Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
nicht bei allem zu. Ich dachte, es könnte hilfreich sein, Ihnen eine andere Perspektive vorzustellen, warum Menschen wie Daniel, Heidemarie und ich ein Leben ohne Schulden, Kredite und bedrucktes Papier für unser Überleben und unser Fortkommen auf der Erde für entscheidend halten.
Suelo über »Eigentum und Besitz«:
»Eine geldlose Existenz … ist keine Frage des Aufgebens von Besitz, weil es eigentlich nichts aufzugeben gibt. Niemand besitzt etwas, also geht es einfach darum, sich klarzumachen, dass man ohnehin nichts besitzt. Wenn man dann etwas verliert und sich klarmacht, dass man sowieso nie etwas besaß, gibt es auch kein Gefühl von Verlust. Und wenn jemand dich um etwas bittet, gibst du es ihm gern, weil es sowieso nicht dir gehört. Und dann musst du den Glauben haben, dass alles in dem Moment kommt, wenn du es brauchst.«
Suelo über »Leben ohne Geld«:
»Zu sagen, dass ich ohne Geld lebe, ist eigentlich bedeutungslos. Es ist, als würde man sagen, ich lebe, ohne an den Weihnachtsmann zu glauben. Wenn wir in einer Welt leben würden, in der jeder an den Weihnachtsmann glaubt, könnte man vielleicht denken, dass ich mich dadurch hervortue, dass ich ohne den Weihnachtsmann lebe.«
Suelo auf die Frage »Halten Sie Geld für böse?«:
»Nein. Geld ist eine Illusion. Eine Illusion ist weder gut noch böse. Stellen Sie sich vor, Sie hätten Augen, die die Realität sehen und nicht Ihre eigene Vorstellung. Stellen Sie sich vor, Sie würden eine 100-Dollar-Note als Stück Papier mit einem hübschen Kunstwerk darauf sehen und sonst nichts … Als ich mal eine 20-Dollar-Note fand, spielte ich auf diese Weise mit ihr. Ich zerschnitt sie und machte eine Collage daraus.«
Die Sache mit der 20-Dollar-Note zog viel negative Kritik nach sich. Es gab eine große Debatte, ob es besser gewesen wäre, sie einem Bedürftigen zu geben, oder besser, damit aufzuhören, ihr einen illusorischen Wert zu geben, und sie aus dem Verkehr zu ziehen. Aber wenn er das Geld weggegeben hätte, hätte er sich dann schuldig gemacht, ein System zu unterstützen, in dem es zwangsläufig eine verzweifelte Person geben würde, die es wirklich brauchte?
An demselben Tag, an dem ich zum ersten Mal von Daniel Suelo hörte, stieß ich auf einen Sioux-Indianer mit Namen John Lame Deer. Er fasste zusammen, wie er darüber dachte, dass man ihn dazu brachte, Geld zu benutzen und folglich von den Weißen »zivilisiert« zu werden:
»Bevor unsere weißen Brüder kamen, um uns zu zivilisieren, hatten wir keine Gefängnisse. Daher hatten wir auch keine Kriminellen. Ohne Gefängnisse kann es keine Kriminellen geben. Wir hatten keine Schlösser oder Schlüssel und daher auch keine Diebe. Wenn ein Mann so arm war, dass er kein Pferd, kein Tipi oder keine Decke besaß, gab ihm jemand diese Dinge. Wir waren zu unzivilisiert, um persönlichen Besitztümern viel Wert beizumessen. Wir wollten Dinge nur haben, um sie wieder wegzugeben. Wir hatten kein Geld, und daher konnte der Wert eines Mannes auch nicht daran gemessen werden. Wir hatten kein geschriebenes Gesetz, keine Anwälte und Politiker, und daher konnten wir auch nicht schummeln. Uns ging es wirklich schlecht, bevor der weiße Mann kam, und ich weiß nicht, wie wir es schafften, ohne die grundlegenden Dinge zurechtzukommen, die, wie man uns sagt, absolut notwendig für den Aufbau einer zivilisierten Gesellschaft sind.«
Die Hauptgründe, warum wir ohne Geld leben wollen, sind bei Daniel Suelo, Heidemarie und mir ein bisschen verschieden. Ich ziehe es vor, nicht näher auf die kleinen Unterschiede einzugehen, sondern spreche lieber über den roten Faden, der uns drei verbindet: unser Wunsch, durch den einfachen Akt des Teilens Freundschaften zwischen Menschen an einem Ort wachsen zu sehen und zu sehen, wie der Geist der Freundlichkeit Herrschaft über die Gier gewinnt.
Es gab eine Ironie in meinem Leben. Da ich so viel Zeit damit verbrachte, über die Entstehung von Freundschaften und die Bedeutung des Wiederaufbaus der Gemeinschaften, in denen wir leben, zu sprechen und zu schreiben, blieb mir sehr wenig Zeit für mein eigenes Leben! Um dem Abhilfe zu schaffen, beschloss ich Mitte Mai, wieder mehr Spaß mit meinen Freunden zu haben. Ich hoffte, die bevorstehende Rückkehr des Sommers würde bedeuten, dass ich bald viel mehr Freizeit hätte.
In den ersten Frühlingsmonaten stellte ich fest, dass ich noch immer die Tage bis zum Ende meines Jahres zählte und es als etwas ansah, durch das ich
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