Der Mann mit den hundert Namen
abnahmen.
Fernandez I verzog das Gesicht. »Wenn du so viele falsche Namen benutzt, woher sollen wir dann wissen, ob Ed Potter deine echte Identität ist?«
»Warum sollte ich euch Lügen auftischen? Ich mußte euch meinen richtigen Namen nennen, sonst könntet ihr nämlich die Sache nicht nachprüfen und euch davon überzeugen, daß ich keine Gefahr darstelle.«
Buchanan wartete in der Hoffnung, daß er ihre Bedenken damit zerstreut hatte.
»Vielleicht können wir zusammenarbeiten«, sagte Fernandez I.
»Vielleicht? Madre de Dios , was muß ich noch tun, damit ihr mir glaubt?«
»Erst überprüfen wir deine Geschichte.«
»Unbedingt«, stimmte Buchanan zu. »Dann untersuchen wir, ob wir von einigen Partnern tatsächlich betrogen wurden.«
»Versteht sich.« Buchanan triumphierte innerlich. Ich hab’s geschafft, dachte er.
»Und du bleibst bei uns, bis uns deine Angaben bestätigt worden sind«, befahl Fernandez II.
»Bei euch bleiben?«
»Paßt dir das nicht?« fragte Fernandez I.
»Darum geht es nicht«, antwortete Buchanan. »Allerdings kein guter Anfang für eine Partnerschaft, mich zum Gefangenen zu machen.«
»Habe ich Gefangener gesagt?« fragte Fernandez II lächelnd. »Du bist unser Gast. Es wird dir an nichts fehlen.«
Buchanan zwang sich, das Lächeln zu erwidern. »Hört sich gut an. Ich könnte mal den Lebensstil schmecken, den ich mir angewöhnen will.«
»Da ist aber noch was«, fuhr Fernandez II fort.
»So? Was denn?«
Fernandez II knipste die kleine Taschenlampe wieder an und ließ ihren Strahl über Buchanans rechtes Auge huschen. »Der betrunkene Amerikaner im Restaurant … Du mußt uns Beweise bringen, daß du zur fraglichen Zeit nicht in Kuwait und im Irak gewesen bist.«
»Verdammt noch mal, könnt ihr den Saufsack nicht mal vergessen? Ich verstehe nicht, warum …«
11
»Crawford!« kam eine röhrende Männerstimme von der Bar her.
Nein, dachte Buchanan, verflucht, nein! Jetzt, wo ich die Panne von vorhin beinahe ausgebügelt habe.
»Crawford!« brüllte Big Bob Bailey wieder. »Was fummeln Sie da drüben mit der Taschenlampe herum?« Er torkelte schwer atmend näher. »Ich will wissen, warum Sie mich belügen. Sie und ich, wir wissen doch beide, Sie sind Jim Crawford. Und wir waren in Kuwait und im Irak zusammen in Gefangenschaft. Warum wollen Sie das nicht zugeben? Ist doch keine Schande.«
»Mir schmeckt das nicht«, sagte Fernandez I.
»Da ist was faul«, pflichtete der Bruder bei.
»Ganz faul.« Fernandez I wandte den Blick von Baileys massiger Silhouette ab und heftete ihn auf Buchanan. »Mit dir gibtes nur Ärger. Ihr Amerikaner habt ein Sprichwort: ›Besser Vorsicht als Nachsicht‹.«
»Hör auf, bloß ein Besoffener!« sagte Buchanan.
»Knall ihn ab«, befahl Fernandez I dem Leibwächter.
»Knall sie beide ab«, fügte Fernandez II hinzu.
Aber Buchanan war schon in Aktion. Er sprang auf, hechtete nach links, wo Fernandez I mit der Browning stand. Der Leibwächter schoß von hinten, seine Beretta machte nur gedämpft peng! Die Kugel verfehlte Buchanans Hinterkopf, traf ihn aber an anderer Stelle. Sie schnitt ihm wie Feuer in die Schulter, als er sich aufrichtete und nach vorn stürzte. Bevor der Gorilla noch einmal feuern konnte, war Buchanan mit Fernandez I in den Clinch gegangen, hatte ihn über einen Stuhl geworfen und gleichzeitig nach der Waffe gegriffen. Der Gangster wollte sie nicht loslassen.
»Schieß!« rief Fernandez II dem Leibwächter zu.
»Kann nicht! Könnte Ihren Bruder treffen!«
Buchanan warf sich im Sand herum, mit aller Kraft bemüht, den Gegner beim Ringen um die Waffe fest an sich zu pressen.
Sand geriet in die Wunde. »Näher ran!« schrie Fernandez II. »Ich leuchte.« Das Blut aus Buchanans Wunde beschmierte auch seinen Gegner, und die Schulter schmerzte so stark, daß es ihm schwerfiel, Fernandez I festzuhalten und als lebenden Schild zu benutzen. Und plötzlich schoß der Gangster. Der Schuß dröhnte ungeheuer laut, denn anders als die Waffe des Leibwächters hatte die Browning keinen Schalldämpfer. Der Gorilla und der Bruder fluchten und entfernten sich überstürzt aus der Schußlinie. Buchanan, mehr auf seinen Tastsinn als auf seine Augen angewiesen, wälzte sich noch immer mit Fernandez I auf der Erde und versuchte, ihm die Pistole zu entreißen. Doch seine Arme begannen ihm steif zu werden.
Fernandez I feuerte noch einmal. Soweit Buchanan es beurteilen konnte, ging das Geschoß gerade nach oben in die
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