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Der Mann mit dem goldenen Colt

Titel: Der Mann mit dem goldenen Colt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Leinen zum Schutz gegen die Sonne. Dann war da noch der Bremswagen, gleichfalls in Schwarz und Gelb, mit einem strahlenden Stuhl mit Goldlehne hinter dem Bremsrad.
    Es war ein wundervolles Spielzeug, bis zu der altertümlichen Pfeife, die jetzt einen scharf mahnenden Pfiff ausstieß.
    Scaramanga war groß in Form.
    »Der Zug pfeift, meine Herren! Alles einsteigen!« Zu Bonds Schrecken zog er plötzlich seinen Goldrevolver, richtete ihn zum Himmel und drückte ab.
    Er zögerte nur einen Augenblick und feuerte nochmals. Der tiefe Brummton hallte von der Mauer des Bahnhofs zurück, und der Stationsvorsteher in seiner altmodischen Uniform sah nervös aus. Er steckte die große silberne Zwiebeluhr in die Tasche und trat gehorsam zurück, die grüne Fahne seitlich gesenkt.
    Scaramanga kontrollierte seinen Revolver. Er blickte Bond nachdenklich an und sagte: »Na schön, mein Freund, steigen Sie jetzt vorn beim Führer ein.«
    Bond lächelte glücklich. »Herzlichen Dank. Das hab ich mir immer gewünscht, schon als Kind. Was für ein Spaß!«
    »Und ob«, meinte Scaramanga. Er wandte sich an die anderen. »Sie, Mr. Hendriks, bitte auf den ersten Sitz hinter dem Kohlentender. Dann Sam und Leroy. Dann Hai und Louie. Ich werde hinten im Bremswagen fahren. Guter Platz, um nach Wild auszuschauen. Okay?«
    Alle nahmen ihre Plätze ein. Die Lokomotive stieß ein triumphierendes Tuten aus, und mit einer Reihe schwächer werdender Dampfwolken setzte sie sich in Bewegung. Sie fuhren ab, die 90-Zentimeter-Schmalspur entlang, die gerade wie ein Pfeil im tanzenden Silberschimmer verschwand.
    Bond sah auf den Geschwindigkeitsmesser. Er zeigte auf dreißig. Anfangs sah er dem Führer zu, einem bösartig aussehenden Rastafari im schmutzigen Khakioverall mit einem Schweißtuch um die Stirn. Zwischen dem dünnen Schnurrbart und dem stachligen Bart hing eine Zigarette. Er roch fürchterlich.
    Bond sagte: »Ich heiße Mark Hazard. Und Sie?«
    »Rass, Mann. Red nix mit Buckra.«
    Der Ausdruck »Rass« heißt auf jamaikanisch »Hält’s Maul«. »Buckra« ist ein boshafter Dialektausdruck für »weißer Mann«. Bond sagte freundlich: »Ich dachte, es gehört zu eurer Religion, den Nächsten zu lieben.«
    Der Rasta zog lange an der Pfeifenleine. Als der schrillende Ton verklungen war, sagte er einfach »Scheiße«, stieß mit dem Fuß die Kesseltür auf und begann Kohle zu schaufeln. Bond sah sich verstohlen in der Kabine um. Ja. Da war es! Das lange jamaikanische Buschmesser, zu einer zollbreiten Klinge mit tödlicher Spitze zugeschliffen. Es hing an einem Brett neben der Hand des Mannes. War das die Art, wie es ihn treffen sollte? Bond bezweifelte es. Scaramanga selbst würde es entsprechend dramatisch und so erledigen, daß er ein Alibi hatte.
    Der zweite Vollstrecker würde Hendriks sein. Bond blickte über den niedrigen Kohlentender hinweg nach hinten. Hendriks’ Augen, leer und interesselos, begegneten den seinen.
    »Riesenspaß, wie?« Bond schrie, um den Lärm der Maschine zu übertönen. Hendriks blickte erst weg und sah ihn dann wieder an. Bond bückte sich, so daß er unter das Dach des Wagens sehen konnte. Die andern vier saßen bewegungslos da, die Augen gleichfalls auf Bond gerichtet. Bond winkte fröhlich. Keine Antwort. Es war ihnen also mitgeteilt worden. Bond war ein Spion und sollte nun, wie es in der Gangstersprache heißt, »den Tritt kriegen«. Ein unbehagliches Gefühl, diese zehn feindlichen Augen wie zehn Revolverläufe auf sich gerichtet zu fühlen.
    Bond richtete sich auf. Jetzt ragte die obere Hälfte seines Körpers wie der »eiserne Mann« auf dem Schießplatz über das Dach des Wagens hinaus, und er blickte geradeaus auf die gelbe Fläche, wo Scaramanga, vielleicht sechs Meter weit entfernt, gut sichtbar thronte. Auch er blickte den kleinen Zug entlang auf Bond - der letzte Trauergast im Leichenzug hinter James Bond, dem Leichnam.
    Bond winkte fröhlich und drehte sich um. Er öffnete seine Jacke, und einen Augenblick lang beruhigte ihn der kühle Griff seines Revolvers. Er griff in seine Hosentasche. Drei Reservemagazine. Gut! Er würde so viele Gangster mitnehmen, wie er nur konnte. Er drückte den Mitfahrersitz hinunter und setzte sich. Keinen Sinn, ein Ziel zu bieten, ehe es nötig war. Der Rasta warf seine Zigarette über die Seitenwand und zündete eine neue an. Die Maschine fuhr allein. Er lehnte sich an die Kabinenwand und schaute ins Leere.
    Bond hatte die i:soooo-Karte zu Rate gezogen, die Mary ihm

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