Der Mann im Karton
Warnung ihren Pekinesen umbringen. Daraufhin hat sie sich Paul
Kendall anvertraut, und der hat Folgerungen angedroht. Harvey sah keine andere
Möglichkeit, sie zu vermeiden, als einen Mord.«
»Und woher willst du die
Beweise nehmen?« fragte sie.
» Tybolt hat mir von der Geschichte in Acapulco erzählt, weil er hoffte, ich könne
vielleicht die Fotos an Land ziehen«, sagte ich düster. »Aber ich habe sie
nicht bekommen, und deshalb wird er vor der Polizei nicht aussagen, sondern
alles leugnen. Was ich brauche, ist eine unterschriebene Aussage von einem
Opfer Harveys. Es sieht so aus, als hättest du das große Los gezogen, Margot.«
Ihre Augen verloren schlagartig
jeden Ausdruck, und sie rückte von mir weg bis zur Seitenlehne der Couch.
»Tut mir leid, Danny«, sagte
sie ohne jegliche Betonung. »Aber das ist ausgeschlossen.«
»Bist du nicht bei Sinnen? Du
hast mich beauftragt, den Mörder zu finden, aus Angst, weil Leutnant Chase dich
oben auf seine Verdächtigenliste gesetzt hat. Und nun
habe ich den Täter entdeckt. Um den Fall abzuschließen, brauche ich nichts
weiter als deine unterschriebene Aussage!«
Sie schüttelte entschlossen den
Kopf. »Nein, du mußt es irgendwie anders schaffen.«
»Verdammt noch mal!« sagte ich
erbittert. »Es geht nicht anders, siehst du das denn nicht ein?«
»Dann laß dir etwas einfallen«,
meinte sie schnippisch. »Wenn du Wert darauf legst, auch die zweiten tausend
Dollar zu kassieren.«
Ich leerte mein Glas und stand
auf. »Okay. Wenn du nicht mitmachst, dann bleibt mir nicht mehr viel zu tun.
Ich sehe überhaupt nur noch eine Chance: Donna Alberta.« Mein Lachen schien mir
sogar selber recht humorlos. »Aber die läßt mich nicht mal mehr zur Tür
hinein.«
»Das ist deine Sache«,
erwiderte Margot ungerührt. »Sieh zu, wie du damit fertig wirst.«
»Warte mal.« Ein Geistesblitz
erhellte mich. » Kasplin ist doch ihr Manager — er muß
darüber Bescheid wissen! Vielleicht kann ich ihn zum Mitspielen überreden?«
»Warum probierst du es nicht
mal mit ihm?« fragte sie honigsüß.
»Ich weiß leider nicht, wo ich
ihn außerhalb der Bürozeit auftreiben kann. Meinst du vielleicht, er verkriecht
sich nachts unter seinem Schreibtisch?«
»Es ist mir ein Vergnügen, dich
mit Treibstoff für deine nächste Fahrt zu versorgen, Danny«, erklärte sie mit
säuerlichem Lächeln. » Kasplin wohnt in einem Hotel
auf der West Side — im San Miguel.« ,
»Besten Dank«, meinte ich.
»Vielleicht habe ich Glück, und er tut mir den Gefallen.«
Margot erhob sich von der
Couch, ging zu ihrem Schreibsekretär und nahm ein Kuvert aus der oberen
Schublade. Sie kam zurück und reichte es mir.
»Was ist denn das?« Ich beäugte
den Umschlag argwöhnisch. »Der Abschiedsbrief einer Mezzosopranistin?«
Sie lächelte schläfrig. »Deine
Karte für die morgige Premiere. Ich möchte keinesfalls, daß du sie versäumst.«
Ich blieb an der Wohnungstür
stehen und unternahm einen letzten Versuch.
»Es wäre in jedem Fall viel
leichter für mich, wenn du etwas unterschreiben würdest, was ich der Polizei
vorlegen kann. Was hält dich davon ab?«
Margot seufzte. »Ich fürchte,
du wirst es nie begreifen. Meine Karriere bedeutet mir mehr als alles andere,
sie ist für mich das Leben überhaupt, Danny. Und ich werde sie weder für dich
noch für die Polizei noch für sonst jemand aufs Spiel setzen. Du hast recht,
Harvey hat mich erpreßt, für ihn zu singen, aber wenn sein Material je
veröffentlicht würde, wäre es das Ende meiner Karriere. Und dieses Risiko gehe
ich nicht ein.«
»Okay«, sagte ich. »Natürlich
bist du im Unrecht, aber ich werde nicht mehr versuchen, dich davon zu
überzeugen.«
»Das freut mich. Sonst käme ich
nämlich nie mehr in mein Bett.« Und dann machte sie mir die Tür sanft vor der
Nase zu.
Ich fuhr mit Bennys Wagen durch
die Stadt und stellte ihn direkt hinter meinen, der noch dort stand, wo ich ihn
geparkt hatte. Ich ließ Bennys Zündschlüssel stecken und sagte mir, wenn es
eine Gerechtigkeit auf Erden gab, würde einer den Wagen stehlen. Dann stieg ich
in mein eigenes Auto und nahm Kurs auf das San Miguel.
Die Fassade des Hotels war müde
und traurig wie eine alte Dame. Auch drinnen sah es recht schäbig aus. Ich
wanderte zum Empfang und stützte einen Ellbogen von Bennys italienisch-engem
Anzug auf den Tisch — aber die Falten würden Benny ja nicht mehr stören.
Der Mensch hinter dem Pult hatte
sich die Haare schwarz gefärbt und den
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