Der Mann mit dem goldenen Colt
bin sicher, Mr. Scaramanga hat noch ein freies Zimmer für dich.«
Er wandte sich wieder an Scaramanga.
»Geht schon in Ordnung, Mr. Scaramanga, ich werde es bezahlen.«
Mary Goodnight ging auf das Spiel ein. Sie hatte ihre Hände heruntergenommen, nahm ihre kleine Tasche vom Bett, öffnete sie und begann sich in weiblich
geschäftiger Art eifrig die Haare zu richten.
Sie plauderte, indem sie sich ausgezeichnet Bonds milder, echt britischer »Sieh-doch-her-was-für-’n-Mann-ich-bin«-Methode anpaßte: »Nein, wirklich, Liebling, ich glaube, es ist besser, ich gehe. Ich würde schreckliche Unannehmlichkeiten haben, wenn ich zu spät ins Büro käme, und der Premierminister, Sir Alexander Bustamante, du weißt doch, er hat seinen achtzigsten Geburtstag gehabt, kommt zum Mittagessen, und du weißt, Seine Exzellenz will, daß ich die Blumen und die Sitzkarten arrangiere. Wirklich«, sie wandte sich charmant an Mr. Scaramanga, »es wird ein ganz großer Tag für mich. Die Gesellschaft hätte gerade dreizehn Personen ausgemacht, und seine Exzellenz hat mich nun gebeten, die vierzehnte zu sein. Ist das nicht wundervoll? Aber Gott weiß, wie ich nach heute nacht aussehen werde. Streckenweise ist die Straße wirklich entsetzlich, nicht wahr, Mr., äh, Scamble. Aber so ist es eben. Ich bitte um Entschuldigung für diese Störung und daß ich Sie von Ihrem Schlaf abgehalten habe.«
Sie ging auf ihn zu wie die Königinmutter bei der Eröffnung eines Wohltätigkeitsbasars, die Hände ausgestreckt. »Nun legen Sie sich nur wieder hin, und mein Verlobter« - Gott sei Dank hatte sie nicht James gesagt! Das Mädel war wirklich aufgeweckt! - »wird mich schon heil von hier wegbringen. Auf Wiedersehen, Mr., äh . . .«
James Bond war stolz auf sie. Die reinste Starschauspielerin.
Aber Scaramanga ließ sich durch keinerlei windiges Gerede täuschen, ob britisch oder sonstwie.
Sie hatte beinahe Bond vor Scaramanga abgeschirmt. Rasch trat dieser zur Seite und sagte: »Stehenbleiben, Lady. Und Sie, Mister, bleiben Sie, wo Sie sind.«
Mary Goodnight ließ die Hände zur Seite sinken.
Sie blickte Scaramanga fragend an, als habe er soeben die Gurkenbrötchen abgelehnt. Wirklich! Diese Amerikaner! Der Goldrevolver hatte für höfliche Konversation nichts übrig. Er stand bewegungslos zwischen den beiden.
Scaramanga sagte zu Bond: »Okay, ich nehm’s ihr ab. Lassen Sie sie wieder zum Fenster hinaus. Dann hab ich Ihnen was zu sagen.«
Er winkte dem Mädchen mit dem Revolver. »Okay, kleine Null. Verschwinde. Und keine Einbrüche mehr bei fremden Leuten. Verstanden? Und seiner verdammten Exzellenz kannst du sagen, wo er sich seine Sitzkarten hinstecken kann. Im ttunderbird gelten nicht seine Erlasse, sondern meine. Verstanden? Zerreiß dir nicht den Büstenhalter bei der Kletterei.«
Mary Goodnight sagte eisig: »In Ordnung, Mr., äh . . . Ich werde Ihre Botschaft bestellen. Ich bin sicher, der Hochkommissar wird Ihrer Anwesenheit auf der Insel mehr Aufmerksamkeit schenken als bisher. Und die jamaikanische Regierung auch.«
Bond nahm sie am Arm. Sie war drauf und dran, ihre Rolle zu übertreiben.
Er sagte: »Komm, Mary. Und bitte, sag Mutter, in ein, zwei Tagen bin ich hier fertig, und ich werde sie von Kingston aus anrufen.«
Er führte sie zum Fenster und half ihr - oder, eher noch, beförderte sie hinaus. Sie winkte kurz und lief über den Rasen davon.
Bond trat deutlich erleichtert vom Fenster weg. Er hatte nicht erwartet, daß sich die scheußliche Situation so schmerzlos würde lösen lassen.
Er ging zum Bett und setzte sich auf das Kissen. Er war beruhigt, die harte Form seines Revolvers am Oberschenkel zu spüren. Er blickte Scaramanga an.
Der Mann hatte seinen Revolver wieder in die Schulterhalfter gesteckt. Er lehnte sich an den Schrank und ließ seine Finger nachdenklich über den Schnurrbart gleiten.
Er sagte: »Büro des Hochkommissars. Dort gibt’s auch die hiesige Vertretung eures berühmten Geheimdienstes. Sie heißen nicht zufällig James Bond, Mr. Hazard? Heute abend haben Sie ’ne ganz hübsche Schnelligkeit mit dem Revolver gezeigt. Mir scheint, ich habe irgendwo gelesen, dieser Bond hat ’ne Vorliebe für Schießeisen. Ich bin auch informiert worden, daß er irgendwo in der Karibik ist und nach mir sucht. Merkwürdiges Zusammentreffen, nicht?«
Bond lachte unbekümmert.
»Ich dachte, der Geheimdienst hat Ende des Krieges eingepackt. Ich kann jedenfalls Ihnen zuliebe nicht meine Identität ändern.
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