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Der Mann mit dem goldenen Colt

Titel: Der Mann mit dem goldenen Colt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Das hätten Ferientage sein sollen. Die Calypsohemden verrieten es. Mr. Scaramanga, der unbesiegte, der unbesiegbare, hatte es gesagt. Bis vor wenigen Minuten hatte sein goldener Revolver diese Worte unterstützt. Jetzt plötzlich war alles anders.
    Von vorne und von hinten hielten Revolver sie in Schach. Der Zug entführte sie an einen Ort, von dem sie nie gehört hatten. Die Pfeife schrillte. Die Sonne brannte. Der scheußliche Gestank des Großen Morastes stieg ihnen in die Nase. Wirklich eine böse Lage. Der Leiter des Ausflugs hatte sie sich selbst überlassen. Zwei von ihnen waren erschossen worden. Sogar ihre Revolver waren fort. Die harten, bleichen Gesichter blickten flehend zu Bond auf.
    Louie Paradises Stimme war gebrochen und trocken vor Angst. »Eine Million Dollar, Mister, wenn Sie uns hier herausbringen. Ich schwör’s bei meiner Mutter. Eine Million Dollar.«
    Die Gesichter von Sam Binion und Hai Garfinkel erhellten sich. Eine
    Hoffnung.
    »Eine weitere Million.«
    »Und noch eine! Beim Haupt meines kleinen Sohnes.«
    Felix Leiters Stimme bellte ärgerlich. Es war eine Spur Angst darin. »Spring, James! Verdammt noch mal. Spring!« James Bond stand aufrecht im Führerstand, er hörte nicht auf die Stimmen, die ihn unter dem gelben Kutschdach hervor anflehten. Diese Männer hatten zusehen wollen, wie er ermordet wurde. Sie. waren selbst bereit gewesen, ihn zu ermorden. Wie viele Tote hatte jeder von ihnen auf dem Kerbholz?
    Bond trat hinunter aufs Trittbrett, wählte den richtigen Moment und warf sich über den Schlackendamm hinweg in die weiche Umarmung des stinkenden Mangrovesumpfes.
    Sein Aufprall auf dem Schlammboden ließ bestialischen Gestank aufsteigen. Große Blasen von Sumpfgas stiegen an die Oberfläche und zerplatzten. Ein Vogel kreischte und flatterte durch das Blattwerk davon.
    James Bond watete an den Rand des Dammes. Jetzt tat ihm seine Schulter wirklich weh. Er kniete nieder und erbrach sich wie ein Hund.
    Als er den Kopf hob, sah er, wie Leiter sich vom Bremswagen warf, gute zweihundert Meter weiter vorn. Er schien ungeschickt aufzukommen. Er stand nicht auf.
    Und jetzt, wenige Meter vor der langen Eisenbrücke über den trägen Fluß, sprang eine andere Gestalt vom Zug in einen Mangrovebusch. Kein Zweifel! Es war Scaramanga! Bond fluchte leise. Warum, zum Teufel, hatte Leiter dem Mann nicht eine Kugel in den Kopf gejagt? Jetzt waren die Karten nur neu gemischt. Das Endspiel stand noch bevor. Die quietschende Fahrt des führerlosen Zuges ging in ein Dröhnen über, als er zu den ersten Pfeilern der langen Brücke kam.
    Bond beobachtete ihn und fragte sich, wann ihm der Dampf ausgehen werde. Und was würden die drei Gangster jetzt tun?
    Doch da kam schon die Antwort. Mitten auf der Brücke ging die Lokomotive plötzlich hoch wie ein scheuender Hengst. Gleichzeitig erfolgte ein Donnerkrachen, eine riesige Flammenwand schoß auf, und die Brücke brach in der Mitte durch. Die Hauptstützen gaben unter splitterndem Krachen nach und bogen sich langsam zum Wasser nieder. Durch das zackige Loch donnerte die glänzende »Schöne«, Wasser und Dampf aufstiebend, in den Fluß.
    Betäubendes Schweigen. Irgendwo hinter Bond quakte unsicher ein aufgeschreckter Baumfrosch. Vier weiße Reiher flogen in geringer Höhe über das Wrack und reckten neugierig die Hälse. In der Ferne erschienen hoch oben schwarze Punkte und kreisten träge näher. Truthahngeier hatten mit ihrem sechsten Sinn die ferne Explosion wahrgenommen - etwas, das eine Mahlzeit bedeuten konnte. Die Sonne stach auf die Silberschienen herunter, und ein paar Meter von Bond entfernt tanzte eine Gruppe gelber Schmetterlinge im Licht.
    Bond stand langsam auf und begann durch die Schmetterlinge hindurch langsam die Schienen entlang auf die Brücke zuzugehen. Zuerst zu Felix Leiter, und dann dem Großen nach, der davongekommen war.
    Leiter lag in dem stinkenden Schlamm. Sein linkes Bein war scheußlich abgewinkelt.
    Bond kniete neben ihm nieder, legte einen Finger auf die Lippen und sagte leise: »Viel kann ich nicht für dich tun, Junge. Ich geb dir was zum Draufbeißen und bring dich in den Schatten. Bald werden Leute kommen. Ich muß hinter dem Schweinekerl her. Er ist irgendwo da oben bei der Brücke. Wieso hast du bloß geglaubt, er sei tot?«
    Leiter stöhnte, mehr aus Wut auf sich selbst als aus Schmerz.
    »Alles war voll Blut.« Er flüsterte zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Sein Hemd war ganz durchtränkt. Die

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