Der Mann im Labyrinth
hatten. Wie sie wie im Raum lebende Superwale im Orbit kreisten und ihre grandiosen, unvergleichlichen Unternehmungen dirigierten und kontrollierten, während sie selbst gleichzeitig unfähig waren, auch nur den kleinsten Handgriff selbst zu tun. Er sah vor seinem geistigen Auge monströse Massen aus glitzerndem, rosafarbenen Protoplasma, frisch glitzernd aus dem Gasozean, wie ein Seeigel mit Empfangsorganen besetzt, die das ganze Spektrum aufnehmen konnten. Wie sie sich mit Röntgenstrahlen unterhielten. Mit Radiowellen Befehle übermittelten. Nein, dachte Muller, nein und nochmals nein.
„Ja und?“ sagte er nach einer langen Pause. „Warum erzählst du mir das? Sie leben in einer anderen Galaxie.“
„Nein, leider nicht mehr. Sie sind auf einige unserer Außenkolonien gestoßen. Weißt du, was sie machen, wenn sie eine Menschenwelt entdecken? Sie setzen eine Orbitalstation mit einem Aufseher darüber und bringen die Kolonisten unter ihre Kontrolle. Sie sind der Ansicht, daß sich aus Menschen hervorragende Sklaven machen lassen, was ja eigentlich nicht überraschen dürfte. Bis zu diesem Augenblick haben sie sechs unserer Welten ihrem Herrschaftsbereich einverleibt. Zeitweise besaßen sie auch eine siebte, aber wir haben den Aufseher vom Himmel geschossen. Seither haben sie einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die uns Gegenschläge erschweren. Sie bringen nämlich einfach unsere Raketen unter ihre Kontrolle – noch während sie auf sie zufliegen – und schicken sie dorthin zurück, wo sie hergekommen sind.“
„Wenn das wieder ein Lügenmärchen ist“, sagte Muller, „dann bringe ich dich um.“
„Ich sage die Wahrheit, das schwöre ich.“
„Wie lange geht das denn schon so?“
„Es begann im letzten Jahr.“
„Und was soll jetzt werden? Marschieren sie einfach durch unsere Milchstraße und machen uns alle zu ihren Sklaven?“
„Boardman glaubt, es gibt eine Chance, uns vor diesem Schicksal zu bewahren.“
„Und die wäre?“
„Die Fremden scheinen nicht wahrzunehmen, daß wir intelligente Lebewesen sind“, sagte Rawlins. „Wir können uns nämlich nicht mit ihnen verständigen. Sie kommunizieren auf einer nonverbalen Ebene, vielleicht mit einem telepathischen System. Wir haben alles eingesetzt, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen, haben sie auf jeder Wellenlänge mit Botschaften bombardiert. Aber sie zeigten nicht die kleinste Reaktion. Boardman glaubt nun, wenn wir sie davon überzeugen könnten, daß wir … nun … äh … Seelen haben, sie uns vielleicht in Ruhe lassen würden. Nur Gott allein weiß wohl, was ihn zu diesem Glauben berechtigt. Es handelt sich dabei um eine Art Computervoraussage. Boardman ist der Ansicht, daß diese Aliens über ein kompliziertes Moralschema verfügen. Zwar machen sie ohne zu zögern jedes Tier, das ihnen nützlich erscheint, zum Zombie, aber auf der anderen Seite würden sie keiner wirklich vernunftbegabten Spezies zu nahe treten. Und wenn wir ihnen irgendwie beweisen könnten …“
„Ihnen sind doch sicherlich unsere Städte und unsere Raumfahrt aufgefallen. Beweist das denn nicht unsere Intelligenz?“
„Biber bauen Dämme“, antwortete Rawlins. „Und trotzdem schließen wir mit Bibern keine Verträge. Wir zahlen ihnen auch keine Entschädigungen, wenn wir ihre Sümpfe trockenlegen. Wir sind der Ansicht, daß die Gefühle eines Bibers nicht so viel zählen.“
„Tun wir das? Sind wir so? Oder haben wir nicht einfach nur willkürlich festgelegt, daß auf Biber keine Rücksicht genommen zu werden braucht? Und was soll das Gerede, wir seien vernunftbegabt? Es gibt ein durchlaufendes Intelligenzspektrum, von den Protozoen bis hinauf zu den Primaten. Wir mögen ein wenig cleverer sein als Schimpansen, aber ist das schon ein qualitativer Unterschied? Wird unsere Andersartigkeit schon durch die simple Tatsache, daß wir unser Wissen aufzeichnen, speichern und wieder abrufen können, bewiesen?“
„Ich möchte mich hier nicht auf philosophische Spitzfindigkeiten einlassen“, sagte Rawlins rauh. „Ich versuche nur, die Situation darzulegen … und inwieweit sie dich betrifft.“
„Ja, erzähl mir, was ich damit zu tun habe?“
„Boardman glaubt, diese Radiowesen wirklich dazu bewegen zu können, unsere Galaxis zu verlassen, wenn wir ihnen nur klarmachen können, daß wir ihnen intelligenzmäßig näher stehen als ihren Sklaven. Wenn wir ihnen unsere Gefühle, Bedürfnisse, Ambitionen und Träume nachweisen können.“
„Haben die
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