Der Mann im Karton
andere an ihr in Bewegung geriet, das blieb mir ein Rätsel — aber
jedenfalls schaffte sie es.
Dann weitete sich der enge
Kanal mit einem Mal, und wir glitten über den Teich. Aus dem Augenwinkel sah
ich die regenbogenbunte Fontäne in der Mitte Kaskaden versprühen, und ich sagte
mir, daß mir bestenfalls noch eine halbe Minute blieb.
Ich schlang die Arme fester um
Marge, preßte sie mit vorgetäuschter Leidenschaft an mich, was sie zu wonnigem
Gestöhne veranlaßte. Meine Hände begannen zu wandern, und als das Boot wieder
einmal anhielt, ließ ich meine Rechte über ihre Hüfte abwärts bis in die Kniekehlen
gleiten.
Schweiß badete meine Brust,
während ich aufs Weiterfahren wartete. Und dann, als sich das Boot in Bewegung
setzte, warf ich ruckartig den Kopf zurück und verstärkte gleichzeitig meinen
Griff an ihren Knien, die ich ebenso plötzlich und kraftvoll hochriß .
Marge stieß einen spitzen
Schrei aus und fiel rückwärts, mein Arm bog ihr die Beine über den Kopf, worauf
sie hinterrücks aus dem Boot fiel. Die Messerspitze ritzte meinen Hals ein ganz
klein wenig auf, dann fiel ihr das Messer aus der Hand und blieb im Boot
liegen.
Es klatschte und spritzte, und
Marge verschwand unter Wasser. Aber ihr Kopf tauchte gleich wieder auf, sie
ruderte wie wild mit den Armen und versank erneut. Das Boot hielt nun neben der
beleuchteten Fontäne, während Marges feuchtes Haupt
zum zweitenmal aus den Fluten emporwuchs.
»Ich kann nicht schwimmen!«
kreischte sie und fuchtelte mit den Armen. »Ich kann nicht...« Das Wasser
verschloß ihr den Mund.
Ich hob das Messer auf und
steckte es in den Gürtel, dann tauchte ich in den Teich, derweil das Boot
wieder weiterglitt. Ein halbes Dutzend Stöße brachten mich zu dem Fleck, wo ich
Marge zuletzt gesehen hatte; in dem etwa zwei Meter tiefen Wasser war sie ja
leicht zu finden. Ich packte sie am Genick und zog ihr den Kopf an die frische
Luft. Ihre furchterfüllten Augen starrten mich stumpfsinnig an — und ich konnte
der Versuchung nicht widerstehen.
»Entschuldigen Sie vielmals«,
sagte ich höflich. »Wissen Sie, wann das nächste Boot geht?«
Es trudelte ein paar Sekunden
später an, und als es hielt, schob ich Marge hinein und kletterte dann
hinterher. Während wir um die Fontäne herumglitten, setzte ich mich und zog sie
auf meinen Schoß. Mit einem Arm hielt ich ihren Kopf, mit der anderen Hand
setzte ich ihr das Messer an die Kehle.
»Nun passen Sie mal gut auf«,
schnarrte ich ihr ins Ohr. »Ich habe Sie nur aus einem einzigen Grund aus dem
Wasser gezogen — Sie sind meine Rückfahrkarte. Im übrigen sind Sie mir so lieb wie Hänsel und Gretels Hexe, und ich würde Ihnen mit
höchstem Vergnügen den Hals abschneiden! Sie tun, was ich sage, oder Sie sind
mausetot. Verstanden, Marge?«
Sie klapperte mit den Zähnen,
als wolle sie etwas sagen, habe aber das Sprechen verlernt. Ich verstärkte den
Messerdruck ein bißchen, und daraufhin fand sie ihre Stimme wieder.
»Schon gut!« keuchte sie.
»Alles, was Sie wollen — Sie brauchen es nur zu sagen.«
»Prima«, meinte ich. »Die
Vierzig können Sie ja nicht mehr feiern, Marge, aber wenn Sie sich richtig
benehmen, haben Sie immerhin die Chance, den Fünfzigsten zu erleben.«
Der Teich verengte sich wieder
zu einem Kanal, es folgten weitere Grotten, Stationen und Fahrstrecken, aber
endlich tauchte auch der Landesteg wieder vor uns auf. Benny und Keeno warteten dort, sie schauten besorgt drein, als das
Boot auf sie zu glitt.
Bennys Augen weiteten sich
ungläubig, und seine Hand tauchte ins Jackett.
»Nimm sie ganz langsam wieder
heraus«, befahl ich, »oder du mußt dir eine Erklärung für Harvey ausdenken,
wieso seine Schwester plötzlich ohne Kopf herumläuft.«
Das Boot hielt neben dem Steg,
ich schubste Marge hinaus und blieb unmittelbar hinter ihr, das Messer immer
noch fest an ihren Hals gedrückt. Benny zog ganz langsam seine Pistole und ließ
sie auf die Holzdielen fallen.
»Du benimmst dich wirklich wie
ein Boss«, erklärte ich ihm, »was ich von deinem Chef nicht unbedingt behaupten
kann. Man stelle sich vor, diese Tante auf einen Boyd loszulassen! Da hätte er
aber schlauer sein müssen. So, und nun die Wagenschlüssel.«
Die Schlüssel gesellten sich
zur Pistole. Ich nahm das Messer von Marges Kehle und
schleuderte sie so kräftig von mir, daß sie mit Benny zusammenprallte — wodurch
mir genügend Zeit blieb, in Ruhe Schlüssel und Kanone aufzuheben.
Harry Keeno beobachtete mich
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