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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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wartete.
    »… ein Mensch werden. Und deshalb bin ich so sauer auf dich. Ich habe das Visier heruntergelassen, und du hast mich verraten.«
    »Nein.« Holly griff nach seiner Hand. »Ich schwöre bei Gott – ich bin keine Gefahr mehr für dich.«

4
     
    Die Stille und die saubere Luft von Cuernavaca waren nach dem Lärm und der verpesteten Luft von Mexico City eine Erholung. Der Himmel war klar, die Sonne strahlte, das ganze Tal sah nach Ferien aus. In einem exklusiven Stadtteil folgte Buchanan den Anweisungen, fand die gesuchte Straße und kam zu einer hohen Steinmauer, deren großes Eisentor den Blick auf eine Gartenanlage freigab. Er hielt nicht an.
    »Hier wollten wir doch rein – oder?« fragte Holly.
    »Ja. Ich bin mir jedoch über einiges noch nicht im klaren. Es ist wohl Zeit, mich von dir zu trennen.«
    Holly war erschrocken.
    »Vieles kann passieren – ich will nicht, daß du da hineingerätst.«
    »Ich hänge doch schon mit drin.«
    »Findest du nicht, du übertreibst es etwas – nur damit du zu deiner Story kommst?«
    »Ich pfeife auf die Story. Ich will nichts weiter als dir beweisen, daß ich es ehrlich meine. Delgado erwartet eine Reporterin. Das hast du selbst so eingefädelt. Ohne mich wirst du also nicht vorgelassen. Du hast dich als mein Dolmetscher ausgegeben. Nun spiel ihn auch.«
    Buchanan trat scharf auf die Bremse und wendete. Dem Posten am Tor zeigte er Hollys Presseausweis und erklärte ihm, daß sie erwartet würden. Nach den üblichen Formalitäten wurde das Tor geöffnet, und Buchanan fuhr über die schattige, geschwungene Auffahrt zu dem zweistöckigen Palazzo.
    »Ich bin aufgeregter als vor meinem Besuch auf Drummonds Jacht«, sagte Holly.
    »Immer mit der Ruhe. Das machen wir mit links. Ich muß mir bloß ein Bild von Delgados Sicherheitsvorkehrungen machen. Deine Rolle dürfte nicht allzu schwer sein. Zieh einfach dein Interview durch. Dir kann nichts passieren. Was man von Delgado nicht sagen kann, wenn ich herauskriege, wie er zu packen ist.«
    Er parkte vor der Villa und wirkte völlig ruhig. Beim Aussteigen fielen ihm weitere Posten auf, auch Fernsehüberwachungsanlagen, durch Alarmanlagen gesicherte Fenster, Bewegungsmelder in den Büschen.
    Dem Diener, der sie durch eine kühle Marmorhalle geleitete, nannte Buchanan ihre Namen. Sie kamen an einer breiten Treppe vorbei und erreichten am Ende eines Korridors ein mahagonigetäfeltes Arbeitszimmer, das mit Jagdtrophäen sowie zahlreichen Gewehren und Schrotflinten in Glasvitrinen ausgestattet war.
    »Willkommen«, sagte Delgado.
    Buchanan erkannte ihn sofort, er erinnerte sich lebhaft an die Bilder von der Vergewaltigung und dem Mord an Maria Tomez.
    Der Minister kam ihnen entgegen, sein Englisch war fließend, wenn auch die Syntax etwas geschraubt klang. »Es ist mir jedesmal ein Vergnügen, mit amerikanischen Pressevertretern zu sprechen, vor allem, wenn sie für eine so hervorragende Zeitung wie die ›Washington Post‹ arbeiten. Señorita …? Verzeihung, ich habe den Namen vergessen, den mir meine Sekretärin …«
    »Holly McCoy. Und das ist mein Dolmetscher, Ted Riley.«
    Delgado gab ihnen die Hand. »Gut.« Er beachtete Buchanan kaum und widmete sich Holly, deren Schönheit ihn anscheinend faszinierte. »Da ich Englisch spreche, brauchen wir Ihren Dolmetscher nicht.«
    »Ich bin auch Pressefotograf«, warf Buchanan rasch ein.
    Delgado machte eine wegwerfende Geste. »Später haben Sie Gelegenheit zum Fotografieren. Señorita McCoy, darf ich Ihnen vor dem Lunch einen Drink anbieten? Vielleicht Wein?«
    »Vielen Dank, aber es ist noch ein bißchen früh …«
    »Klar«, sagte Buchanan. »Ein Glas Wein wäre schön.« Es war keine Gelegenheit gewesen, Holly zu erklären, daß man einer Zielperson nie einen Drink abschlägt.
    »Ich habe es mir anders überlegt«, sagte Holly.
    »Weißen oder roten?«
    »Weißwein, bitte.«
    »Chardonnay?«
    »Wunderbar.«
    »Das gleiche für mich«, sagte Buchanan.
    Delgado überhörte das und wandte sich an einen Diener, der an der Tür stand. » Lo baga, Carlos – mach schon.«
    » Si, Señor Delgado.« Der Diener, der eine weiße Kellnerjacke trug, verschwand im Flur. »Nehmen Sie bitte Platz.« Delgado führte Holly zu einem der Ledersessel.
    Buchanan folgte und bemerkte auf der Terrasse hinter der Glastür einen Mann. Er war Amerikaner, Mitte Dreißig, gutgekleidet, blond, von angenehmem Äußeren. Er kam ins Zimmer.
    »Ah, Raymond«, sagte Delgado. »Haben Sie Ihren kleinen

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