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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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überraschender Eile auf sie zu, schloß hinter sich ab und rüttelte noch einmal an der Tür, um sicherzugehen, daß sie auch wirklich verschlossen war. Zu seiner großen Überraschung hörte Muller würgende Geräusche und dann etwas, was wie trockenes Schluchzen klang. Er wollte gerade die Verkehrsstation davon verständigen, daß der Lotse erkrankt sei, als die Tür sich einen Spalt öffnete und Christiansen mit schwacher Stimme sagte: „Könnten Sie mir bitte meinen Helm reichen, Mr. Muller?“
    Muller kam der Bitte nach.
    „Ich kehre am besten zur Station zurück, Mr. Muller.“
    „Es tut mir leid, daß es zu so etwas kommen mußte. Lieber Gott, ich hoffe nur, ich habe keine ansteckende Krankheit mitgebracht.“
    „Ich … ich bin nicht krank. Ich fühle mich einfach … einfach elend.“ Christiansen befestigte rasch den Helm an der Halswinde. „Es ist mir ein Rätsel, am liebsten würde ich mich irgendwo verkriechen und drauflosheulen. Bitte, lassen Sie mich gehen, Mr. Muller. Es … ich … das geht … ich kann es nicht länger aushalten. Ja, genauso geht es mir!“ Er rannte zur Luke. Bestürzt sah Muller zu, wie er den leeren Raum zur nahen Verkehrsstation durchquerte.
    Muller trat an das Funkgerät. „Senden Sie mir keinen zweiten Piloten“, erklärte er dem Kontrollbeamten. „Christiansen brach sofort hilflos zusammen, als er den Helm abnahm. Möglicherweise habe ich einen Krankheitserreger eingeschleppt. Wir wollen uns lieber vergewissern.“
    Der Kontrollbeamte machte eine unglückliche Miene, stimmte aber zu. Er bat Muller, in die medizinische Abteilung zu gehen, sich dort an den Diagnostat anzuschließen und so bald wie möglich die Ergebnisse durchzugeben. Wenig später erschien das ernste, schokoladenfarbene Gesicht des Stationsarztes auf Mullers Bildschirm. Er sagte: „Sehr, sehr merkwürdig, Mr. Muller.“
    „Was denn?“
    „Ich habe Ihre Diagnostatergebnisse in unsere Anlage eingespeist. Keinerlei unübliche Symptome sind zu erkennen. Ich habe auch Christiansen untersuchen lassen – mit dem gleichen Ergebnis. Er behauptet, sich jetzt wieder gut zu fühlen. Er sagte mir, daß er in dem Augenblick, als er Ihnen gegenübertrat, von akuten Depressionen befallen worden sei, die sich rasch zu einer Art Paralyse des ganzen Metabolismus ausgeweitet hätten. Mit anderen Worten, er habe sich so scheußlich gefühlt, daß er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.“
    „Neigt er zu solchen Depressionen?“
    „Nein, eigentlich nie“, antwortete der Mediziner. „Ich würde mich gern selbst davon überzeugen. Darf ich zu Ihnen kommen?“
    Der Arzt brach nicht wie Christiansen vor Schmerz zusammen. Aber er blieb auch nicht lange, und als er ging, rannen ihm Tränen über das Gesicht. Die Sache verblüffte ihn genauso wie Muller. Als der neue Pilot zwanzig Minuten später erschien und dem Schiff den richtigen Kurs für die Landung auf der Erde eingab, legte er den Helm nicht ab. Er saß stocksteif an den Kontrollen und kehrte Muller den Rücken zu. Er sprach während des ganzen Fluges kein einziges Wort und schien Mullers Anwesenheit kaum wahrzunehmen. Wie die Vorschriften es verlangten, bremste er das Schiff in einer großen Schleife ab, bis es in den Wirkungsbereich des auf der Erde stehenden Landungsregulators gekommen war. Danach verließ er unverzüglich das Schiff. Muller sah das Gesicht des Mannes: angespannt, schweißglänzend, zusammengepreßte Lippen. Der Lotse nickte kurz und verschwand durch die Luke. Ich muß einen scheußlichen Geruch ausströmen, dachte Muller, daß er mich selbst durch einen Schutzanzug hindurch riechen kann.
    Die Landung wurde automatisch vorgenommen und war reine Routine.
    Am Raumhafen gelangte er rasch durch die Kontrollen. Die Entscheidung über seine Einreiseerlaubnis wurde schon nach einer halben Stunde gefällt. Muller, der solche Computeruntersuchungen schon hunderte Male mitgemacht hatte, sagte sich, daß er mit dreißig Minuten so etwas wie einen neuen Rekord aufgestellt hatte. Er hatte befürchtet, das riesige Raumhafendiagnostat würde auf das seltsame Leiden stoßen, das sein eigenes Gerät und der Arzt auf der Verkehrsstation nicht hatten entdecken können. Aber er durchlief ohne Schwierigkeiten die Anlage: Er ließ sich mit Schallwellen duschen und sich diverse Proben entnehmen, aber nach einiger Zeit hatte er diese Untersuchung hinter sich gebracht, ohne daß Klingeln schrillten oder Warnlämpchen zu blinken anfingen. Genehmigt. Als

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