Der Mann, der's wert ist
mußte
es nur positiver sehen. »Die Geliebte von Welt spült Sperma mit einem Gläschen
Champagner hinunter« — hatte ich auch mal gelesen. Und Champagner trinke ich
sehr gern. Das war doch eine schöne Vorstellung.
Von dem Geld, das mir mein
Vater zu Weihnachten geschenkt hatte, würde ich eine Flasche Champagner kaufen
fürs Wochenende. Und dann: Champagner und Mimosen.
36. Kapitel
»Freude! Freude!
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum...
Freude! Freude!
Freude trinken alle Wesen an
den Brüsten der Natur,
alle Guten, alle Bösen folgen
ihrer Rosenspur.
Küsse gab sie uns und Reben
einen Freund, geprüft im
Tod...«
— Und als die Chöre jubelten:
»...Wollust ward dem Wurm
gegeben,
und der Cherub steht vor
Gott...«
— da geschah es!
Freude! Freude!
Ich hatte es geschafft!
Wahnsinnig gut!!
»Freude!
Seid umschlungen, Millionen,
diesen Kuß der ganzen Welt!
Freude, Tochter aus Elysium!«
Ich hatte es geschafft. Ich
hatte nur den allerletzten Moment verpaßt, hatte den Mund aufgemacht, weil ich
sagen wollte »ich liebe dich«, und da ist er rausgerutscht. Und es lief auf Benedikts
Bauch. Und als ich mit der Zungenspitze seinen Bauch berührte, fand ich es
eigentlich nur geschmacklos. Und Benedikt sagte, für ihn mache es keinen
Unterschied, ob da oder dort, ihm sei egal, wo sein Sperma entsorgt wird.
Jawohl!
Der Anfang war gemacht. Ja, nun
konnte ich sagen, daß unser Sexleben im Lauf der Zeit immer besser wird. Nur
dachte ich nachher, als wir glücklich den Champagner tranken, daß ich die ganze
Zeit wohl etwas verwechselt hatte: Es ist nicht der Geschmack — es ist der
Geruch von Mimosen.
37. Kapitel
Ohne Kommentar schickte mir
mein Vater einen Scheck über fünfhundert Mark. Es war ein Verrechnungsscheck,
mein Name stand drauf, ich konnte ihn nur einlösen, wenn ich ein Konto hatte!
Benedikt sagte, es wäre Blödsinn,
mich mit meinen Vater zu krachen, nur weil ich kein Konto habe, ich müßte
sowieso eines eröffnen. Man muß das Einfache nicht komplizieren, sagte
Benedikt, das Komplizierte ist schwierig genug.
Natürlich wollte ich mich nicht
mit meinem Vater verkrachen. Eigentlich wollte ich nur kein Geld mehr von ihm
annehmen, weil ich das Gefühl hatte, daß mein Vater von mir enttäuscht war,
und, was fast schlimmer ist, auch von Benedikt. Wahrscheinlich wußte er, daß
Benedikt den Wettbewerb nicht gewonnen hatte, deshalb rief er auch nicht an, um
nicht darüber sprechen zu müssen.
Mit gemischten Gefühlen machte
ich mich auf zur nächstbesten Bankfiliale in der Einkaufsstraße. Erst wartete
ich eine Ewigkeit am Schalter, dann sagte man mir, um ein Konto zu eröffnen, hätte
ich überhaupt nicht am Schalter warten müsse, ich solle hinten im
Beratungsbereich Platz nehmen, es käme jemand.
Im Beratungsbereich saß schon
jemand an einem Schreibtisch, las in einer gelben Broschüre, und ich erkannte
sie sofort: die breite, trotzdem hübsche Nase, der breite Mund, die dunklen
Haare — es war die Ex-Freundin von Benedikts Kollegen Detlef, die an Benedikts
Geburtstag Herrn Wöltje so aggressiv angemacht hatte, die an Silvester Detlef
zum Auszug aus der Wohnung gezwungen hatte. Ich strahlte sie trotzdem an, ich
freute mich, jemand zu treffen, den ich kannte. Sie erkannte mich auch sofort.
»Guten Tag, ich kenne dich über
meinen Ex-Teilzeit-Lebensgefährten«, sagte sie.
- Ex-Teilzeit-Lebensgefährte?
Was sollte ich dazu sagen? »Und was machst du jetzt?« fragte ich irritiert.
»Jetzt bin ich stellvertretende
Abteilungsleiterin«, sagte sie geschäftsmäßig. »Was kann ich für dich tun?«
»Ich wollte ein Konto
eröffnen«, sagte ich noch irritierter, »und den Scheck hier einlösen.«
Sie nahm den Scheck, zog ein
Formular aus dem Schreibtisch, schob es mir rüber. »Bitte ausfüllen.«
Während ich Name, Adresse,
Geburtsdatum eintrug, fragte sie: »Und wie geht’s Detlef?«
Ich hatte keine Ahnung. Ich
wußte nur, daß er manchmal mit Benedikt mittagessen geht, aber er redet mit
Benedikt nur über Geschäftliches. Benedikt meint, Detlef sei ihm gegenüber
verschlossen, aus Neid über Benedikts besondere Beziehungen zum Chef. Das sagte
ich ihr natürlich nicht. »Er hat mit Benedikt nicht darüber gesprochen, warum
ihr euch getrennt habt.«
Sie lachte. »Er erzählt allen,
daß ich ihn für meine Karriere geopfert habe. Und ich kann dem nur hinzufügen,
daß ich ihn gern geopfert
Weitere Kostenlose Bücher