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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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Verfügung.« Sie entnahm ihrer vollkommenen Handtasche
eine Visitenkarte. »Bitte nicht erschrecken«, sagte sie, als sie mir die Karte
überreichte.
    Warum sollte ich erschrecken?
Ich las:
     
    Dr. Waltraud Gräfin Wartenstein
     
    Peng!
    »Sind Sie eine Gräfin?« Ich
fühlte mich wie eine Kröte vor einer Prinzessin.
    »Das ist es, was Harald und mich
so verbindet, wir beide müssen lebenslänglich darum kämpfen, als das akzeptiert
zu werden, was wir selbst geschaffen haben. Zuerst bin ich Kunsthistorikerin.«
    »Entschuldigen Sie bitte«, ich kam
mir noch mickriger vor. »Sie sind erschöpft«, sagte sie mitfühlend, »so ist es
immer, wenn man monatelang an einer Herzenssache gearbeitet hat und steht kurz
vor der Fertigstellung. Bald werden Sie sich besser fühlen.«
    »Bitte«, sagte Rufus, »sagen
Sie mir, wie ich Sie korrekt anrede.«
    Sie lächelte: »Ich heiße
Waltraud, da Sie sich mit Harald duzen, sollten wir uns auch duzen, ja?«
    »Ja, danke«, sagte Rufus.
    Ich sagte auch »ja, danke.«
    »Aber, liebe verehrte Waltraud,
wenn du zu unserem Eröffnungsfest am 3. November kommst, wie stelle ich dich
dann korrekt vor?« Rufus überschlug sich fast.
    »Nur merken, daß man nicht
>Frau Gräfin< sagt. Es heißt >Gräfin Wartenstein<, wie es >Graf
Dracula< heißt. Und der Doktortitel kommt immer vor dem Adelstitel — da kann
man dann wieder sagen >Frau Doktor Gräfin Wartenstein< aber damit die
Anrede nicht zu lang wird, läßt man >Frau< weg, denn das sieht man auch
so.« Sie lächelte Rufus hinreißend weiblich an. »Und wenn man den Namen
schreibt, dann: Doktortitel, Vorname, Adelstitel, Nachname. Alles klar?«
    »Ja.« Rufus lachte begeistert,
aber welcher Mann hätte das bei Waltraud nicht getan?
    Zum Abschied dankte sie uns
herzlich. Keine Ahnung, wofür sie uns dankte. Wir sahen ihr nach, als hätte uns
eine Fee besucht. Wie Kröten, die die Luft angehalten haben, sackten wir
zusammen, als ihr Morgan am Horizont verschwunden war. Rufus kehrte
nachdenklich an seinen Computer zurück.
    Und dann war es mit meiner
Beherrschung vorbei, ich heulte in meinen Kaffee. Harald kam aus einer anderen
Welt. Seine Welt war nichts für mich. Tanja hatte es gleich gesagt. Merkwürdig,
daß man den Leuten, die es immer gleich gewußt haben, nie dankbar ist, wenn sie
wieder recht gehabt haben.
     
    Nachmittags kam Harald,
begrüßte mich, als wäre nichts gewesen, und begann den Keil zu übermalen. Die
weiße Farbe deckte das Schwarz nicht ganz ab.
    »Reg dich nicht auf«, sagte
Harald, »morgen übermale ich noch mal, und übermorgen sehen wir hier nur
Wolken. Ich werde sie dir heiterer malen als vorher.« Er war charmanter denn je.
Aber ich war plötzlich gegen seinen Charme immun.
    Ich ging hinauf in mein Zimmer.
Ich gehörte nicht zu Haralds Welt. Die einzige, die ihm ebenbürtig war, war
eine vollkommene Frau wie Waltraud. Ich wäre allenfalls eine Gelegenheits-Muse
geworden. Eine Aushilfs-Muse.
     
    Aber Harald gehört auch nicht
in meine Welt. Ich will nie wieder einen Mann, der bereit ist, meine Arbeit,
meinen Erfolg seiner Selbstverwirklichung zu opfern. Auch wenn dieser Mann noch
so toll ist. So toll kann gar kein Mann sein.
    Ich hatte die richtige
Entscheidung getroffen. Die Musik in meinem Kopf hatte aufgehört zu spielen.
     
     
     

96. Kapitel
     
    Alles paßte zusammen: Am Montag
kam Post von Elisabeth, sie schickte mit herzlichen Grüßen den neuen Kahnweiler-Katalog.
Auf dem Umschlagbild Elisabeth. Schön lächelte sie an ihrem schönen Tisch.
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte ich zu ihrem Foto. Damit hatte sie zusätzliche
zehn Prozent Rabatt ergattert. Im Katalog noch ein Foto von Elisabeth, da
posierte sie mit Telefon am Ohr vor dem Tisch, betrachtete mit Kennerblick ein
Stück Holz, das sie in der anderen Hand hielt. Hinter ihr ein wandgroßer
Jahres-Terminkalender, dicht beschrieben. Ich erkannte Peters präzise Schrift
auf dem Kalender, er hatte die Attrappe fürs Foto gebastelt. Unter dem Foto
stand: »Wir freuen uns mitteilen zu können, daß es uns gelungen ist, das
erfolgreiche Innenarchitekten-Team Leibnitz und Partner für die Gestaltung
unseres Messestands auf der Interbüromö zu gewinnen.« Hervorragend.
    Ich zeigte Rufus den Katalog:
»Da werde ich ab demnächst arbeiten.«
    Rufus schüttelte betrübt den
Kopf: »Kannst du nicht hier bleiben?«
    »Als was?« fragte ich zurück,
»ab November will mich Frau Schnappensiep nur noch als Putzfrau.«
    Rufus seufzte.
    Ich zeigte Harald den

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