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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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unsicher zum Stehen, als Holly gegen ihn stolperte. Sie standen Auge in Auge Alistair Drummond gegenüber.

6
     
    Keines der Fotos in der Biographie oder in den Zeitungsartikeln vermittelte einen Eindruck davon, wie absolut Drummond einen Raum beherrschte. »Mr. Buchanan«, sagte er.
    Die Anrede war verblüffend. Wie hat er meinen Namen herausgekriegt? dachte Buchanan.
    Drummond kniff die Augen zusammen. »Miß McCoy, ich hoffe doch, Raymond hat Ihnen den Flug angenehm gemacht. Señor Delgado, ich freue mich, daß Sie meiner Einladung gefolgt sind.«
    »Sie wurde mir so übermittelt, daß mir wohl keine andere Wahl blieb.«
    »Natürlich können Sie wählen. Entweder Sie wandern ins Gefängnis oder Sie werden der nächste Präsident Mexikos. Was ist Ihnen lieber? Wir sind hier ein gutes Stück weiter als erwartet. Morgen früh müßten wir eigentlich die Pumpen anwerfen können. Treffen Sie die notwendigen Vorkehrungen, sobald Sie wieder in Mexico City sind. Sagen Sie Ihren Leuten, daß alles steht. Ich dulde keine Verzögerungen. Die Zahlungen wurden geleistet. Ich erwarte wie einst Lord Nelson von jedem, daß er seine Pflicht tut.«
    »Haben Sie mich hierhergeholt, um mir zu sagen, was ich bereits weiß?«
    »Ich habe Sie hierhergeholt, damit Sie sehen, wofür Sie Ihre Seele verkauft haben. Sonst könnten Sie womöglich vergessen, auf welchen Handel Sie sich eingelassen haben. Und um Sie daran zu erinnern, sollen Sie Zeuge sein, was mit meinen beiden Gästen geschieht.« Er wandte sich an Raymond. »Wieviel ist den Schnüfflern bekannt?«
    »Das habe ich in ihrer Kameratasche gefunden.« Raymond legte eine Videokassette auf den Tisch.
    »So, so. Dann wissen Sie weit mehr, als Sie wissen sollten.«
    »Hören Sie, das alles ist gar nicht unsere Sache«, sagte Buchanan.
    »Da haben Sie recht.«
    »Ich bin nicht an Öl interessiert, und mir ist es egal, was Sie anstellen, um Delgado zu bestrafen. Ich habe nur ein Ziel: Juana Mendez wiederzufinden.«
    Drummond zog die dichten weißen Augenbrauen hoch. »Tja, mit diesem Wunsch stehen Sie nicht allein da.«
    Sie starrten sich an, und Buchanan fiel es plötzlich wie Schuppen von den Augen, als er die Zusammenhänge zwischen Maria Tomez, Juana, Drummond und Delgado erkannte. Ohne Delgado hätte Drummond nicht die Genehmigung erhalten, sein Projekt zu realisieren.
    Die mexikanische Ölindustrie war in den dreißiger Jahren verstaatlicht worden. Ausländern war es nicht gestattet, so stark Einfluß zu nehmen, wie es Drummond offenbar anstrebte. Da es sich hier um eine archäologische Fundstätte handelte, gewann das Problem noch an Bedeutung, doch wie es aussah, hatte Drummond die Frage der Archäologie gelöst, indem er die Ruinen einfach zerstörte. Sobald Delgado Präsident von Mexiko war, würde er erst recht nach Drummonds Pfeife tanzen müssen. Für die Entdeckung und Entwicklung der Ölvorkommen würden in Drummonds Taschen heimlich ähnliche Riesenprofite fließen, wie sie vor der Verstaatlichungausländische Ölfirmen eingesteckt hatten. Doch das war noch nicht alles, wie Buchanan wußte. Da gab es noch einen Aspekt, den er jetzt nicht analysieren konnte, weil er sich jetzt ganz auf seine Rettung konzentrieren mußte.
    »Haben Sie Juana Mendez in Fort Bragg kennengelernt?« fragte Drummond.
    Verzweifelt suchte Buchanan nach einer geeigneten Rolle und geeigneten Argumenten für seine Verteidigung. »Ja.«
    »Wie ist das möglich? Sie arbeitete für den militärischen Geheimdienst?«
    Da hatte Buchanan eine Erleuchtung und entschloß sich, die schwierigste Rolle seines Lebens zu spielen: sich selbst.
    »Wissen Sie, Juanas Zugehörigkeit zum militärischen Geheimdienst war nur Tarnung.«
    Drummond zeigte sich überrascht. »Sie war also Ihre Geliebte.«
    Buchanan nickte. »Ich suche Juana Mendez, weil sie mir eine Postkarte schickte und mich um Hilfe bat. Als ich ihre Nachricht erhielt, erlaubte mir meine Einheit, die Sache zu klären. Ich habe mich regelmäßig gemeldet. Meine Einheit ist informiert, daß ich in Cuernavaca war, Señor Delgado treffen wollte und danach Sie. Glauben Sie mir, diese Männer kennen nur Befehl und Pflichterfüllung. Wenn Sie hierher kommen und uns beide nicht wohlbehalten vorfinden, hat Ihre letzte Stunde geschlagen.«
    Drummond seufzte. »Wenn man berücksichtigt, daß Sie das eben ganz spontan erfunden haben, ist es eine ausgezeichnete Verhandlungsbasis. Ich bin ein Sammlertyp, haben Sie das gewußt? Deshalb bin ich hier. Journalisten«

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