Der Mann mit dem goldenen Colt
»Guten Morgen.«
Mr. Hendriks dankte mit einer leichten Verbeugung und wandte sich an Leiter:
»Das Telefonfräulein ssagt, es sei ein Ferngespräch von meinem Büro in Havanna da. Wo ist der ungestörteste Raum, wo ich es übernehmen kann, bitte?«
»Nicht auf Ihrem Zimmer, Sir?«
»Ist nicht ungestört genug.«
Bond nahm an, daß auch er das Mikrophon gefunden hatte. Leiter gab sich zuvorkommend. Er kam hinter seinem Tisch hervor. »Hier drüben, Sir. Das Vestibültelefon. Die Zelle ist schalldicht.«
Mr. Hendriks sah ihn eisig an. »Und der Apparat? Ist der auch schalldicht?«
Leiter blickte ihn höflich erstaunt an. »Ich fürchte, ich verstehe nicht, Sir. Der Apparat ist direkt mit der Zentrale verbunden.«
»Es macht nichts. Zeigen Sie mir, bitte.«
Mr. Hendriks folgte Leiter zum hinteren Winkel des Vestibüls und wurde in die Zelle gewiesen. Sorgfältig schloß Hendriks die ledergepolsterte Tür, nahm den Hörer auf, und sprach hinein.
Dann wartete er, sah zu, wie Leiter über den Marmorboden schritt und respektvoll zu Bond sagte: »Was war Ihr Wunsch, Sir?«
»Es ist wegen meiner Toilette. Etwas ist mit dem Kugelschwimmer nicht in Ordnung. Wo kann ich sonst hingehen?«
»Bitte um Entschuldigung, Sir. Ich werde das gleich vom Hausmechaniker kontrollieren lassen. Ja, gewiß. Die Vestibültoilette. Sie ist noch nicht ganz fertig und nicht in Gebrauch, aber sie funktioniert tadellos.«
Er senkte die Stimme.
»Und eine Verbindungstür führt in mein Büro. Warte zehn Minuten, während ich mir auf dem Band anhöre, was der Schweinehund dort erzählt. Vernahm bereits, daß das Gespräch angemeldet wurde. Gefällt mir gar nicht. Möglicherweise unangenehm für dich.«
Er verbeugte sich kurz und zeigte auf den Tisch in der Mitte, mit den Illustrierten darauf.
»Wenn Sie sich nur einen Augenblick setzen wollen, Sir, dann werde ich mich Ihrer annehmen.«
Bond nickte dankend und drehte sich um.
In der Zelle sprach Hendriks. Seine Augen waren auf Bond gerichtet. Bond spürte, wie sich seine Haut in der Magengegend zusammenzog. Das war es also.
Er setzte sich und nahm ein altes Wall Street Journal zur Hand. Verstohlen riß er ein kleines Stück aus der ersten Seite heraus, es hätte ein Riß an der Faltstelle sein können. Er hielt die Zeitung hoch und beobachtete Hendriks durch das winzige Loch. Hendriks sah auf die Rückseite der Zeitung, sprach und hörte zu. Plötzlich legte er den Hörer auf und kam aus der Zelle. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Er nahm ein reines weißes Taschentuch, wischte sich über Gesicht und Hals und ging rasch den Gang hinunter.
Nick Nicholson, wie aus dem Ei gepellt, durchquerte das Vestibül und ging, mit einem kurzen Lächeln und einer Verbeugung gegen Bond, an seinen Platz hinter dem Tisch.
Es war 8.30 Uhr.
Fünf Minuten darauf kam Felix Leiter aus dem inneren Büro. Er sagte etwas zu Nicholson, dann wandte er sich an Bond. Er sah blaß und gespannt aus.
»Wenn Sie mir jetzt bitte folgen wollen, Sir.«
Er führte ihn quer durchs Vestibül, schloß die Tür zur Herrentoilette auf, folgte Bond hinein und verschloß die Tür hinter sich. Sie standen neben den Waschbecken, inmitten der angefangenen Zimmermannsarbeiten.
Leiter sagte verkniffen: »Mir scheint, James, jetzt ist’s soweit mit dir. Sie haben russisch gesprochen, aber dein Name und deine Nummer sind immer wieder erwähnt worden. Du verschwindest am besten so schnell, wie deine alte Kutsche dich fortbringt.«
Bond lächelte dünn.
»Gewarnt ist gewappnet, Felix. Ich hab’s schon gewußt. Hendriks hat Auftrag erhalten, mich zu erledigen. Unser alter Freund vom KGB-Hauptquartier,
Semischastny, hat mir das eingebrockt. Gelegentlich erzähle ich dir, warum.« Er berichtete Leiter von der Mary-Goodnight-Episode.
Bond schloß: »Es hat also keinen Sinn, jetzt zu verschwinden. Wir werden die ganze Sache und wahrscheinlich auch ihre Pläne in bezug auf mich bei der Besprechung um zehn Uhr hören. Dann ist nachher dieser Ausflug. Ich persönlich glaube, die Schießerei wird irgendwo draußen auf dem Land stattfinden, wo es keine Zeugen gibt. Wenn nun du und Nick etwas finden könntet, um die Verabredung draußen unmöglich zu machen, würde ich die Heimarbeit auf mich nehmen.«
Leiter sah nachdenklich aus. »Die Pläne für heute nachmittag kenne ich. Abfahrt mit diesem Miniaturzug durch die Zuckerfelder, Picknick, dann Abfahrt im Boot vom Green-Island-Hafen, anschließend Tiefseefischen und dergleichen.
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