Der Mann mit der Ledertasche.
würde mir was einfallen lassen müssen, um hierher zurückkommen zu können.
Sie erwischte mich dabei, wie ich ihre Figur musterte.
»Also dann, Mr. Chinaski, ich glaube, Sie sollten jetzt gehen.«
»Ach ja ... Nun, dann danke ich Ihnen für alles.«
»Es gehört zu meiner Arbeit.«
»Sicher.«
Eine Woche danach tauchten überall diese »RAUCHEN VERBOTEN«-Schilder auf. Grundsätzlich durfte man nur rauchen, wenn man einen Aschenbecher hatte. Irgend je- mand hatte den Auftrag erhalten, all diese Aschenbecher herzustellen. Sie waren hübsch. Und hatten den Aufdruck: EIGENTUM DER U.S.-REGIERUNG. Die Angestellten stahlen die meisten davon.
RAUCHEN VERBOTEN.
Ich, Henry Chinaski, hatte ganz allein das Postwesen re- volutioniert.
4
Dann kamen einige Arbeiter und montierten jeden zwei- ten Trinkbrunnen ab.
»Heh, seht doch, was zum Teufel geht denn da vor sich?« fragte ich.
Niemand schien sich dafür zu interessieren.
Ich war in der Abteilung für Drucksachen. Ich ging zu einem anderen Angestellten hinüber.
»Sieh dir das an!« sagte ich. »Die stehlen unser Wasser!«
Er warf einen flüchtigen Blick auf den Trinkbrunnen und widmete sich dann wieder seinen Drucksachen.
Ich wandte mich an andere. Sie hatten auch kein Interesse an der Sache. Ich konnte das nicht verstehen.
Ich bat darum, meinen Gewerkschaftsvertreter zu mir zu schicken.
Nach langem Warten kam er schließlich — Parker Ander- son. Parker hatte früher in einem alten Gebrauchtwagen geschlafen und Tankstellen, die ihre Toilette nicht abschlos- sen, zum Rasieren und Scheißen aufgesucht. Parker hatte sich ohne Erfolg als kleiner Ganove versucht. Und war dann zum Hauptpostamt gekommen, wurde Gewerkschaftler und ging zu den Versammlungen, wo er zum Saalordner gemacht wurde. Kurz darauf war er Gewerkschaftsvertreter, und dann wurde er zum stellvertretenden Vorstand gewählt.
»Wo brennt's, Hank? Ich weiß, daß du mich nicht dazu brauchst, um mit diesen Kapos fertigzuwerden!«
»Die Schmeicheleien kannst du dir sparen, Baby. Seit fast zwölf Jahren zahle ich meine Gewerkschaftsbeiträge und habe nie auch nur dag Geringste dafür verlangt.«
»Na schön, wo fehlt's?«
»Es dreht sich um die Trinkbrunnen.«
»Den Trinkbrunnen fehlt was?«
»Nein, verdammt noch mal, den Trinkbrunnen fehlt nichts. Was sie mit denen anstellen, darum geht's. Sieh selber.«
»Was soll ich denn sehen? Wo denn?«
»Da!«
»Ich seh nichts.«
»Das ist es ja eben. An der Stelle war vor kurzem noch ein Trinkbrunnen.«
»Der wurde eben abmontiert. Was soll's?«
»Hör mal zu, Parker. Auf einen kam's mir ja auch nicht an. Aber sie reißen jeden zweiten Trinkbrunnen im Haus ab. Wenn wir uns jetzt nicht dagegen wehren, dann schlie- ßen sie bald jedes zweite Scheißhaus... und dann, was da- nach kommt, weiß ich nicht...«
»Na schön«, sagte Parker, »was willst du von mir, was soll ich denn tun?«
»Ich will, daß du deinen Leichnam in Gang setzt und her- ausfindest, warum diese Trinkbrunnen abmontiert werden.«
»Also gut, bis morgen.«
»Streng dich bloß an. Zwölf Jahre Gewerkschaftsbeiträge, das sind $ 624.«
Am nächsten Tag mußte ich Parker suchen. Er hatte keine Antwort. Und am Tag darauf auch nicht, und am dritten Tag immer noch nicht. Ich sagte ihm, ich hätte das Warten satt. Er hätte noch genau einen Tag Zeit.
Am nächsten Tag kam er im Aufenthaltsraum auf mich zu. »Na also, Chinaski, ich hab's rausgefunden.«
»Und?«
»1912, als dieses Gebäude gebaut wurde...«
»1912? Also vor mehr als einem halben Jahrhundert!
Kein Wunder, es sieht hier aus wie im Freudenhaus des Kaisers!«
»Komm, komm, hör auf damit. Ah also dieses Gebäude 1912 gebaut wurde, waren in der Ausschreibung eine be- stimmte Anzahl Trinkbrunnen vorgesehen. Bei der Über- prüfung fand die Post jetzt heraus, daß zweimal so viele Trinkbrunnen installiert worden sind, wie ursprünglich vor- gesehen.«
»Na ja, und wenn schon«, sagte ich, »was schadet denn die doppelte Anzahl Trinkbrunnen? Viel mehr Wasser wird deswegen auch nicht getrunken.«
»Völlig richtig. Aber die Trinkbrunnen stehen etwas weit von der Wand ab. Sie sind oft im Weg.«
»Na und?«
»Hör zu. Angenommen, ein Angestellter mit einem raffi- nierten Rechtsanwalt ist gegen Trinkbrunnen versichert. Stell dir mal vor, er wird von einem Handwagen voller schwerer Zeitschriften gegen diesen Trinkbrunnen dort ge- drückt.«
»Ich beginne zu verstehen. Der Brunnen sollte eigentlich gar nicht da sein. Wegen Fahrlässigkeit wird die Post auf
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