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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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die ganze Zeit über aus verängstigten Augen. Ich deutete mit
der Pistole auf ihn, und seine Knie zitterten wie einem Truthahn der Kehlsack
vor Weihnachten. »Steig ins nächste Boot, mein Freund«, bedeutete ich ihm. »Wie
du ja selber gesagt hast — so eine Fahrt macht ungemein viel Spaß.«
    Er kletterte eilig ins nächste
Boot, das am Landesteg hielt, und wurde in die Dunkelheit entführt. Ich hieß
Benny, sich auszuziehen. Als er in Shorts vor mir stand, beorderte ich ihn ins
nächste Boot. Und dann sah ich Marge an.
    Ihre Haare waren strähnig und
das Seidenkleid klebte ihr am Körper wie eine zweite Haut. Sie zitterte
unablässig, und ihre Nase leuchtete schon rötlichblau.
    »Ich möchte nicht, daß du dich
erkältest, Liebste«, meinte ich leutselig, dann packte ich sie am Handgelenk
und riß sie aus dem Gleichgewicht, so daß sie Benny stolpernd in den Schoß
stürzte — gerade als das Boot abfuhr. Langsam verschwanden sie im dunklen
Kanal. Noch etwa eine halbe Minute konnte ich Benny fluchen hören.
    Meine Uhr lief noch und
erfüllte in der Tat die Wasserdichtgarantie. Ich schlüpfte aus meinen nassen
Sachen und benutzte Bennys Taschentuch, zum Trockenreiben. Dann zog ich seine
Klamotten an und blickte wieder prüfend auf die Uhr. Das Boot war jetzt vier
Minuten unterwegs, und deshalb mußte es nun mitten auf dem See schwimmen.
    Die Schalttafel besaß auch eine
Hauptsicherung. Ich drückte auf den Knopf, und — die Technik ist ja doch eine
feine Sache — es funktionierte! Das blaue Licht verlöschte, und das Geklirr der
Boote verstummte abrupt. Ich verließ den Liebestunnel und verschloß sorgsam die
Tür in der Bretterfassade, ehe ich mich schleunigst auf den Weg machte.
    Etwa fünf Minuten später stieg
ich in Bennys Wagen und ließ den Motor an. Im allgemeinen werde ich ja nicht
von Visionen heimgesucht, aber in diesem Augenblick schwebte mir doch eine vor,
die mich selig lächeln machte. Ich brauchte nur die Augen zu schließen, dann
sah ich sie, bewegungslos mitten auf dem Teich in der Dunkelheit. Marge mußte
inzwischen halbtot durch Unterkühlung sein, und gewiß erkannte sie, daß es nur
eine Möglichkeit gab, sich vor dem Erfrieren zu retten. Da stand Benny einiges
bevor.
     
     
     

8
     
    Kurz vor Mitternacht drückte
ich auf den Klingelknopf an Margot Lynns Wohnung. Nach dem vierten Versuch
meldete sie sich. Sie blickte schläfrig drein, als habe ich sie aus tiefem
Schlaf geweckt, und trug ein Nachtgewand aus champagnerfarbener Seide mit
feinen Spitzen am Oberteil.
    »Oh«, murrte sie. »Du bist es.«
    Ich hielt nach dem
Willkommenslächeln Ausschau, aber sie gähnte nur laut, was die leichte
Innenwölbung ihrer Wangen noch verstärkte. Nun ja, vielleicht war sie krank.
    »Hat es nicht Zeit bis morgen
früh?« fragte sie unwirsch.
    »Nein!« Ich marschierte an ihr
vorüber in die Wohnung.
    Margot schmetterte die Tür zu.
    »Jetzt reicht es mir aber,
Danny«, erklärte sie böse. »Aufgeweckt hast du mich schon — jetzt tu mir den
Gefallen und geh nach Hause, damit ich mich wieder ins Bett legen kann. Der Tag
war schlimm genug, aber die Premiere morgen abend wird noch härter; deshalb muß ich mich ausschlafen.« Sie holte tief Luft. »Alles
zu seiner Zeit, aber nicht heute abend — wenn ich so
deutlich werden muß?«
    »Es dauert ja nicht lange«,
erklärte ich ihr. »Ich will mich lediglich ein ganz klein wenig unterhalten und
ein Schlückchen trinken.«
    Sie sank ermattet auf die
Couch. »Mein Gott! Du hast eine Haut wie ein Elefant. Meinetwegen, aber mach’s
kurz, ja?«
    Ich ging zur Hausbar und maß
mir einen ausführlichen Bourbon on the rocks ab, trug ihn zur Couch und setzte mich neben sie.
Margot blitzte mich an, die Arme unter der Brust verschränkt, so daß die
Sektseide sich fest darüber spannte.
    »Ich gebe dir fünf Minuten«,
sagte sie eisern.
    Ich schilderte kurz einen
Alltag im Leben von Danny Boyd — von Donna Alberta im Waldorf über Rex Tybolt im Dampfbad bis zu Earl Harvey in seinem Büro, dazu als
Höhepunkt die Fahrt durch den »Liebestunnel«, mit Marge als Gesellschafterin
und Benny als Fahrdienstleiter.
    Ihre dunklen Augen waren
hellwach, als ich zu Ende war.
    »Danny!« Sie quetschte leidenschaftlich
meinen Arm. »Das ist ja schrecklich! Warum gehst du denn nicht zur Polizei?«
    »Ich brauche erst Beweise«,
sagte ich. »Ich nehme an, daß Harvey Donna Alberta, Tybolt und dich erpreßt hat, für ihn zu singen. Donna wurde widerspenstig, deswegen
ließ er zur

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