.«
    Es ist ein Abschiedsgeschenk,
dachte ich. Ein

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