Der Mann mit den hundert Namen
durchgeführt als jeder andere Ermittler in meiner Praxis. Ein außergewöhnlicher Mann, und nur mit dem größten Bedauern erwäge ich seine Liquidierung.«
Aha, dachte Alan, jetzt kommt er endlich zur Sache. Er deutete auf die beiden Posten. »Sind Sie sicher, daß Sie über ein so heikles Thema in Anwesenheit dieser …«
»Die sind zuverlässig«, unterbrach ihn der Colonel ärgerlich.
»Genau wie Buchanan.«
»Niemand bezweifelt Buchanans Zuverlässigkeit. Es war nicht seine Schuld, daß er aufgeflogen ist. Niemand konnte ahnen, daß ein alter Bekannter in das Restaurant in Cancún kam, als er den beiden Drogenhändlern gerade den Ball zuspielte. Der schlimmste Alptraum eines Undercoveragenten – kollidierende Identitäten. Und niemand konnte voraussehen, daß Bailey so verdammt hartnäckig ist und Beweise beibringt, die Buchanan in drei verschiedenen Rollen zeigen …«
»Und Sie dazu«, ergänzte Alan spöttisch.
»Deshalb habe ich Ihnen die Befragung überlassen. Ich trete nie wieder direkt mit ihm in Kontakt. Aber nun ist das Kind in den Brunnen gefallen, und Ihre Leute haben auch Fehler gemacht. Wenn in Fort Lauderdale mehr Zeit gewesen wäre, hätte ich eins meiner Beobachterteams eingesetzt. So mußte ich darauf vertrauen, daß Sie … Ihre Leute haben mir versichert, sie hätten Baileys Hotelzimmer auf den Kopf gestellt und alle Fotos an sich genommen.«
»So hat man auch mich informiert«, sagte Alan.
»Die Information stimmt aber nicht. Keine Fotos von Buchanan und mir wurden sichergestellt. Bevor Bailey verhört werden konnte, explodierte die Bombe in der Kühlbox.«
»Gemäß dem Befehl.« Alan blieb fest. »Der Standortsender in der Boxwand sollte das Team zu Bailey führen, nachdem Buchanan das Geld überreicht hatte. Dann sollte der Plastiksprengstoff durch Fernsteuerung gezündet werden. Problem Bailey gelöst.«
»Sie stellen das vereinfacht dar, um das Versagen Ihrer Leute zu entschuldigen. Der genaue Befehl lautete zu warten, bis Bailey sich mit seiner Komplizin traf. Die Plastikbombe wurde gewählt, weil sie eine bequeme Methode war, mit beiden abzurechnen.«
»Falls sie sich trafen«, sagte Alan betont. »Aber wenn Bailey sie nun bereits abgefunden hatte und sie nicht mehr zusammenkamen? Oder wenn Bailey das Geld nahm und die Box stehenließ?«
»Sie geben also zu, daß Ihre Leute übereilt gehandelt haben.«
»Unsinn! Die Bombe ist von selber losgegangen.«
»Von selber?«
»Der Bombenexperte dachte, er habe den ferngesteuerten Zünder auf eine Radiofrequenz eingestellt, die in jener Gegend nicht genutzt wird. Aber die vielen Jachten in Fort Lauderdale … Alle sind mit Sende- und Empfangsgeräten ausgerüstet. Anscheinend gibt es dort unten keine ungewöhnlichen Radiofrequenzen.«
»Verdammt«, sagte der Colonel. »Die Bombe hätte ja hochgehen können, bevor Buchanan die Box an Bailey übergab.«
»Ich begreife nicht, warum Ihnen das Sorgen bereitet. Gerade haben Sie über die Möglichkeit gesprochen, Buchanan liquidieren zu lassen.«
Um ein Haar hätte der Colonel mit der Faust auf den Tisch voller empfindlicher elektronischer Geräte geschlagen. »Glauben Sie etwa, ich würde ohne weiteres den Tod eines Offiziers befehlen, der mir viele Jahre lang ehrlich gedient hat?«
»Ob er ehrlich ist, ist noch nicht erwiesen.« Alan deutete auf einen der Monitore – Buchanan saß zusammengesunken auf dem Sofa, die Augen geschlossen. »Ich bin nicht davon überzeugt, daß er mir die Wahrheit gesagt hat.«
»Über den Paß?«
»Den meine ich nicht. Die Postkarte. Die macht mich mißtrauisch. Ich glaube, er hat etwas verschwiegen und mich belegen.«
»Warum?«
»Ich bin nicht sicher. Wie Sie selber sagten, hat er ungewöhnlich lange als Undercoveragent unter verschiedenen Identitäten gearbeitet. In Mexiko hat er sehr viel körperliche Schmerzen ertragen. Sein Kopf tut ihm offenbar noch immer weh. Vielleicht macht er schlapp. Es gibt Fotos von Ihnen und ihm, die nicht zu finden sind. Außerdem eine Frau, die Bailey mit Buchanan und Sie mit Buchanan gesehen hat. Da bleiben eine Menge Fragen offen.«
»Buchanan würde nie singen«, beharrte der Colonel. »Er würde nie unsere Sicherheit gefährden. Ich habe eine Entscheidung getroffen. Er wird vom aktiven Dienst zurückgestellt. Wir ziehen ihn langsam aus dem Verkehr, damit er keinen Kulturschock kriegt. Ich hoffe, er ist bereit, Ausbilder zu werden. Seine Tage als Agent sind vorüber.«
»Wenn ich ihn morgen zur CT bringe
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