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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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kam sich wie eine große, halbverrostete Maschine vor, die plötzlich wieder eingeschaltet worden war, nachdem man sie so viele Jahre in einer Ecke abgestellt hatte. „Ned“, sagte er. „Ned, ich, äh, ich möchte dir sagen, daß es mir leid tut. Aber du mußt verstehen, ich bin Menschen nicht mehr gewöhnt. Weiß … nicht … mehr umzugehen … mit … Menschen.“
    „Aber das macht doch nichts, Mr. Muller. Ich kann mir vorstellen, daß es für Sie nicht immer einfach war.“
    „Dick. Nenn mich Dick.“ Muller hob die Arme und streckte sie weit aus, so als wolle er Mondstrahlen einfangen. Ihm war plötzlich furchtbar kalt. An der Wand am Rand des Platzes tanzten und hüpften die Schatten der kleinen Tiere. Muller sagte: „Ich habe meine Einsamkeit schätzen gelernt. Man kann sogar Krebs begrüßen, wenn man ihn nur in bestimmten Stimmungen von der richtigen Seite her sieht. Paß auf, eins sollte von Anfang an klar sein: Ich bin freiwillig hierhergekommen. Es war kein Schiffbruch oder sonst was in der Art. Ich habe mir den Ort im ganzen Universum ausgesucht, wo ich am wenigsten gestört werden würde. Und hier habe ich mich verkrochen. Aber dann mußtet Ihr natürlich kommen, mit Euren raffinierten Robotern, und habt einen Weg hinein gefunden.“
    „Wenn Sie mich nicht hier haben wollen, dann gehe ich wieder“, sagte Rawlins.
    „Vielleicht wäre das das beste für uns. Nein. Warte. Bleib hier. Ist es sehr schlimm, auf so geringe Distanz bei mir zu stehen?“
    „Es ist nicht übermäßig gemütlich“, antwortete Ned, „aber es ist auch nicht so schlimm wie … wie … nun, das weiß ich auch nicht. Auf diese Entfernung fühle ich mich nur ein wenig niedergeschlagen.“
    „Weißt du warum?“ fragte Muller. „Aus der Art, wie du redest, Ned, schließe ich, daß du es weißt. Du gibst nur vor, nicht zu wissen, was mir auf Beta Hydri IV zugestoßen ist.“
    Rawlins lief rot an. „Nun, ich denke, daß ich wirklich ein wenig darüber weiß. Sie haben etwas an Ihrem Gehirn geändert, nicht wahr?“
    „Ja, das stimmt. Was du spürst, Ned, das bin ich. Meine verfluchte Seele, die undicht geworden ist und ausläuft. Du empfängst meine Gehirnströme, direkt aus meinem Kopf. Ist das nicht einmalig? Versuch doch, noch ein wenig näher zu kommen … dann weißt du erst richtig Bescheid.“ Rawlins zögerte. „So“, sagte Muller, „jetzt ist es schon stärker, nicht wahr? Jetzt ist die Dosis schon wesentlich stärker. Nun erinnere dich daran, wie es war, als du mir direkt gegenüber gestanden hast. Das war nicht so angenehm, was? Aus einer Entfernung von zehn Metern kann man es noch ertragen. Bei einer Distanz von einem Meter ist es nicht mehr zum Aushalten. Kannst du dir vorstellen, du hältst eine Frau in den Armen, während du solchen seelischen Unrat absonderst? Man kann eine Frau nicht aus zehn Metern Entfernung lieben. Zumindest ich kann das nicht. Setzen wir uns, Ned. Hier ist es sicher. Ich habe überall Detektoren angebracht, die mich warnen, falls eines von den unangenehmeren Tieren aufkreuzt. Aber in dieser Zone gibt es keine Fallen. Also setz dich.“ Er ließ sich auf den glatten, milchweißen Marmorboden nieder – der diesen Platz so sonderbar anheimelnd machte. Rawlins überlegte einen Augenblick, dann glitt er gewandt zu Boden und hockte sich im Schneidersitz hin. Ein Dutzend Meter von Muller entfernt.
    „Wie alt bis du, Ned?“ fragte Muller.
    „Dreiundzwanzig.“
    „Verheiratet?“
    Ein scheues Lächeln. „Leider nein.“
    „Eine Freundin?“
    „Es gab eine. Wir hatten eine Art Verlobungs-Kontrakt, haben ihn aber wieder aufgelöst, als ich diesen Job hier annahm.“
    „Ach. Nehmen Frauen an dieser Expedition teil?“
    „Nein, wir haben nur Mädchenwürfel“, sagte Rawlins.
    „Die sind aber lange nicht so gut, was, Ned?“
    „Hmmm. Wir hätten ja einige Frauen mitbringen können, aber …“
    „Was aber?“
    „Die Gefahren erschienen uns zu groß. Das Labyrinth …“
    „Wie viele Männer habt Ihr denn bislang verloren?“
    „Fünf, glaube ich. Ich wüßte gern mehr über die Wesen, die eine solche Anlage erbaut haben. Dahinter stecken gut fünfhundert Jahre Planung, um sie mit derart teuflischen Todesfallen zu spicken.“
    „Das reicht noch nicht“, sagte Muller. „Ich denke mir, es handelt sich bei diesem Irrgarten um das größte Werk, um den Triumph jener Rasse. Sie müssen sehr stolz auf eine solche Todesanlage gewesen sein. In ihr war die gesamte Essenz ihrer

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