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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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während Benny vor
uns hin trat.
    »Ich sag’ dir ja, es ist
wirklich toll«, meinte er und grinste mit seinem Babygesicht. »Die Antwort auf das
Gebet einer Jungfrau, Marge. Die Bude wurde heute früh zwecks Überholung
geschlossen, und es wird ein paar Tage dauern, bis sie wieder eröffnet wird.
Stimmt’s, Harry?«
    »Ja.« Keenos Kinne schwabbelten mitleiderregend. »Es stimmt.«
    »Der ideale Platz, unseren
Freund zu einer Fahrt einzuladen«, erklärte Benny fröhlich. »Wenn du mit ihm
fertig bist, Marge, kannst du ihn einfach über Bord werfen. Vielleicht taucht
er dann nie wieder auf.«
    »Ich verstehe nicht ganz«,
sagte Marge bissig. »Was ist denn das für ein Bau?«
    Benny schüttelte sich ein
Weilchen vor stummem Lachen, ehe er antworten konnte. »Und ich dachte, du
hättest es schon längst erraten«, gurgelte er. »Das ist der
>Liebestunnel    »Kommt doch rein«, sagte Keeno mit einigem Stolz in der Stimme. »Ich habe ihn
wirklich dufte herrichten lassen, mit Grotten auf der ganzen Route, einer
Fontäne mitten im See und so weiter.«
    Er schloß die Tür in der
Bretterfassade auf, und wir folgten ihm hinein. Ich wartete, Bennys Kanone im
Rücken, während Keeno in der Dunkelheit nach dem
Lichtschalter suchte. Dann beleuchtete mattes Blaulicht den Anlegesteg, und
unter uns begann ein Motor zu rumoren, der die ganze Anlage in Betrieb setzte.
Es klirrte und klapperte ein bißchen, dann tauchte aus dem Dunkeln ein leeres
Boot auf und schaukelte zum Landesteg vor unseren Füßen. Ein paar Augenblicke
darauf ging das Geklapper von neuem los, das Boot glitt durch den schmalen
Kanal und entschwand wieder in der Dunkelheit.
    »Funktioniert alles
automatisch«, erläuterte Keeno . »Jedes Boot hält
fünfzehn Sekunden am Steg — Zeit genug für das Volk zum Einsteigen. Alle Boote
hängen an einem Kreislauf; auf diese Weise machen sie unterwegs auch reichlich
oft Station.« Er grinste. »Aber darüber hat sich noch keiner beschwert.«
    »Die Fahrt dauert insgesamt
zehn Minuten«, sagte Benny. »Stimmt das, Harry?«
    »Stimmt.« Keeno nickte.
    »Der Kanal ist etwa einen Meter
zwanzig tief«, fuhr Benny mit sanfter Stimme fort. »Ausgenommen der See in der Mitte
— der ist etwa zwei bis zweieinhalb Meter tief, stimmt’s, Harry?«
    »Stimmt«, meinte Keeno . »Es ist hübsch dort, mit der Fontäne mitten drin und
dem verschiedenen Licht und so weiter...«
    »In vier Minuten erreicht man
den Teich«, fügte Benny hinzu. »Ist dir das recht, Marge?«
    Sie benetzte die Lippen, ehe
sie antwortete. »Hört sich sehr gut an«, flüsterte sie. »Bringt ihn ins Boot.«
    Mit Bennys Kanone an der
Schläfe blieb mir keine andere Wahl. Sobald das nächste Boot anlegte, stieg ich
hinein und setzte mich auf das harte achtere Bänkchen. Einen Augenblick später nahm Marge neben mir Platz, drückte ihr
Messer an meinen Hals — wo es noch genau in die alte Delle paßte .
Das Geklirr hub wieder an, und das Boot bewegte sich langsam vorwärts.
    »So long ,
großer Boss!« Benny kicherte.
    Der Kanal war etwa einszwanzig breit, die Ränder waren glatt verputzt. Wir
glitten gemächlich in die ägyptische Finsternis, dann hielt unser Boot an.
    »Nimm mich in die Arme,
Geliebter«, wisperte Marge drängend. »Halt mich fest, ganz fest!«
    Ich tat wie geheißen, denn die
scharfgewetzte Klinge an meiner Schlagader unterstrich ihren Wunsch allzu
nachdrücklich. Es klapperte wieder, und das Boot schaukelte weiter, passierte
die erste Grotte — aus Gips mit Plastikfarnen und einem anämischen Wasserfall,
das Ganze grün beleuchtet.
    »Dir bleibt nicht mehr viel
Zeit, Geliebter«, verkündete Marge mit schwerer Zunge. »Willst du sie nicht
besser nutzen?«
    Ihre trockenen, verzehrenden
Lippen schlossen mir den Mund, derweil tief aus ihrem Hals leise Geräusche wie
bei einem Truthahn drangen. Der Alptraum der Autofahrt wiederholte sich, nur
waren wir diesmal der Endstation schon bedeutend nähergerückt .
Sobald wir in der Mitte des Teiches anlangten, würde sie ihr Messerchen in
Aktion treten lassen und mich anschließend den zwei bis zweieinhalb Meter
tiefen Fluten überantworten. Nun meinte sie wohl, sie müsse mir so etwas wie
eine Henkersmahlzeit gewähren.
    Scheinbar endlos folgten die
Stationen und Fahrstrecken aufeinander, während das Boot dem kleinen See immer
näherschaukelte — und das einzig Reale war der kalte Stahl an meinem Hals. Wie
sie es fertigbrachte, die Klinge derart eisern an einer Stelle zu halten,
während alles

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