Der Mann, der's wert ist
des Hotels,
das Wohl des Personals und für sein persönliches Glück, sagte Frau Hedderich
nur: »Na endlich.«
Mein Vater sagte ebenfalls: »Na
endlich! Glück auf der ganzen Linie!« Er schien so unüberrascht, daß er, als
hätte er es längst geplant, sofort erzählte, er würde ab demnächst die von
Annabell verlassene und für mich reservierte Wohnung an eine Studentin vermieten.
Dann versprach er, Annabell kein Wort von dem Eröffnungsball zu verraten,
Annabell war zuzutrauen, daß sie mit Solveig und Solveigs neuem
Lebensgefährten, dem tyrannischen Juristensohn anrücken würde. Mein Vater
meinte auch, daß ein Ball ohne tobende Kinder aufregend genug ist. Obwohl sich
Solveig in der Gesellschaft des tyrannischen Juristensohns, von der Hyäne zum
Schaf entwickle. Mein Vater sprach auch mit Rufus am Telefon, und Rufus lachte
und sagte zu meinem Vater: »Wir alle brauchen Freunde, um zu überleben.« Und:
»Ja, es ist mehr als nur eine geschäftliche Verbindung, nein, viel mehr.«
Frau Schnappensiep brachte ein
Gebinde wackelnder Orchideenzweige, was sie eindeutig für den Höhepunkt der
Exklusivität hielt, um mir zu meinen neuen Aufgaben und Rufus zu seinem neuen
Aussehen und Outfit zu gratulieren. »Endlich! Endlich!« rief sie, als sei ihr
Leben ein einziges Warten auf diese Ereignisse gewesen. Daß zur Wiedereröffnung
ein Ball stattfinden sollte, begeisterte sie sogar noch mehr als die vollendete
Wolkendecke und der Löwenläufer zusammen, sie mußte ihre Jubeladjektive neu
kombinieren: »Traumhaft-herrlich! Fabelhaftphantastisch!«
Wie Tanja »Na endlich« sagte,
bedeutete eindeutig: »Ich hab’s ja gleich gewußt.«
Metropolen-Michael sagte: »Na
endlich werde ich meine Kochkurs-Story mit Humantouch los. Endlich paßt meine
Headline: Schuld war nur der Marmorkuchen.«
»Muß das sein?« fragte Rufus.
»Unbedingt. Entweder nehm ich
es als Headline zur Kochkurs-Story oder zum Bericht der Hoteleröffnung. Mal sehn,
wozu es besser paßt.«
»Da kann man nur gespannt
sein«, sagte Rufus.
»Unbedingt«, sagte Michael.
Nur Elisabeth hatte nicht damit
gerechnet, trug es aber mit Fassung: »Willst du nicht mehr Innenarchitektin
sein?«
»Doch. Es gibt noch soviel
hierzu tun. Und ich möchte bei Rufus bleiben. Und alles andere, was es hier zu
tun gibt, macht mir auch Spaß. Und falls es im Hotel irgendwann nicht mehr
genug für mich zu tun gibt, dann wird Rufus mir helfen, hier etwas aufzubauen.«
»Verstehe«, sagte Elisabeth,
»ich müßte lügen, wenn ich sagen würde, daß ich es nicht verstehe. Rufus
scheint ein netter Mann zu sein. Also, reserviere uns für die Eröffnung das
schönste Zimmer, und denk daran: Es muß nicht unbedingt mit Blümchentapete
sein.«
So schnell wie die Nächte vergingen
die Tage bis zur Eröffnung. Ich, die neue Geschäftsführerin, stellte eine
weitere Putzfrau ein, Frau Kroheinrichsen-Claussen.
Wir begannen ab Anfang Oktober
Zimmer zu vermieten, wir wollten uns langsam wieder an den Normalbetrieb gewöhnen,
hatten aber bald mehr zu tun als früher in den besten Zeiten. Ende Oktober
hatten wir eine Auslastung von 45 Prozent, im Vorjahresmonat waren es nur 25
Prozent gewesen, berechnete Rufus. Und wir bekamen täglich neue Reservierungen.
»Jeder zufriedene Gast bringt einen neuen zufriedenen Gast — jeder unzufriedene
Gast macht zwanzig andere unzufrieden«, sagte Rufus, »das ist eine alte
Hotelweisheit.« Und wir hatten keine unzufriedenen Gäste.
Anfang Oktober entschieden wir
auch, den Frühstücksraum ab November als Café-Restaurant zu verpachten. Nur das
Frühstück für die Hotelgäste sollte künftig noch unter Frau Hedderichs Regie
gemacht werden. Alles andere wird zuviel für sie und für uns. Durch ein Inserat
fanden wir einen ehrgeizigen österreichischen Koch, Alfred D., er hat
Hotelerfahrung und eine Crew von vier ebenfalls österreichischen Freunden,
Thomas und Marianne M., Brigitte und Gerd, mit denen will er das
Café-Restaurant bewirtschaften. Alfred fand, das Hotel sei von feudaler Pracht,
und er als Österreicher fühle sich hier wie zu Hause, und die sechzig
Sitzplätze im Frühstücksraum beziehungsweise Restaurant seien gerade richtig,
er plane eine aufwendige Gourmet-Küche, kein Massenlokal. Wir waren uns einig.
Rufus machte mit ihm einen Pachtvertrag, zu sehr günstigen Bedingungen,
zunächst begrenzt auf ein Jahr, dann wird man weitersehen. Wir haben für die
Ausstattung, die Sauberkeit des Restaurants zu sorgen und für die
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