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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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mich Ned genannt. Sie erinnern sich also an mich?“
    „Ein wenig. An deinen Vater kann ich mich besser erinnern.“ Muller wandte sich ab und hustete. Er steckte eine Hand in die Tasche. Dann hob er den Kopf, und die untergehende Sonne glitzerte unheimlich auf seinem Gesicht und färbte es orangerot. Er machte eine rasche, abgehackte Handbewegung. „Geh fort, Ned. Sag deinen Freunden, daß ich nicht gestört werden möchte. Ich bin ein sehr kranker Mann und möchte allein sein.“
    „Krank?“
    „Ich leide an einer mysteriösen Krankheit, einer Art Seelenfäulnis. Paß auf, Ned, du bist ein lieber, netter Junge, und ich habe deinen Vater sehr gemocht. Aber ich möchte nicht, daß du in meiner Nähe bist. Du wirst es nämlich bereuen. Ich will dir damit keineswegs drohen, sondern nur eine Tatsache feststellen. Geh weg von mir. Geh ganz weit weg.“
    „Lassen Sie sich nicht abweisen“, erklärte ihm Boardman. „Gehen Sie näher an ihn heran. So weit, bis es kaum noch auszuhalten ist.“
    Rawlins trat unsicher einen Schritt vor, dachte dabei an die Waffe in Mullers Tasche und erkannte in den Augen seines Gegenübers, daß er sich nicht allzu sehr auf dessen logisches Denkvermögen verlassen durfte. Er verkürzte die Distanz um zehn Prozent. Die Wucht der negativen Strahlen schien sich dadurch zu verdoppeln.
    Er sagte: „Bitte schicken Sie mich nicht fort, Mr. Muller. Ich möchte doch bloß freundlich sein. Mein Vater würde es mir nie verziehen haben, wenn er herausgefunden hätte, daß ich Sie hier überraschenderweise getroffen hätte, ohne Ihnen meine Hilfe anzubieten.“
    „Würde nicht? Herausgefunden hätte? Was ist denn mit Ihrem Vater?“
    „Er ist gestorben.“
    „Wie? Wann denn und wo?“
    „Vor vier Jahren, auf Rigel XXII. Er arbeitete gerade daran mit, eine Kurzstrahl-Verbindung zu errichten, mit der die Rigel-Welten untereinander verbunden werden sollten. Eines Tages kam es zu einer Störung in einem der Verstärker, und dabei polte die Spannung um. Vater hat die ganze Ladung abbekommen.“
    „Großer Gott, er war noch so jung.“
    „In einem Monat wäre er fünfzig geworden. Wir wollten alle zum Rigel-System fliegen, um ihn dort zu besuchen und ihm zu gratulieren. Als Überraschung sozusagen. Statt dessen bin ich dann alleine hingeflogen, um seine Leiche zu überführen.“
    Mullers Gesicht verlor etwas von seiner Schärfe. Die Unruhe in seinen Augen ließ etwas nach. Die Lippen waren nicht mehr so zusammengepreßt. Es war ganz so, als hätte ihn das Leid eines anderen für einen Moment von seiner eigenen Pein abgelenkt.
    „Gehen Sie näher an ihn heran“, befahl Boardman.
    Ein Schritt vor … als Muller das nicht zu bemerken schien, noch einen. Rawlins spürte Hitze. Keine normale, sondern eine psychische Hitze, ein Feuerhauch wie aus einem Hochofen, entstanden aus richtungslosen Emotionen. Ned zitterte vor Furcht. Er hatte nie wirklich daran geglaubt, daß das, was die Hydrier Richard Muller angetan hatten, so elementar der Wahrheit entsprach. Ned war viel zu stark im pragmatischen Geist seines Vaters erzogen worden. Wenn man etwas im Labor nicht reproduzieren konnte, dann existierte es nicht. Was sich nicht graphisch darstellen ließ, das gab es nicht. Was nicht in einem Stromkreislauf floß, besaß auch keine Existenz. Wie sollte es möglich sein, ein menschliches Wesen so zu ändern, daß es seine eigenen Emotionen ausstrahlte? Kein Schaltkreis konnte so etwas. Und dennoch spürte Rawlins die Ausläufer dieser Ausstrahlungen.
    „Was tust du denn hier auf Lemnos, mein Junge?“ fragte Muller.
    „Ich bin Archäologe.“ Die Lüge wollte ihm nur mit Mühe über die Lippen. „Dies ist meine erste Felduntersuchung. Wir sind gekommen, um das Labyrinth vollständig zu kartographieren.“
    „Zufälligerweise ist das Labyrinth mein Heim. Ihr stört hier.“
    Ned stockte.
    „Sagen Sie ihm, Sie hätten nicht gewußt, daß er sich hier aufhalte“, flüsterte Boardman ihm zu.
    „Wir hatten keine Ahnung, daß jemand hier lebt“, sagte Rawlins. „Woher hätten wir auch wissen sollen …“
    „Ihr habt Eure verdammten Roboter hereingeschickt, nicht wahr? Seit Ihr hier jemanden entdeckt habt – jemand, von dem Ihr verdammt gut wußtet, daß er keine Gesellschaft um sich haben will …“
    „Ich verstehe nicht ganz“, sagte Rawlins. „Wir nahmen an, Sie hätten hier Schiffbruch erlitten. Und da wollten wir Ihnen unsere Hilfe anbieten.“
    Wie leicht mir doch diese Lügen fallen, sagte er

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