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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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sich
noch ein wenig inniger an meine Halsschlagader.
    »Kommen Sie ja nicht auf dumme
Gedanken, mein Hübscher«, warnte Marge. »Sie wollen doch sicher nicht, daß
Bennys neuer Wagen blutig wird, oder?«
    »Ich mag überhaupt kein Blut«,
stammelte ich.
    »Dann bleiben Sie am besten so
sitzen, hübsch brav und ganz entspannt«, kicherte sie. »Sie sind ein netter
Kerl, wußten Sie das schon? Wir könnten viel Spaß miteinander haben.«
    »Bestimmt«, erwiderte ich
vorsichtig. »Aber Ihr dummes Messer kühlt mich ständig ab.«
    »Das macht die Sache ja gerade
so spannend«, meinte sie. »Wenden Sie mir mal den Kopf zu, aber ganz langsam,
ja?«
    Ich tat ihr den Gefallen, weil mir
keine andere Wahl blieb, und blickte ihr geradewegs in die Augen. Sie waren
weit geöffnet, wie bei einem Schlafwandler. Langsam neigte sie den Kopf, bis
sich ihre heißen, trockenen Lippen auf meine preßten. Ihre freie Hand
streichelte einen Moment lang mein Gesicht, und dann gruben sich ihre Nägel
gemächlich und mit ständig wachsendem Druck in meine Wange. Jetzt hatte ich die
Wahl: Entweder konnte ich den Kopf bewegen und mir den Hals durchschneiden
lassen, oder ich konnte stillhalten, während sie mich küßte und mich dabei genüßlich zu Tode kratzte.
    Etwa zwei Minuten lang duldete
ich, während Marge immer mehr in Erregung geriet. Dann wurde die Tür an meiner
Seite plötzlich aufgerissen und Benny knurrte: »Raus!«
    Neben ihm stand ein
kahlköpfiger Mensch in fleckigem Arbeitshemd und formlosen Leinenhosen; der
Gürtel war fest um den Hängebauch geschlungen. Seine kleinen Augen blickten
besorgt drein, und seine Kinne zitterten nervös, als er das Messer in Marges Hand gewahrte.
    »Du erinnerst dich doch an
Harry Keeno , Marge?« fragte Benny höflich.
    »Selbstverständlich«, sagte
sie. »Earl mag ihn besonders gern. Ohne Earl säßen Sie jetzt im Loch, stimmt’s,
Harry?«
    »Darüber brauchen wir doch gar
nicht zu reden, Miss Harvey«, jammerte Keeno kläglich. »Earl weiß, ich bin in Ordnung. Er braucht nur zu sagen, was er von
mir will, das genügt schon.«
    »Ich habe es ihm soeben
mitgeteilt«, sagte Benny leise. »Harry hat einen wirklich tollen Vorschlag
unterbreitet, du wirst dich totlachen, Marge.«
    »Das käme auf einen Versuch
an«, meinte sie kühl.
    »Warten wir ab, bis wir dort
sind«, meinte Benny. »Das Messer steckst du jetzt lieber weg, Marge; dann
hängst du dich bei Boyd ein, ja? Es soll aussehen, als hättet ihr beide einen
Mordsbummel vor. Harry kann uns den Weg zeigen, und ich bleibe euch dicht auf
den Fersen.« Er sah mich einen Augenblick an. »Wenn Sie etwas versuchen, mein
Freund, irgend etwas — dann gibt es eine Kugel ins
Kreuz. Verstanden?«
    »Ich verstehe Sie überdeutlich,
mein Herr«, antwortete ich ergeben.
    Marges Kleid wurde flüchtig
angehoben, das Messer verschwand, dann ergriff sie meinen Arm und klebte sich
an mich, als sei ich der einzig wahre Mann in ihrem Leben. Wir folgten dem
Dicken auf den Rummelplatz, mit Benny im Kielwasser.
    Der Platz war recht groß, der
Weg entsprechend weit. Ein paar Teenager zogen an uns vorbei, ineinander
vertieft und dem Rest der Welt gegenüber absolut gleichgültig. Das Riesenrad
drehte sich langsam und quietschend, die meisten Gondeln waren leer. Die
Karussellpferde neigten und hoben die Köpfe wie bei einer traurigen Prozession;
etwa ein halbes Dutzend Kinder klammerte sich an ihre Hälse.
    Harry Keeno wandte den Kopf und sah drein, als müsse er sich bei uns entschuldigen.
»Schlechter Abend, heute«, sagte er. »Es wird schon zu kalt. Aber ihr solltet
mal sehen, was samstags abends los ist.«
    »Machen Sie sich keine
Gedanken, Harry«, sagte Marge. »Es gefällt uns sogar sehr gut so.«
    »Sicher«, sagte er erbleichend
und wandte seinen Glatzkopf schleunigst wieder nach vorn.
    Ein paar Meter weiter
passierten wir einen großen Teich, auf dem Papierbecher herumschwammen und in
dessen Mitte eine buntbeleuchtete Fontäne sprudelte. Wir wurden der Reihe nach
rosa, blau und grün, dann waren wir dran vorüber. Je weiter der Weg führte,
desto stiller wurde es, und zwischen den hellen Flecken gab es auch viele
dunkle, wo die Budenbesitzer entweder schon Feierabend gemacht hatten oder
überhaupt ein Loch gähnte. Endlich machte Keeno vor
einem dunklen Eingang halt und lehnte sich gegen ein verlassenes
Kassenhäuschen.
    »Da wären wir«, sagte er
unbehaglich.
    Wir blieben stehen und sahen
ihn an. Marge klammerte sich immer noch fest an meinen Arm,

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