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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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hatte Buchanan mehrere Anrufe in Washington getätigt, um zwei Zimmer für die Nacht zu buchen. Wie erwartet, war es eine frustrierende Beschäftigung, denn die meisten guten Hotels in der Hauptstadt sind stets besetzt. Wie es der Zufall wollte, hatte er im Ritz-Carlton Glück. Das Ritz gehörte zu den elegantesten Hotels der Hauptstadt. Es besaß eine angenehme Atmosphäre und war im Stil eines englischen Jagdclubs ausgestattet, mit vielen europäischen Einrichtungsgegenständen sowie mit englischen Gemälden aus dem achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert, die meisten davon Pferde- und Hundedarstellungen.
    Nach dem kurzen Gespräch mit Holly in der Nähe der National Portrait Gallery war ihm aufgefallen, daß ihr noch immer zwei Männer folgten, während man sich für ihn offensichtlich nicht interessierte. Trotzdem bediente er sich umständlicher Manöver – dazu gehörte die Benutzung von Untergrundbahn, Bussen und Taxis –, um sicherzugehen, daß niemand hinter ihm her war. Er brauchte zwei Stunden bis zum Ritz-Carlton. Als erstes duschte er, dann verband er die Wunde an der Seite neu. Nachdem er trockene Sachen angezogen und einen beim Zimmerservice bestellten Hamburger verzehrt hatte, legte er sich aufs Bett, um neue Energie zu speichern und sich zu konzentrieren.
    Letzteres fiel ihm schwer, denn die langen Reisen der beiden vergangenen Tage und die Aktionen dieses Tages hatten ihn ermüdet. Wegen der anhaltenden quälenden Kopfschmerzen hatte er sich noch einmal Tabletten besorgt. Da er kein Narr war, wußte er, daß es sich nicht um vorübergehende Beschwerden handelte, sondern um die Folgen der Kopfverletzungen. Er brauchte einen Arzt, doch jetzt war keine Zeit, sich um seine Person Sorgen zu machen. Ein Arzt würde ihn wahrscheinlich für eine Woche zur Beobachtung ins Krankenhaus einweisen. Das bedeutete, daß ihn seine Gegner dort aufspüren und sowohl Holly als auch Juana in erhöhte Gefahr geraten könnten. Das durfte er auf keinen Fall riskieren.

7
     
    Pünktlich um acht Uhr abends klingelte das Telefon. Buchanan richtete sich auf und sprach mit neutralem Tonfall: »Hallo.«
    »Mike?« Hollys tiefe, sinnliche Stimme, unverkennbar.
    »Ja. Wo sind Sie?«
    »An einem Haustelefon im Foyer. Soll ich nach oben kommen? Welche Zimmernummer haben Sie?«
    »Im Augenblick zwei zweiundzwanzig. Gehen Sie aber bitte zum Zimmer vier zwölf, und beachten Sie dabei folgendes. Sie fahren mit dem Lift zum zweiten Stock, dann benutzen Sie die Treppe und gehen zum vierten. Wenn jemand im Foyer das Display am Lift abliest, glaubt er, Sie seien im zweiten geblieben.«
    »Bin schon unterwegs.«
    Buchanan legte auf und rief die Telefonistin an. »Bitte stellen Sie bis morgen früh um acht keine Gespräche durch.«
    Er nahm seine Reisetasche und verließ den Raum, ohne das Licht zu löschen. Das Schild mit der Aufschrift »Bitte nicht stören« baumelte bereits an der Tür. An der Feuertreppe stehend, hörte er den Fahrstuhl im zweiten Stock halten.
    Kurz nach ihm erreichte Holly Zimmer vier zwölf, das Buchanan für Charles Duffy gebucht hatte. Nachdem er sie eingelassen und die Tür verriegelt hatte, überraschte sie ihn. Sie ließ nämlich ihre Tasche auf einen Stuhl fallen, umarmte ihn und klammerte sich zitternd fest. Er war nicht sicher, ob sie ihm nur vorspielte, wie aufgelöst sie war.
    »Solch ein Leben – wie halten Sie das aus?« fragte sie, an seine Schulter gepreßt.
    »Das ist doch normal.«
    »Normal?« Ihre Stimme wurde leiser.
    Sie löste sich von ihm und wirkte verstört. Die Vorhänge waren geschlossen, Regen prasselte gegen das Fenster. Sie schlüpfte aus der nassen Regenkleidung und schüttelte sich das Haar locker.
    Buchanan hatte vergessen, wie rot das Haar, wie grün die Augen waren. Für ihn war sie sehr anziehend, er spürte noch die Berührung ihrer Brust und zwang sich, zur Tagesordnung überzugehen.
    »Ich brauchte ein Zimmer, in das Ihre Verfolger nicht hineinplatzen. Wenn sie sich bei der Rezeption erkundigen, glauben sie, Ihr Versteck und Ihren Bekannten gefunden zu haben.«
    »Sie kalkulieren alles ein.«
    »Nur so überlebe ich.«
    Sie rieb sich die verschränkten Arme, als sei ihr kalt.
    »Haben Sie schon etwas gegessen?« fragte Buchanan.
    »Nein.«
    »Ich bestelle etwas beim Zimmerservice.«
    »Ich habe keinen Appetit.«
    »Sie müssen doch etwas essen. Vielleicht wenigstens Kaffee oder Tee?«
    »Wie wäre es, wenn Sie mir verraten würden, was die beiden Namen, die Sie mir nannten,

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