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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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Mitteldeck und folgte wieder einem Korridor. Von den Türen interessierte ihn nur die letzte, denn dort hatten die Matrosen Holly nicht hingeführt.
    »Zutritt verboten«, so hatten sie gesagt.
    »Warum denn das?«
    »Wir haben keine Ahnung. Sie ist immer verschlossen.«
    Der Raum lag zwischen Drummonds Kabine und dem großen, luxuriös ausgestatteten Salon, dessen Fenster eine Aussicht auf das Sonnendeck achtern gestatteten. Buchanan nahm zwei kurze Metallhaken aus der Tasche. Gerade hatte er das erste der beiden Schlösser geöffnet, da hörte er auf der Treppe am anderen Ende des Ganges Schritte. Es gelang ihm, den Dietrich lautlos in das zweite Schloß zu schieben.
    Die Schritte kamen näher. Jetzt waren sie fast am Ende der Treppe angelangt.
    Buchanan drehte den Türknopf, schlüpfte in den düsteren Raum und machte die Tür hinter sich zu. Mit angehaltenem Atem preßte er das Ohr gegen das Schott und lauschte. Draußen war es still, Buchanan fand einen Lichtschalter und knipste an.
    Der Anblick stimmte ihn nachdenklich. Der schmale, mit Drummonds Kabine verbundene Raum enthielt mehrere Reihen von Monitoren und Videorecordern. Er drehte die Lautstärke auf Null und ließ die Monitoren laufen. Kurz darauf erschienen auf den Bildschirmen verschiedene Räume, zur Zeit unbenutzte Schlafkabinen und Decks. In einigen Fällen hatte die Bildwiedergabe einen grünen Schimmer, was darauf hindeutete, daß die verborgenen Kameras mit Infrarottechnik ausgestattet waren.
    Aha, dachte Buchanan, Alistair Drummond belauscht seine Gäste gern. Der Alte begibt sich in sein Schlafzimmer, verriegelt die Tür und kommt hier herein, um zuzusehen, was die Besatzungsmitglieder oder – wichtiger noch – die Gäste tun: wie sie sich ausziehen, die Toilette benutzen, miteinander schlafen, saufen, fixen und so weiter. Und alles kann aufgezeichnet und wieder abgespielt werden.
    Buchanan wurde auf einen verschlossenen Metallschrank aufmerksam, in dem er mindestens hundert beschriftete Videokassetten fand, die – aufgenommen zwischen August 1988 und Februar 1990 – chronologisch geordnet waren. Er fand eine Kassette über die bewußte Kreuzfahrt, die im Februar 1990 stattgefunden hatte, und legte sie bei abgeschaltetem Ton ein. Die Bildqualität war hervorragend. Viele Aufnahmen in den verschiedenen Kabinen zeigten die Gäste in den intimsten und kompromittierendsten Situationen. Oraler Sex und Analverkehr waren offenbar besonders beliebt. Buchanan zählte dreizehn Männer, zumeist Machotypen, in mittlerem Alter, und zwölf Frauen, attraktiv und ebenso elegant wie freizügig gekleidet, die wie Huren behandelt wurden. Alle waren Lateinamerikaner und sprachen spanisch. Er regulierte den Ton und hörte über einen Ohrhörer konzentriert zu. Den Unterhaltungen entnahm er, daß die Frauen tatsächlich Prostituierte und die Männer Mitglieder der mexikanischen Regierung waren.
    Alistair Drummond hatte diese Videos nicht zu seinem voyeuristischen Vergnügen aufgenommen. Erpressung, schoß es Buchanan durch den Kopf, und er erkannte im gleichen Augenblick bestürzt Maria Tomez. Er mußte die Bilder genauer betrachten, bevor er überzeugt war, daß es sich in der Tat um die Sängerin und nicht um Juana in ihrer Tomez-Rolle handelte. Man blickte auf das Sonnendeck achtern, und die Kamera war darüber in der Wand versteckt, was den schrägen Aufnahmewinkel erklärte. Der Soundtrack klang nicht ganz sauber, trotzdem waren in der Ferne Unterhaltungsmusik und das Lachen einer Frau zu hören.
    Maria Tomez, in einem tief ausgeschnittenen Abendkleid, lehnte mit dem Rücken zur Kamera an der Heckreling und blickte auf das Kielwasser. Ein Mann sprach sie an, und sie wandte sich um. Im Bild erschien ein schlanker Lateinamerikaner im Dinnerjackett. Die Kamera zoomte auf den Mann.

13
     
    Buchanan hatte eine Kopie des Films angefertigt und sie in einer Plastiktüte verstaut, die er in der Kabine fand. Ansonsten hatte er alles so gelassen, wie er es vorgefunden hatte. Er schloß die Tür und schlich hinunter zum Hauptdeck. Er löste Maske und Flossen von der Ankerkette und schwamm in Rückenlage zurück zur Küste, die Hand mit der Kassette über dem Wasserspiegel.
    »Mein Gott«, sagte Holly. Ihr wurde fast übel. Der Film war zu Ende, und sie starrte voller Abscheu auf den Bildschirm. »Dafür soll Gott ihn mit Höllenqualen bestrafen!«
    Sie war auf dem Videogerät im Motelzimmer Zeuge der Vergewaltigung und der Ermordung von Maria Tomez geworden, oder

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