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Der Mann mit der Ledertasche.

Der Mann mit der Ledertasche.

Titel: Der Mann mit der Ledertasche. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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einem Felsen, und J. C. plauderte alles aus. Und jetzt reichte er die Geheimnisse an die weiter, die es sich leisten konnten. Außerdem hielt er jeden Sonntag einen Gottes- dienst ab. Seine Helfer, die auch zu seinen Anhängern ge- hörten, betätigten eine Stechuhr, beim Kommen und Ge- hen.
Man muß sich das einmal vorstellen, Mathew Battles will Nekalayla überlisten, der sich mit Christus in der Wüste getroffen hatte!
»Hat schon einer was zu Stone gesagt?«
»Das glaubst du ja wohl selber nicht.«
Wir saßen vielleicht eine Stunde lang da. Einer wurde an Mathews Verteilerkasten gestellt. Die anderen Aushilfen bekamen andere Arbeit. Ich saß allein hinter Stone. Dann stand ich auf und ging an seinen Schreibtisch.
»Mr. Jonstone?«
»Ja, Chinaski?«
»Wo ist denn Mathew heute? Krank?«
Stone ließ den Kopf sinken. Er blickte auf das Papier in seinen Händen und gab vor zu lesen. Ich ging zurück und setzte mich wieder.
Um sieben Uhr drehte sich Stone um.
»Es gibt heute nichts für Sie, Chinaski.«
Ich stand auf und ging zur Tür. Dort blieb ich stehen.
»Auf Wiedersehen, Mr. Jonstone. Einen schönen Tag wünsch ich.«
Er gab keine Antwort. Ich ging hinunter zum Spirituosen- geschäft und kaufte mir eine kleine Flasche Whisky, Marke Grandad, zum Frühstück.
    13
    Die Stimmen der Leute waren überall gleich; wo man auch die Post austrug, überall hörte man dieselben Dinge, immer und immer wieder.
    »Sie sind spät dran, nicht wahr?«
    »Wo ist denn heute der Briefträger, der sonst immer kommt?«
»Hallo, Uncle Sam!«
»Briefträger! Briefträger! Das gehört nicht mir!«
Die Straßen waren voller verrückter und langweiliger Leute. Die meisten wohnten in schönen Häusern und schie- nen nicht zur Arbeit zu gehen, und man fragte sich immer, wie sie das wohl machten. Da war ein Typ, der einen nie die Post in seinen Briefkasten stecken ließ. Er stand vor der Haustür und beobachtete einen, wenn man noch zwei oder drei Häuserblocks weit entfernt war; er stand immer da und hielt die offene Hand hin.
Ich fragte einige der anderen, die diese Route schon aus- getragen hatten:
»Was ist eigentlich mit dem Kerl, der immer nur dasteht und die Hand hinhält?«
»Was für ein Kerl, der immer nur dasteht und die Hand hinhält?« fragten sie.
Sie hatten auch alle dieselbe Stimme.
Eines Tages, als ich wieder diese Route hatte, stand der Mann-der-die-Hand-hinhält etwa einen halben Häuserblock von seiner Haustür entfernt. Er redete mit einem Nachbarn und schaute sich nach mir um und sah, daß ich noch über einen Häuserblock weit weg war, und wußte, daß er noch Zeit genug hatte, zurückzukommen und vor mir an seiner Haustür zu sein. Sobald er mir wieder den Rücken kehrte, fing ich an zu laufen. Ich glaube, ich habe noch nie so schnell Briefe zugestellt, mit Riesenschritten, stets in Bewegung, ohne Pause, ohne Unterbrechung, ich würde ihn umbringen. Ich hatte den Brief schon halb im Schlitz seines Brief- kastens, als er sich umdrehte und mich sah.
»Oh NEIN NEIN NEIN!« brüllte er, »NICHT IN DEN BRIEFKASTEN WERFEN!«
Er rannte die Straße herunter auf mich zu, so schnell, daß ich seine Füße nur unscharf sehen konnte. Er muß die hundert Meter in blanken zehn Sekunden gelaufen sein.
Ich drückte ihm den Brief in die Hand. Ich sah zu, wie er ihn öffnete, über die Veranda ging, die Tür aufmachte und im Haus verschwand. Was es zu bedeuten hatte, weiß ich bis heute nicht.
    14
    Und wieder hatte ich eine neue Route. Stone gab mir im- mer die schwierigen Routen, aber manchmal verlangten die Umstände, daß er mir eine weniger mörderische überließ. Route 511 ließ sich recht gut an, und wieder einmal dachte ich ans Mittagessen, das Mittagessen, das nie kam.
    Es war eine durchschnittliche Wohngegend. Keine Miet- häuser. Einfach ein Haus neben dem anderen, alle mit ge- pflegten Rasenflächen. Aber es war eine neue Route, und ich fragte mich, wo wohl der Haken war. Sogar das Wetter war gut.
    Bei Gott, dachte ich, diesmal schaff ich's! Mittagessen, und dann rechtzeitig im Postamt zurück! Dieses Leben wurde endlich doch noch erträglich.
    Diese Leute besaßen nicht mal Hunde. Niemand stand vor dem Haus und wartete auf seine Post. Ich hatte seit Stun- den keine menschliche Stimme gehört. Vielleicht hatte ich meine Postler-Reife erreicht, was immer das auch sein mochte. Ich ging von Haus zu Haus, ohne Hast, ein tüch- tiger, fast hingebungsvoller Briefträger.
    Ich erinnerte mich an einen der älteren Regulären, der eine

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