Der Mann mit der dunklen Maske
aufzuhalten.
In diesem Moment verlosch das schummrige Licht. Während sie zwischen den Mumien stand, wurde die Welt um sie herum plötzlich schwarz.
„Runter!“ brüllte Brian, warf sich zu Boden und rollte in die Deckung eines Wassertrogs. Er fühlte ein scharfes Brennen an seinem Arm und wusste, dass ihn eine der Kugeln gestreift hatte.
Dann verstummten die Schüsse wieder.
Er kroch um den Trog herum.
„Hey, hallo, alter Mann!“
Es war Tristans Stimme. Brian stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Vorsichtig spähte er um den Trog herum. Tristan und Ralph kamen gerade hinter den Rädern einer alten Kutsche hervor.
Der Mann, der ihnen gefolgt war, lag auf dem Boden. Brian lief hinüber und hockte sich neben ihn. Eine Kugel hatte ihn direkt in die Stirn getroffen. Es gab keinen Zweifel daran, dass der Mann tot war.
Brian durchsuchte schnell seine Taschen. Er sah zu Tristan und Ralph, die mit offenem Mund dastanden. Wie Kinder, die gerade ihre erste Schulhofprügelei erlebt hatten.
„Verschwindet von hier! Beide! Schnell!“ befahl er.
„Wie bitte?“ fragte Tristan begriffsstutzig.
Brian erkannte, dass keiner der beiden die leiseste Ahnung hatte, wer er war. „Verschwindet, bevor die Polizei kommt. Bevor sie wissen wollen, was ihr hier tut und was ihr mit diesem Kerl zu tun habt.“
„Ja … ja“, murmelte Tristan.
„Aber wer hat ihn denn erschossen?“ wollte Ralph wissen.
„Mit dem Mann zu tun haben?“ murmelte Tristan. „Ich kenne den Kerl nicht.“
„Er war in dem Pub“, sagte Ralph mit großen Augen. „Er hat am anderen Ende der Bar gesessen.“
„Aber wenn die Polizei uns befragt, wissen wir von gar nichts“, erklärte Tristan.
„Nein“, stimmte Ralph zu.
„Sie wollen also gern befragt werden?“ erkundigte sich Brian.
„Nein!“ erwiderte Ralph.
Brian durchsuchte die Taschen des Toten noch einmal gründlicher, aber er konnte keinen Ausweis oder etwas Ähnliches finden. Er hatte nichts bei sich außer ein paar Münzen und ein bisschen Tabak.
Brian sah wieder auf. Die beiden Männer standen immer noch da und starrten auf ihn hinunter. „Geht jetzt!“ drängte er sie. „Beeilt euch!“
Er stand auf und sah sich auf dem kleinen Platz um. Er war von Häusern umstanden, in denen früher flämische Weber gelebt hatten. Heute aber waren es Häuser für die Armen, in denen manchmal zehn Menschen in einem einzigen Raum lebten. Jedes Haus hatte mindestens sieben oder acht Zimmer, zwei davon sogar drei Stockwerke. An jedem gab es einen Balkon nach hinten hinaus oder ein Flachdach.
Tristan und Ralph standen immer noch da wie festgewachsen und warteten.
„Los jetzt!“ schnauzte Brian sie an.
Endlich setzten sie sich in Bewegung, aber Brian hörte schon Polizeipfeifen. Zwischen zwei der Häuser entdeckte er einen schmalen Durchgang.
„Da entlang!“
Brian packte die beiden und schob sie vor sich her. Er wäre gern noch dort geblieben, aber er hatte ebenfalls kein Interesse daran, von der Polizei befragt zu werden.
Durch den schmalen Weg erreichten sie eine belebte Straße. Brian stieß die beiden Männer in die Menge der Schaulustigen und verschwand selbst in die andere Richtung.
Camille stand regungslos da, hielt sich an der Kiste mit jener Mumie fest, die sie gerade noch so bedauert hatte, und lauschte in die Dunkelheit. Zuerst hörte sie nichts. Dann ein Rascheln. Das Geräusch kam aus der Kiste.
Das konnte nicht sein. Obwohl ihr Herz hämmerte, wollte sie einfach nicht glauben, dass eine Mumie zum Leben erwachen konnte. Aber wenn das nicht zutraf, war jemand da. Irgendjemand stand auf der anderen Seite der Kiste in der Dunkelheit und machte das Geräusch, indem er genau wie sie zuvor in dem Polstermaterial wühlte, um ihr Angst einzujagen …
Das Bild von dem Messer, das genau in das Gesicht von Sir John in dem Zeitungsausschnitt gestoßen worden war, erschien vor ihrem geistigen Auge. Dieser Jemand hatte mehr vor, als ihr nur Angst einzujagen.
Sie zwang sich, ruhig zu bleiben und leise von der Kiste zurückzutreten. Dann hörte sie die Stimme. Das Flüstern. So rau …
„Camille …“
Sie hatte nichts bei sich, was sie als Waffe hätte benutzen können. Sie hasste es, Angst zu haben, und sie glaubte nicht an Flüche, aber … diese Stimme. Sie schien ihr über das Rückgrat zu kratzen. Ihr Fleisch aufzureißen. Sie war böse.
Camille musste fliehen, aber in dem Durcheinander von Kisten und in der Dunkelheit war das unmöglich. Und wenn sie aufgehalten
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