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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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wahrscheinlich vergessen haben.«
    »Ich glaube nicht, daß das eine gute Idee ist. Wenn sie ihr Haus beobachtet und mit sich ringt, ob sie es betreten soll, wird sie dadurch abgeschreckt.«
    »Du hast recht. Aber habe ich keine andere Wahl. Es war nicht mein Vorschlag. Es ist ein Befehl.«
    »Typisch«, sagte der Mann. »Sie bezahlen uns für einen Job, und wir dürfen ihn nicht ordentlich durchziehen.«
    »Laß nur den Kumpel, den ich schicke, seinen Job erledigen.«
    »Geht klar. Bis später.«
    Eher, als du erwartest, Freundchen, dachte Buchanan.

14
 
    Kurz nach ein Uhr morgens wies Pedro Buchanan darauf hin, daß Juanas Haus höchstens noch zwei Kilometer entfernt war.
    »Das reicht. Halten Sie an.«
    Nachdem Anita hinter ihnen gestoppt hatte, stieg er aus und befahl beiden, zu warten und die Gefangenen gut zu bewachen. Er fuhr mit Tuckers Jeep Cherokee über eine nebelverhüllte Anhöhe und folgte für den Rest der Strecke einer gewundenen, teilweise von Bäumen gesäumten Straße.
    Pedro und Anita hatten ihm das Haus beschrieben, und so fand er es gleich. Es war ein hölzerner Flachbau, zum Schutz vor Überschwemmungen auf Pfählen errichtet, und erinnerte ihn eher an eine gemütlich-rustikale Wochenendhütte. Auf der kiesbestreuten Einfahrt drosselte er den Motor.
    Er hatte ein komisches Gefühl im Nacken, als er vor der Haustür stand. Da Nebel vom Fluß heraufzog, war es denkbar, daß der Schütze zwar die abschwenkenden Scheinwerfer gesehen, aber das Fahrzeug nicht erkannt hatte. Halte dich an das Szenario, das du ihm vorgegeben hast, dachte Buchanan.
    Er öffnete die beiden Schlösser mit dem Dietrich und spürte beim Eintreten den Modergeruch eines Hauses, das schon geraume Zeit unbewohnt war. Selbst in der Dunkelheit fühlte er sich beobachtet, schloß die Tür und tastete an der Wand nach einem Lichtschalter. Eine Lampe leuchtete auf – er befand sich im Wohnzimmer, das mit TV-Gerät, Videorecorder und Stereoanlage ausgestattet war, aber an Möbeln wenig mehr als ein Ledersofa, einen Couchtisch und einen Schaukelstuhl enthielt. Offenbar hatte Juana hier nicht viel Zeit verbracht, denn sonst hätte sie sich bei der Ausstattung größere Mühe gegeben.
    Buchanan durchquerte den Raum und schloß aus dem Staub auf Sofa und Couchtisch, daß sie seit Monaten nicht mehr hier gewesen war. Er warf einen Blick in die Küche, drehte das Licht an und nahm die Ordnung und die spärlichen Geräte zur Kenntnis.
    Vom Flur führte eine Tür ins Arbeitszimmer. Als er die Dekkenlampe anschaltete, fiel ihm auf, daß auch hier alles auf das Notwendigste reduziert war: ein Aktenschrank aus Metall, ein Drehstuhl, ein Holztisch, darauf Computer, Laserprinter, Monitor, Telefon, eine Architektenleuchte, ein gelber Notizblock und ein Krug mit Bleistiften und Kugelschreibern. Ansonsten war der Raum kahl. Kein Teppich, keine Bilder.
    Buchanan hoffte, daß der im Nebel lauernde Scharfschütze trotz seiner Verwunderung über die nacheinander aufflammenden Lichter den Instruktionen folgen und nicht nachforschen würde. Er öffnete die oberste Schublade des Aktenschranks, wobei ihm zwei Details auffielen. Erstens handelte es sich um eine Hängeregistratur, und zweitens waren die alphabetisch geordneten Akten von A bis DO zusammengeschoben und durch eine Lücke vom Rest der Ordner von DU bis L getrennt. Also war ein Mappe des Buchstabens D entfernt worden von Juana oder aber von einem Eindringling, der genau wie Buchanan etwas suchte.
    Er zog den zweiten Kasten mit den Ordnern von M bis Z auf und bemerkte, daß eine Mappe des Buchstabens T fehlte. Im untersten Schub fand er eine 9-mm-Browning-Halbautomatik. Die Grundausstattung, dachte er.
    Er schloß die Schublade wieder und begann in einigen Unterlagen von A bis L zu lesen, bis sich ein Schema ergab. Juana hatte hauptsächlich als Bodyguard von Frauen aus der Geschäftswelt, der Politik und der Unterhaltungsbranche gearbeitet sowie für Frauen von Prominenten, vornehmlich als Begleiterin auf Reisen in spanischsprachige Länder. Es war also kein Wunder, daß sie monatelang nicht nach Hause kam. Ihre Abwesenheit war demnach leicht zu erklären, möglicherweise war sie einfach unterwegs.
    Warum aber die Postkarte? Warum braucht sie meine Hilfe?
    Die Vorstellung, ihr Interesse an ihm könnte persönlich und nicht beruflich motiviert sein, schob er rasch beiseite, denn die Bitte um ein Wiedersehen hätte einer so ungewöhnlichen, geheimnisvollen Art der Kontaktaufnahme nicht bedurft.

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