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Der Mann mit dem Fagott

Titel: Der Mann mit dem Fagott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Juergens , Michaela Moritz
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Iphigenie über Jeanne d’Arc bis hin zu Julia. Meine Eltern haben Gitta in ihr Herz geschlossen. Das mit Patsy würden sie wohl kaum verstehen, die seltsame Verbindung zwischen uns beiden, die aus der Einsamkeit dieser neuen Zeit resultiert. Das ist nicht ihre Welt.
    Aber darf ich wegen Gitta jetzt Patsy nicht mehr kennen? Gitta ist meine erste wirkliche Liebe, ja! Aber bedeutet das, daß ich deshalb jeder anderen Frau aus dem Weg gehen muß? Du lieber Gott, was kommt denn da mit der Liebe alles auf mich zu! Die Sache scheint wirklich kompliziert zu sein. Darauf bereitet einen keiner
vor in all den schönen Hollywood-Filmen mit der großen, klaren Liebe und herrlichem Happy-End zu Geigenklängen. Wenn es nur wirklich so einfach wäre!
    Ich bin aufgeregt, nervös. Und dann auch noch dieser Teller !
    Wir müssen los! Auch in Salzburg scheint die Sonne. Es ist kühl. Ein herrlicher, strahlender, farbenfroher Herbsttag. In unserer Bühnenkleidung, über die wir dicke Jacken gezogen haben, machen wir uns schnellen Schrittes auf den Weg ins Lokal. Unterwegs berufe ich hastig eine »Krisensitzung« ein:
    »Freunde, heute an meinem Geburtstag könnt ihr mir doch keinen Wunsch abschlagen, oder?«
    Ratloses »Natürlich nicht«-Gemurmel, und fragende Blicke. »Meine Eltern kommen heute ins Lokal, und ich will nicht, daß sie den Teller sehen, bevor ich ihn ihnen erklären kann …«, und bestimmend: »Der Teller bleibt also heute ausnahmsweise einmal weg. Jedenfalls vorläufig.«
    Man kann mich verstehen. Ich wende mich an Buddy, werde ganz ernst, nenne ihn bei seinem wirklichen Namen: »Erwin, heute abend brauche ich ganz besonders deine Hilfe …«
    Buddy Urban, mit bürgerlichem Namen eigentlich Erwin Urbanschitz, vertritt mich ab und zu bei der einen oder anderen Nummer als Sänger, übernimmt vor allem die Schlager- und Wienerliederabteilung, kann aber auch vieles andere aus unserem Repertoire tadellos singen. »Buddy« habe ich ihn immer schon genannt. Das englische Wort für »Freund«. Es wurde auch sein Künstlername.
    Fragendes Ja.
    »Kannst du mir einen Gefallen tun und mich an diesem besonderen Abend ein bißchen entlasten, ein wenig mehr als sonst singen, damit ich wenigstens den einen oder anderen Drink mit meiner Familie nehmen, mich ein bißchen zu ihnen setzen und reden kann?«
    Das sichert er mir gerne zu.
    Kurz vor halb acht. Gerade noch rechtzeitig im Lokal. Kribbeln wie sonst selten. Schnell den Teller unter meinem Stuhl versteckt. Am schönsten Tisch direkt gegenüber von meinem Klavier das »Reserviert«-Schild. »Für Bockelmann«. Ab 21 Uhr.
    Noch ein bißchen Zeit. Ich entspanne mich ein wenig. Beginne
mit Hintergrundmusik. Heute lassen wir’s langsam angehen, brauchen alle etwas Erholung.
    Nach und nach füllt sich das Lokal. Freitags haben wir vor allem junge Gäste. Studenten, junge Angestellte, die das Wochenende kaum erwarten können und schon in Freizeitstimmung sind. Ich liebe diese Abende! Da können wir »unsere« Musik spielen, in der großen weiten Musikwelt jenseits des Großen Teichs schwelgen, aus unserem Lieblingsrepertoire schöpfen. Es ist eine leichte, entspannte Stimmung.
    Immer wieder blicke ich abwechselnd auf meine Uhr und zur Tür. Ich möchte, daß das ein ganz besonderer Abend für sie wird, möchte zeigen, was ich kann, möchte, daß sie stolz auf mich sind.
    Es ist viel los. Viertel vor neun. Ich spiele ein Potpourri aus Gershwin-Melodien, meinem Idol, seit ich seine unnachahmlichen Songs zum ersten Mal gehört habe.
    »s’ Wonderful« läßt uns musikalisch gerade abheben, als meine Eltern und mein Bruder das Lokal betreten. Sie legen ab, lassen sich vom Kellner an ihren Tisch geleiten. Der Song muß noch beendet werden. Begrüßung mit einem Lächeln und einem unauffälligen Winken.
    Ich staune wieder einmal über die schwer zu beschreibende Präsenz meiner Eltern. Wenn sie einen Raum betreten, werden sie wahrgenommen. Die unerklärliche und nicht erlernbare Ausstrahlung zweier Menschen, die Haltung nicht nur zeigen, sondern auch leben.
    Etwas früher als eigentlich üblich gebe ich das Pausenzeichen, eile auf meine Eltern zu. »Herzlichen Glückwunsch, Junge!« umarmt mich meine Mutter. »Alles Liebe zur Volljährigkeit«, drückt mein Vater mich an sich.
    Wie immer, wenn er sich fein machen wollte, hat er Kölnisch Wasser aufgelegt, ein Duft, den ich, seit ich denken kann, mit meinem Vater, mit besonderen Tagen und auch mit Kindheit verbinde.
    Auch Joe umarmt mich,

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